Die Hofmitarbeier können auch singen. Foto: Gudrun Gehr

Zum 21. Geburtstag gibt es Reden, Musik und beste Unterhaltung. Der Hof ist schließlich etwas ganz Besonderes.

Die Geburtstagsfeier zum 20. Geburtstag fiel aufgrund schlechten Wetters aus – nunmehr herrschten beste Bedingungen für die Open-Air-Veranstaltung. Zahlreiche geladene Gäste wie Kunden, Mitglieder des Kambrium-Vereins und Förderer fanden den Weg zum außergewöhnlichen Festgelände: Es ist genau das Gelände im Gewann „In der hinteren Sengelen“ , wohin der Hof spätestens bis 2041 umsiedeln und eine neue Niederlassung finden wird.

 

Landrätin gratuliert

Im Schatten eines alten Obstbaums in exponierter Lage kamen die Gratulanten zu Wort: Landrätin Marion Dammann, Bürgermeister Dirk Harscher, Markus Hurter vom Hof Dinkelberg und Jean-Michael Florin, Aufsichtsrat Demeter International, fanden sich zu den Glückwünschen ein.

Alphornfreunde präsentieren sich

Zum Auftakt präsentierten sich die Alphornfreunde. Die acht Bläser – der älteste ist Werner Hansel mit 86 Jahren – brachten stimmungsvolle Kompositionen des musikalischen Leiters Wolfgang Bieger zu Gehör. Sicherlich hatte sich manch Wiechser in seinem Dorf oberhalb des Talkessels über das abendliche ungewöhnliche Konzert gewundert – und gefreut.

Die Gäste lauschen. Foto: Gudrun Gehr

Das erste Wort hatte Hurter, der vor genau 21 Jahren am 1. Juli 2004 den ehemaligen Bauernhof des Markus-Pflüger-Heims übernommen und mit einigen Gleichgesinnten in einen ökologischen Betrieb umgewandelt hat. Hierzu wurde eigens der Verein „Kambium“ gegründet, der den Hof in eine „Landbauwerkstatt“ in biologisch-dynamischer Wirtschaftsweise verwandelte.

100 Jahre alter Hof

Der gut 100 Jahre alte Hof muss nunmehr weichen, weil der Landkreis das Markus-Pflüger-Heim dezentralisieren und den Standort in Wiechs verkleinern will. Das freiwerdende Gelände soll künftig für Wohnbebauung benutzt werden.

Hurter begrüßte zunächst Landrätin Dammann auf dem „letzten betriebenen Hof“ im Besitz des Landkreises. Hurter sagte: „Wir begannen klein und ahnungslos. Dann probierten wir vieles und setzten auch viel Geld in den Sand. Dann haben wir uns durchgemausert.“ Nun befindet sich der Hof „an der Schwelle zum Erwachsenwerden“. Jetzt sei man richtig bereit, immer mehr Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen. Der neue Hof am Ort der Veranstaltung wird sodann weitere Jahrzehnte seine Aufgabe erfüllen, zusammen mit seinen starken sozialen und pädagogischen Aspekten.

Wichtige soziale Initiative

Landrätin Marion Dammann sagte: „Hier trifft Landwirtschaft auf soziales Engagement und auf soziokulturelle Anliegen.“ Damals musste das „Baby unternehmerischen Mut haben“, um zu existieren und sich am Markt zu behaupten. Der Verein Kambium als Pächter spielte hier eine große Rolle, der dafür sorgte, dass Interessen am Allgemeinwohl bedient werden. Dabei werden auch heilpädagogische und sozialtherapeutische Ansätze, wie Inklusion und Wiedereingliederung, aber auch Qualifikation im bestimmten Rahmen umgesetzt.

Dammann sagte: „Hier sollen allen gesellschaftlichen Gruppen Gelegenheit erhalten, sich bei der Lebensmittelproduktion zu engagieren.“ Und: „Möge der Hof auch in Zukunft ein Ort für Gesundung, für Praktiker und für das Ehrenamt sein.“

2000 Haushalte versorgt

Bürgermeister Harscher sagte, dass der Hof mittlerweile 150 Hektar Land bewirtschafte. Darunter befinden sich 100 Hektar Grünland und 50 Hektar Acker. Er hält Mutter- und Milchkühe sowie 500 Legehennen, 15 Mutterschafe und acht Freilandschweine. Mit der Auslieferung seiner „Biokiste“ und dem Stand auf dem Wochenmarkt versorgt der Hof mit ökologisch angebautem Gemüse und Obst aus regionalem Anbau rund 2000 Haushalte. Dazu finden Menschen in Lebenskrisen einen sinnstiftenden Arbeitsplatz. Hier gehe es auch um Teilhabe, um Perspektive und Lebensfreude. Für Kinder gibt es ebenfalls Landschaft zum Anfassen. „Hier kann man auch Hühner beim Frühstück beobachten.“ Wichtig sei für die Stadt, den Hof für die Nutzungen nach der Umsiedlung zu erhalten und zukunftsfähig zu machen.

Florin, Aufsichtsrat von Demeter International gab einen Einblick in die Biodynamik, in die Problematik der Monokultur und die Wichtigkeit der gemeinsam betriebenen Landwirtschaft.

Die Mitarbeiter des Hofs in ihren goldgelben T-Shirts präsentierten zum Schluss noch zwei Lieder: „Heute kam ein Sommerbote“ und „Froh zu sein bedarf es wenig“. Nach dem offiziellen Teil wurde noch gegrillt, gespendete Kuchen standen ebenfalls bereit. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde ein großes Feuer entzündet.