Anja Kluge und Ingolf Gössel (von links) bieten eine Führung durch den restaurierten, ehemaligen Gemeindehof an. Foto: Kommert Foto: Schwarzwälder Bote

Führung: Besucher begutachten fast 430 Jahre alten Kienzlerhansenhof / Streit um fehlendes Land

Bei einer Führung erfahren Gäste mehr über den Kienzlerhansenhof. Dabei werden sie auch aufgefordert, sich für die Pachtflächen des Hofs einzusetzen. Schönwalds Bürgermeister Christian Wörpel nimmt hierzu Stellung.

Schönwald. Zu einer Info-Verführung hatten Anja Kluge und Ingolf Gössel zum Kienzlerhansenhof, dem einstigen "Gmeishof", eingeladen. Knapp zwei Dutzend interessierte Schönwälder wie auch Gäste von außerhalb des Dorfs hatten sich eingefunden, um sich die gelungene Restaurierung des Hofs anzusehen. Im kommenden Jahr ist der 1591 erbaute Kienzlerhansenhof 430 Jahre alt – eine überaus lange Lebenszeit, auf die das zweite geschlossene Hofgut im Oberort von Schönwald inmitten der zum Hof gehörenden Flächen dabei zurückblickt.

Geschaffenes zeigen, über das Tun als "Neu-Landwirte" berichten und zugleich einen Blick in Gegenwart und Zukunft des Hofs zu geben, war das Anliegen der Hofeigentümer. Gekommen waren auch zwei junge Frauen, die laut eigener Aussage in Abwesenheit der Hofeigentümer in Absprache das Vieh versorgen.

Im Anwesen steckt viel Arbeit – zugleich viel Lob geerntet

Vieles habe es nach dem Erwerb des Hofs im Bieterverfahren zu tun gegeben, erzählten die beiden Architekten. Zwei Jahre der behutsamen Bearbeitung habe es gedauert, bis der Hof soweit nach alter Kubatur wieder hergestellt war. Zum Glück, so die Architekten, sei von den vielen Bewohnern des Hofs nicht wirklich viel verändert worden, diese hätten Originalwände zumeist nur zugebaut, sodass ein Rückbau zu alten Verhältnissen erstaunlich einfach gewesen sei.

Viel Lob und viele Architektur- und Denkmalspreise habe es für die behutsame Restaurierung gegeben, die unter anderem auch mithilfe von Handwerkern aus dem Ort sehr gelungen sei. Unter anderem erwähnte Gössel den Zimmereibetrieb Holzbau Göppert, der als Spezialist für die Wiederherstellung historischer Gebäude gelte.

Im Vertrag, den das Architektenpaar damals unterzeichnete, habe auch ausdrücklich die weitere landwirtschaftliche Nutzung gestanden, was durch die Haltung einer Mutterkuhherde aus acht Hinterwälder Kühen und einem Deckbullen gewährleistet sei – eine gefährdete kleinrahmige Rasse, die pfleglich mit den sensiblen Weiden umgehe. Die Kälber blieben ein volles Jahr bei den Müttern, bevor sie verkauft würden. Dazu gebe es eine kleine Schafherde aus Moorschnucken, ebenfalls eine bedrohte Rasse, die dort weiden soll, wo auch die Hinterwälder zu schwer sind, sowie vier Ziegen.

Die Wiesenflächen würden nicht gedüngt, lediglich der Festmist werde nach der Heuernte ausgebracht. Der sogenannte "Sommerberg", der eigentlich aufgrund der vielen Findlinge nicht gemäht werden kann, diene dabei nur als Weidefläche, so Kluge. Die Flächen hätten sich aufgrund der höchst extensiven Nutzung schon sehr gut erholt, seltene Pflanzen hätten sich mittlerweile wieder etabliert. "Wir wollen ein Gleichgewicht haben zwischen Kultur und Natur", so Gössel.

Wer kommt bei Gemeindeflächen zum Zug?

Umso mehr habe man sich gewundert, dass die Flächen des Hofs, die eigentlich dringend zum Erhalt der Landwirtschaft benötigt werden, im Frühjahr plötzlich seitens der Gemeinde zur Verpachtung ausgeschrieben wurden. Dies betrifft eine Fläche von knapp 20 Hektar. Nachdem die Gemeinde vor zwei Jahren das Gelände im Zuge eines Geländetauschs für das Baugebiet an der Sprungschanze noch um etwa fünf Hektar vergleichsweise gut mähbares Land verkleinert habe, benötige man diese Flächen.

Laut einem Spezialisten aus dem Zuchtverband könnte es möglich sein, dass zwei Nachbarn im Zuge von Baumaßnahmen für Stallneubauten mehr Flächen ausweisen müssten, um dazu Zuschüsse zu erhalten. "Es kann einfach nicht sein, dass die, die viel haben, noch mehr bekommen und Kleinere dabei platt gemacht werden", ärgern sich die Hofeigentümer.

Im Zuge der Führung baten sie denn auch darum, dass die Besucher kleine Karten ausfüllen sollten, in denen diese Bürgermeister und Gemeinderat aufs Dringlichste ersuchen, von einer anderweitigen Verpachtung des Geländes abzusehen, um den Hof als Kulturgut zu erhalten – was diese zumindest in großer Zahl auch taten.

Bürgermeister Christian Wörpel sieht die Umstände anders

Seitens der Gemeinde gab Bürgermeister Christian Wörpel inzwischen eine Stellungnahme zur Situation auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten ab: "Zunächst möchte die Gemeinde nochmals positiv anerkennen, wie der verkaufte Hof saniert wurde. Als der Hof durch die Verwaltung zum Verkauf angeboten wurde, wurde deutlich kommuniziert, dass die dazugehörigen landwirtschaftlichen Flächen nicht mit verkauft werden. Im Kaufvertrag ist daher auch nichts dazu vereinbart. Stattdessen wurden die landwirtschaftlichen Flächen stets befristet verpachtet. Die Gemeinde Schönwald bestätigt, dass der Pachtvertrag mit Frau Kluge, wohnhaft in Stuttgart, nicht erneut verlängert wird und damit zum Ende des Jahres definitiv ausläuft. Ab dem kommenden Jahr werden diese gemeindeeigenen Flächen an mehrere, andere örtlich verwurzelte landwirtschaftliche Betriebe verpachtet."

"Die Entscheidung der Nichtverlängerung an die bisherige Pächterin resultiert aus diversen Vorfällen und Ereignissen. Die Gemeinde Schönwald zeigt sich nicht einverstanden mit der Betriebsführung und dem allgemeinen Umgang der Pächterin respektive des Betriebs. Die öffentliche Darstellung des Betriebs nach außen ist für die Gemeinde Schönwald sehr irritierend. Denn die Art und Weise des Verhaltens, welches Frau Kluge und Herr Gössel auch gegenüber der Gemeinde als Eigentümerin der Flächen an den Tag legen, ist untragbar. Aufgrund der schwerwiegenden Vorkommnisse sieht die Gemeinde keine andere Möglichkeit", äußert sich Wörpel.