Auf der facebook-Seite von Martin Sonneborn wurde die Anzeige oft geklickt. Screenshot: facebook

Annonce im Bordmagazin von Ryanair sorgt auf Facebook für Wirbel. Werberat fordert eine Stellungnahme.

Schönwald - Eine Annonce im Bordmagazin von Ryanair sorgt derzeit auf Facebook für großen Wirbel – wie anzüglich darf Werbung sein?

Zu sehen ist eine grüne Silhouette mit Bollenhut und unübersehbar weiblichen Formen, die für das Ferienland im Schwarzwald (Schwarzwald-Baar-Kreis) wirbt, daneben steht "Große Berge, feuchte Täler & jede Menge Wald". Vielleicht wäre es bis heute eine einfache, wenn auch etwas andere Anzeige geblieben, wäre da nicht Martin Sonneborn gewesen. Dem satirischen Politiker (oder politischen Satiriker) und Neu-Abgeordneten im EU-Parlament für "Die Partei" wurde die Anzeige zugespielt. Sonneborn gefiel die Werbung, und er postete diese prompt auf seiner facebook-Seite mit dem Kommentar "Schwarzwald? Geile Gegend!" Die Aktion schlug Wellen.

Mehr als 3500 facebook-User drückten bis gestern Abend den "Gefällt mir"-Button, 670 teilten das Foto mit anderen Nutzern und mehr als 140 äußerten ihre Meinung dazu. Zu frivol oder doch endlich die richtige Werbung, um das angestaubte Schwarzwald-Image aufzupeppen? Die Ansichten gehen weit auseinander. "Hallo Welt, wo ist dein Niveau? Einfach nur lächerlich und unnötig, so etwas", heißt es da. Eine facebook-Userin meint: "Der Schwarzwald-Fremdenverkehrsverband möchte halt nur alleinreisende Männer als Gäste anlocken. Die Frauen im Schwarzwald sind sicher begeistert!"

Die Resonanz überraschte die Verantwortlichen bei der Ferienland GmbH mit Sitz in Schönwald (Schwarzwald-Baar-Kreis) dann doch etwas. Die Telefone stehen nicht mehr still, laufend kommen Interview-Anfragen von Radio- und Fernsehstationen. "Da sieht man die Schlagkraft der sozialen Netzwerke", staunt Julian Schmitz laut Medienberichten. Der Ferienland-Geschäftsführer hat eigens seinen Urlaub unterbrochen, um vor Ort im beschaulichen Schönwald seinem Stellvertreter Hans-Peter Weis beim Bewältigen des Medienansturms zu unterstützen. Nach einer Ryanair-Anfrage habe man sich entschlossen, eine Anzeige in dem Airline-Magazin zu schalten, berichtet Schmitz.

Sexismus oder "Augenzwinkern"?

Werbung sollte schon "jung, kreativ und unkonventionell" sein, sagt er. Zehn Motive umfasst die innovative Werbekampagne insgesamt. "Alle anderen sind deutlich zahmer", sagt der Geschäftsführer im Gespräch mit unserer Zeitung. Schließlich hätten die Chefgesellschafter der Ferienland GmbH, die aus den Gemeinden Schonach, Schönwald, Furtwangen, St. Georgen und Unterkirnach besteht, die frivole Variante abgesegnet. Natürlich sei man sich bewusst gewesen, dass die Werbung provokant ist, deshalb wollte man in der Region nicht offensiv in Erscheinung treten und beschränkte die Anzeige auf das Bordmagazin. Dann aber kam Martin Sonneborn.

Dass die Anzeige bei manchen als Sexismus ankommt, was die Schwarzwälder als "Augenzwinkern" gemeint haben, nimmt Schmitz zur Kenntnis und beschwichtigt: "Das wollten wir nicht, man kann es eben nie allen recht machen." Sein Stellvertreter, Hans-Peter Weis, ergänzt: "Natürlich kann man so eine Anzeige nicht in der Apotheken-Umschau bringen, so etwas muss gezielt platziert werden."

Im Vergleich zu facebook ist die Resonanz in Vermieterkreisen beim Ferienland im Schwarzwald sehr dürftig. Lediglich eine Vermieterin aus Schönwald, so Weis, habe sich gemeldet, ihr gefiel die Anzeige ganz und gar nicht.

Die Motivvorschläge stammen von Selina Haas. Die junge Künstlerin aus Triberg studiert Grafik-Design in Freiburg. "Mit meinen Gestaltungen verfolge ich das Ziel, den traditionellen Schwarzwald mit seinen modernen Zügen zu verbinden", schreibt sie. Sie möchte junge und junggebliebene Menschen, "die modern orientiert und offen für Neues sind" erreichen. Diese sollen angeregt werden, den Schwarzwald neu zu entdecken. Ihre künstlerische Ader kommt nicht von ungefähr.

Anzeige wird auf frauenherabwürdigende Inhalte geprüft

Die Eltern Ingolf und Conny Haas entwerfen und produzieren seit einigen Jahren sehr erfolgreich bunte, stylische Kuckucksuhren. Von deren Seite gab es ebenfalls Lob, sie schrieben: "Die Eltern der Designerin des Plakates, Selina Haas, freuen sich über das viele Feedback und die Resonanz und Aufmerksamkeit. Sie hat, wie hier bewiesen, wohl ein tolles Gespür für den entstaubten Schwarzwald und wie man ihn in Szene setzt. Toll gemacht!"

So viel unbezahlbare Werbung dank Sonneborn, das müsste den Verantwortlichen beim Ferienland doch etwas wert sein. "Bis jetzt gibt es noch keinen Kontakt zu ihm, aber ich denke, wir werden uns etwas überlegen", so Hans-Peter Weis.

Mittlerweile befasst sich auch der deutsche Werberat mit der Anzeige. "Dieser hat sich bei uns gemeldet und bittet um eine sofortige Stellungnahme zu der Anzeige", verrieten die Ferienland-Verantwortlichen gestern. Der Geschäftsführer werde eine Stellungnahme verfassen und an den Werberat schicken. Bis zur Antwort soll die Anzeige vorerst nicht weiterverteilt werden.

"Wir haben Beschwerden bekommen und ein Verfahren eingeleitet," bestätigt Anna Grote, Sprecherin beim Werberat auf Anfrage unserer Zeitung. Die Anzeige werde auf "frauenherabwürdigende" Inhalte geprüft. Im Moment gebe es noch kein Verbot der Anzeige. Eine 15-köpfige Jury aus der Werbebranche wird sich in den nächsten Tagen mit dem Ganzen beschäftigen. "Im schlimmsten Fall gibt es eine öffentliche Rüge, aber das kommt eher selten vor", so Grote. Wahrscheinlicher sei, dass entweder die Jury nichts beanstandet oder das Unternehmen von sich aus die Werbung zurückzieht oder ändert." 

Seite 2: Info

Hier einige Kommentare auf der facebook-Seite von Martin Sonneborn:

"Sexismus – die Waffe der Ungebildeten und Zurückgebliebenen"

"Und ich Depp wohne in Thailand..."

"Und was gibt es so für die 'Damen'?"

"Die Marketingexperten haben genau das erreicht, was sie wollten. Es wird darüber geredet. Gut gemacht!"

"Sex sells! Scheinbar auch im Schwarzwald!"