Der Marktplatz in Schopfloch, festgehalten in einem alten Foto aus der damaligen Zeit.Foto: Gemeinde Schopfloch Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Kriegsende und Besatzung fordern auch in Schopfloch und den heutigen Ortsteilen Opfer

Die ersten Kriegsjahre hatten in Schopfloch, Ober- und Unteriflingen keine schwereren Auswirkungen. Die Grundbedürfnisse konnten gedeckt werden und es war weitestgehend ruhig. Von Kampfhandlungen und der Besatzung blieben die Ortschaften aber nicht verschont.

Schopfloch. Roland Maier, der bis Januar 1945 in Posen im heutigen Polen lebte, war als Zehnjähriger mit seiner Familie vor der anrückenden Ostfront geflohen. "In Schopfloch angekommen, war es zunächst noch paradiesisch ruhig", schrieb er. Diese Ruhe wurde in der Folgezeit immer häufiger durch alliierte Bombengeschwader gestört, die auf ihrem Weg zu naheliegenden Großstädten am Himmel zu sehen waren. Bei nächtlichen Angriffen auf Stuttgart oder Ulm konnte man die Glut der Brände aus großer Distanz erkennen. Wie schlimm diese Angriffe waren, erfuhr man oft durch Verwandte und Bekannte.

Als im April klar war, dass die französischen Truppen immer näher rückten, begannen die Einwohner aus Angst Nahrungsmittel und Wertsachen zu verstecken. Brot, Rauchfleisch, Schmalz, Butter, Honig und teils auch Weizen wurde beispielsweise in Fässern, Blechtruhen oder dergleichen in Hausgärten und naheliegenden Grundstücken eingegraben.

Zeitweise 1000 Soldaten im Ort stationiert

Am 17. April erreichten die französischen Streitkräfte, die zu einem großen Teil auch aus nordafrikanischen Soldaten aus den Kolonien bestanden, dann Schopfloch. Nachdem die Einwohner in der vorangehenden Nacht die Zerstörung Freudenstadts beobachten konnten, waren vormittags auch in Schopfloch die Ketten und Motoren der anrollenden Panzer zu hören. An der Einmündung der Dornstetter Straße wurde dem ersten französischen Panzer das Dorf übergeben. Weitere Truppen folgten.

Nach dem Einmarsch der Franzosen feuerte deutsche Artillerie, die bei Oberiflingen stationiert war, auf die Straßenkreuzung der "Vorstadt". Einige Gebäude wurden zerstört, eine Frau schwer verletzt und ein französischer Soldat wurde durch den Beschuss getötet. Die Franzosen setzten als Antwort ihre Panzer auf die Artillerie an, die wiederum rasch abgezogen wurde. Doch durch die drei Salven, die die französischen Panzer abfeuerten, starben in Oberiflingen drei Personen. Auch Unteriflingen wurde dabei getroffen, aber ohne dass es zu größeren Schäden kam.

Tags darauf wurden Ober- und Unteriflingen eingenommen. Erwin Beilharz, späterer Ortsvorsteher, erinnerte sich an die Ankunft der Franzosen in Unteriflingen: "Die anrollenden Panzer und Nachschubfahrzeuge folgten nun pausenlos vom Glattal her in Richtung Oberiflingen. Es war ein unaufhörliches Motorengeheul, und dichte Staubschwaden von den damals noch nicht asphaltierten Kalksteinstraßen zogen über den Ort talabwärts. Die Ziegeldächer der Häuser wurden richtig grau durch den Staubbelag."

Vormittags erreichten die ersten Panzer, aus Schopfloch kommend, Oberiflingen und fuhren über die Sulzer Straße zur "Sonne", wo der Bürgermeister die ersten Befehle der Franzosen entgegennehmen musste und wie andernorts auch eine nächtliche Ausgangssperre verhängen sowie die Bevölkerung zur Abgabe von Waffen, Fotoapparaten und anderen Gegenständen auffordern musste.

Nach der Einnahme der Ortschaften kamen die Soldaten in den Wohnhäusern unter und versorgten sich mit den Lebensmitteln der Einwohner. "Nun begann auch die Zwangsablieferung von Schweinen und Rindern an die Besatzungsmacht. Nicht selten kam es vor, dass ein Jeep vorfuhr mit französischen Soldaten, die dann in den Hausgärten mit ihren Maschinenpistolen Jagd auf Hühner machten", so Beilharz.

Johannes Schultheiß, zum Zeitpunkt der Besetzung elf Jahre alt, beschrieb, wie die Truppen in Schopfloch untergebracht wurden: "Ein marokkanischer Soldat ging damals durch die Straßen von Haus zu Haus und schrieb mit Kreide an die Türen, wie viele Soldaten jeweils in dem Haus zu übernachten hätten. Ich kann mich erinnern, dass in einer Wohnstube bis zu 17 Mann untergebracht waren." Laut Schultheiß waren in Schopfloch zeitweise 1000 Soldaten stationiert.

Roland Maier berichtete davon, wie sich die Besatzungstruppen am Hab und Gut der Einwohner Schopflochs bedienten: "Wir wurden auch mal für ein paar Stunden in den Weinkeller gesperrt, und von bewaffneten Soldaten bewacht. Ich vermute, dass die Soldaten im Hause nach Wertsachen suchten und verhindern wollten, dass wir etwas verstecken könnten." Hausdurchsuchungen und Plünderungen gab es in allen drei Ortschaften, Vergewaltigungen scheint es den Quellen zufolge nur in Schopfloch gegeben zu haben.

Siegesfeier in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai

Den Gewalttätigkeiten einiger stehen menschliche Gesten anderer Soldaten gegenüber. Kinder scheinen dabei eine besondere Behandlung erfahren zu haben. Schultheiß erklärte: "Als Kinder hatten wir keine Angst vor den Besatzungssoldaten. Wir haben immer wieder mit den Soldaten Kontakt aufgenommen, haben auch teilweise Dinge von ihnen bekommen." Roland Maier erinnerte sich, wie er und andere Kinder sich über die von den Soldaten geschenkten Rationen freuten, "die so viele unbekannte ›Köstlichkeiten‹ enthielten: Brausepulver Kaugummi, Schokolade, Cornedbeef und vieles andere mehr."

Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa. In der Nacht vom 8. auf den 9. Mai veranstalteten die Besatzungstruppen in Schopfloch eine Siegesfeier, bei der sie mit Gewehrsalven das Kriegsende feierten.

Als in den folgenden Monaten und Jahren allmählich wieder etwas Normalität einkehrte, war auch die Bevölkerung erleichtert: "Nach dem vielen persönlichen Leid der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit und dem Schicksal der vielen Gefangenen, die teils krank und angeschlagen früher, oder erst nach Jahren heimkehren durften, waren doch alle dankbar, dass der grausame Krieg ein Ende hatte", so Beilharz.