Wie der heilige Abend auf abgelegenen Höfen gestaltet wurde

Schonach. Ulrike Bender, die Schwiegertochter des verstorbenen Schonacher Autors Bruno Bender, stellte dessen Schilderung des heiligen Abends auf den abgelegenen Höfen auf dem Rohrhardsberg zu früheren Zeiten unserer Zeitung für die Weihnachtsausgabe zur Verfügung.

 

"Weil die Wälderlit lange Hofbezeichnungen kürzer fassten, wurde der Amandushof von den Einwohnern dieser Wäldergemeinde einfach Aschhof genannt. Sein Standort war unterhalb des Weges zum ›Rauslehof‹ und 300 Meter vom Ochsenhof, einem ehemaligen Wälderwirtshaus.

Über den Amandushof, der abgerissen wurde und im nahen Prechtal wieder mit verwendbarem Material aufgebaut wurde, gäbe es viel zu schreiben. Die Ursache dazu war das plagende Gewissen des Bauern, der in mondheller Nacht mit seinem Schrotgewehr Einbrecher vertreiben wollte. Dabei traf er einen jungen Burschen tödlich.

Diese Geschichte soll nicht Inhalt sein, sondern die heilige Nacht erklären, wie sie in den entlegenen Höfen ablief.

Der Christbaum war kein stolzes Bäumchen aus dem eigenen Wald, sondern ein krummes Tännchen, dem man selbst den Namen ›Weidbesen‹ gab, weil es am Ende des Weidfeldes kümmerlich heranwuchs. Der Platz des ›Wienächtsbesen‹ war der Stubenbalken, wo man den einfachen Christbaum liebevoll schmückte.

Vorrängig am heiligen Abend war das Gebet mit der nachfolgenden Verlesung der Weihnachtsgeschichte. Jahr für Jahr wurde der Großvater dazu ausgewählt, die Geschichte der heiligen Nacht vorzutragen. Er brauchte hierzu keine heilige Schrift, denn das ganze Geschehen lag dem alten Mann so in seinem Kopf, dass er hierzu seine eigenen Verse vortrug: Diese begannen mit der verschwenderischen Rolle des König Herodes, der die Steuern verputzte und vor leeren Kassen stand. Seine Beamten wurden verpflichtet, eine Volkszählung durchzuführen und die säumigen Steuerzahler listenmäßig zu erfassen.

Der "Altbur" vom Amandshof

Der Zimmermann Josef hatte mit Maria die Reise nach Bethlehem anzutreten. Er entlieh sich beim Nachbarn einen Tragesel, um Maria auf der Reise den langen Weg zu unterstützen. Nach einem tagelangen und schweren Gang bat Maria den Josef, nach einem Nachtquartier zu schauen. So klopfte er an einem Haus an und bat um Quartier. Heraus schaute eine modern aufgetackelte Dame mit der Antwort: "Hau ab, wir brauchen so ein Lumpengesindel nicht!" Sie drohte, den Hund auf das übermüdete Paar zu hetzen.

Die Reise ging weiter und man kam zu einem Gasthaus und fragte höflich um Nachtquartier. Der Wirt stellte sich unter die Haustür, ballte die Fäuste und drohte sogar mit Schlägen, falls die beiden nicht gleich das Weite suchen würden.

Nach einem weiterem Stück kamen die zwei zu einem Stall, der verrottet war. Trotzdem entschieden sich der Josef und die Maria neben dem Ochsen, der noch dastand, die Nacht hier zu verbringen. Eine mit Stroh gefüllte Krippe war das einzige Inventar der Behausung, der mitgenommene Soldatenmantel des Josef machte das Warten auf den nächsten Tag erträglicher.

Nun tat sich das Wunder der heiligen Nacht auf. Über der Hütte prangte ein Riesenstern, Engelein schwebten am Himmelszelt und verkündeten lobend und singend die Botschaft: "Heute ist euch der Heiland geboren". Herbei strömten die Hirtenbuben und Viehhüter zum Stall und begannen dem Kindlein in der Krippe zu huldigen.

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde und von Bethlehem kommend strömten die Regierungsbeamten hinaus in den Stall, darunter auch der Ochsenwirt und die hochnäsige Dame mit der Bitte, in ihrem Haus zu wohnen. "Ohne Kosten", betonte sie. Von Ferne kamen die Regimentsmusiker mit Hörnern und Trompetenklang. Es wurde ein Fest, schöner und größer als das an Pfingsten und auf dem "Schellenmarkt" auf der Biereck im Elztal oder auf dem Fohrenbühl.

Herodes machte im Geheimen den Plan, alle Knaben, die zur gleichen Zeit auf die Welt kamen, ermorden zu lassen. Er fürchtete, Macht und Ansehen zu verlieren. Maria und Josef mit dem Kindelein zogen sich auf Umwegen zurück, um beim Nachbarn eine Wiege zu bauen. Die Antwort des Nachbarn lautete: "Zuerst mache mir neue Bohlenbretter in den Saustall, denn die ›Säu friere sich noch z’tod vor lauter Kälte. Was mit dem Büble passiert isch egal wie – komm was will‹".