Der Schönbuchtunnel wird nachgerüstet – am Sonntag ist in der Baustelle die gesamte Elektrik ausgefallen. Das hat zu einer Vollsperrung bis Montagnachmittag und Verkehrschaos bis zum Abend geführt. Foto: Jessica Kneißler

Seit Montagnachmittag ist der Schönbuchtunnel auf der A 81 wieder offen. Dennoch hat es noch Stunden gedauert, bis sich der Verkehr rund um Herrenberg wieder normalisiert hat. Die 24 Stunden zuvor haben manchen Autofahrer arg strapaziert.

Herrenberg - Der Autofahrer traut seinen Augen nicht. Drei Stunden hat er am späten Sonntagabend im Stau auf der A 81 verbracht. Von Stuttgart in den Nordschwarzwald sollte es gehen, und anders als es noch nachmittags im Radio verkündet worden ist, geht am Schönbuchtunnel in beide Richtungen nach wie vor nichts. Endlich ist die Ableitung bei Gärtringen erreicht, das Auto läuft mittlerweile auf dem letzten Tropfen Sprit. Eine Tankstelle kommt in Sicht – doch die hat kurz zuvor geschlossen. Der Mann lässt das Auto entnervt stehen und fährt mit einem Taxi nach Hause. „Rund um die Tankstelle haben noch viele weitere Autofahrer wütend geschimpft“, erzählt er.

Solche Episoden sind einige geschrieben worden zwischen Sonntagmittag und Montagabend. Die kurzfristige Vollsperrung des Schönbuchtunnels sowohl in Richtung Stuttgart als auch in Richtung Singen wegen eines Totalausfalls der Elektrik hat großes Chaos auf den Straßen verursacht. Zwischen drei und zehn Kilometer lang sind die Staus auf der Autobahn in beide Richtungen gewesen – und das durchgehend mit Ausnahme des frühen Montagmorgens. Selbst nach Öffnung einer Spur in jede Richtung am Montag gegen 13.30 Uhr dauerte es noch Stunden, bis sich die Lage normalisiert hat.

Auch in und um Herrenberg reihte sich Stoßstange an Stoßstange. Die Polizei leitete den Verkehr an den Anschlussstellen Gärtringen und Herrenberg von der Autobahn ab. „Die Umleitungsstrecken waren überlastet, die B 14 und B 28 durchgängig zu“, sagt Polizeisprecher Peter Widenhorn. Das habe sich auch durch eine individuelle Steuerung des Verkehrs in Herrenberg nicht ändern lassen. Am Sonntag rückte gar das Rote Kreuz aus, um die in der eisigen Kälte wartenden Autofahrer zu versorgen.

Kurzfristig gesperrt werden musste der Tunnel, der derzeit ohnehin eine Baustelle ist, wegen eines Ausfalls der Elektrik. Die gesamte Beleuchtung, die Ampelanlage und die Belüftung funktionierten dadurch nicht mehr. Die Techniker brauchten deutlich länger als erwartet, um den Schaden zu beheben. Was dessen Ursache war, konnte man beim zuständigen Regierungspräsidium (RP) Stuttgart am Montag noch nicht sagen. „Die Ursachenforschung läuft noch“, so Sprecherin Nadine Hilber.

Bei vielen Autofahrern stieß die Sperrung auf wenig Verständnis. Manche Betroffene berichten von Wartezeiten von fünf Stunden und mehr, beklagen das Verpassen von Flügen oder Terminen. „Ein absolutes Armutszeugnis für die Region“, urteilt ein Schweizer Autofahrer. Das ruft auch die Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart (IHK) auf den Plan. Deren stellvertretender Hauptgeschäftsführer Bernd Engelhardt befürchtet „hohe volkswirtschaftliche Schäden durch den Riesenstau“ und hält eine 24-stündige Sperrung für „außergewöhnlich“. Er hat deshalb von Polizei und Regierungspräsidium eine Stellungnahme angefordert. „Wir wollen wissen, ob die lange Sperrung wirklich nötig war“, sagt er.

Laut RP-Sprecherin Hilber hat es dazu keine Alternative gegeben. „Auch die Notbeleuchtung hat nicht funktioniert“, sagt sie. Wenn die Tunneltechnik ausfalle, sei das Bauwerk nicht mehr sicher: „Dann müssen wir sofort sperren.“ Die Reparaturen hätten länger gedauert als erwartet. „Wenn kurzfristig eine solche Maßnahme notwendig ist, kommt es leider zu langen Staus. Das ist für alle betroffenen Autofahrer schwierig, hat sich aber nicht vermeiden lassen“, so Hilber. Zunächst war der Tunnel am Montag nur einspurig befahrbar, nach einem Techniktest am Spätnachmittag wieder komplett.

Die Vollsperrung hat auch bizarre Blüten getrieben. Während die Straßen völlig überlastet gewesen sind, machte sich anderswo eine ungewohnt bedächtige Stimmung breit. Denn die Raststätte Schönbuch konnte auf beiden Seiten der Autobahn rund 24 Stunden lang nicht angefahren werden und war vom Verkehr abgeschnitten. „Während vor der Sperrung reger Betrieb herrschte, wurde es danach immer weniger und irgendwann standen die Mitarbeiter alleine da“, sagt ein Sprecher des Betreibers Tank und Rast. Einfach nach Hause schicken konnte man die Leute aber auch nicht – schließlich wusste niemand genau, wann die A 81 wieder freigegeben wird und die Blechlawine anrollt.

Von diesem Dienstag an soll der Verkehr auf der A 81 wieder weit gehend normal rollen. Viele Autofahrer werden aufatmen – und das Raststättenpersonal hat wieder zu tun.