Matthias Knöcklein bei der Arbeit in der Unterführung des Schopfheimer Bahnhofs. Foto: Christoph Schennen

Zehn Graffiti-Künstler aus Deutschland und der Schweiz haben Wände am Bahnhof in Schopfheim neu gestaltet. In der Unterführung überreicht ein Skelett nun Blumen.

Die Unterführung am Bahnhof ist ein Ort, den Pendler und Reisende rasch und ohne Blick für die Umgebung rasch durchlaufen, um den Zug noch rechtzeitig zu erreichen. Wenn aber die Wände künstlerisch gestaltet sind, kann es sich lohnen, für kurze Zeit stehen zu bleiben und diese zu betrachten. Zehn Graffiti-Künstler haben am Freitag und Samstag in der Unterführung und den Auf- und Abgängen neue Bilder auf die Wände gesprüht. Der Schopfheimer Graffiti-Künstler Matthias Knöcklein (Menni 96) hatte einige seiner Sprayer-Freunde für diese Aufgabe zusammengetrommelt.

 

Fokus auf der Komposition

Fast alle Künstler sprayten ihren Künstlernamen auf die Wand. „Fuse“ aus Karlsruhe sagte, ihn interessiere die Darstellung von aufgelösten Buchstaben. „Mein Fokus liegt auf der Komposition.“ Bei allen Schriftzügen muss der Laie genau hinschauen, um bei den vielen grafischen Elementen Buchstaben erkennen zu können. Sie sind in die Breite gezogen und überlagern sich teilweise.

Die Jugendförderung hatte den jungen Männern und der Frau die Spraydosen und die Wände kostenlos zur Verfügung gestellt, der Werkhof hatte die Wände zuvor grundiert. Alessio Pellegrino strich zudem die Wände mit weißer Farbe.

Männer dominieren

Männer dominierten die Szene, wie die Graffiti-Künstler im Gespräch schilderten. Fuse hatte wie einige seiner Kollegen zusätzlich eigene Spraydosen mitgebracht, weil er mit zehn Farben kein so farblich vielfältiges Bild hinbekomme wie mit 20 oder 30, erklärt er. Einzige Teilnehmerin war „Zesar“ aus Lahr. Sie interessiere sich für das Verformen von Buchstaben, wie sie sagt. Sie hatte ihre Skizze fotografiert und schaue sie sich auf dem Smartphone an, wenn sie mal nicht weiterwisse. Es gebe immer mehr Frauen in der von Männern dominierten Szene und Grafitti würden immer gesellschaftsfähiger, erklärte die Sprayerin gegenüber unserer Zeitung. An der Wand gegenüber war „Sobe“, der sagte, dass es möglich sei, sich mit seinem Szenenamen Aufmerksamkeit zu verschaffen. Er fliege in der Woche nach der Aktion am Schopfheimer Bahnhof nach Australien, um zu tätowieren, zu sprayen, andere Leute aus der Szene zu treffen und um Urlaub zu machen, wie er sagt.

Fuse (vorne) malte ein Bild im expressiven Stil. Foto: Christoph Schennen

Matthias Knöcklein hat sich als Motiv ein Skelett mit geschlossenem Gebiss ausgesucht. Auch seien Tod und Leben vereint, denn das Gerippe hält einen Strauß Wildblumen in der Hand. „Mit meinen Bildern möchte ich auch Tabuthemen ansprechen“, sagte der junge Schopfheimer im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Natur überlebe den Menschen, lautet die Aussage des Bildes, das neben dem Aufzug zu finden ist.

Aktion zum Zuschauen

Zum Sprayen passt offenbar auch Hip-Hop. Die Klänge waberten leise durch die Unterführung. Der Kleidungsstil der Künstler war lässig mit T-Shirt und kurzen Hosen. Für die Aktion musste die Unterführung nicht gesperrt werden, der Fußgängerverkehr konnte passieren und verweilen, um den Sprayern für einige Minuten zuzusehen.