Lesung: Elinor Eidt überzeugt als 14-jährige Anne Frank / Worte treffen noch heute mitten ins Herz

Schömberg. Das Schömberger Publikum konnte einem berührenden Ereignis im Kurhaus beiwohnen: In einer szenischen Lesung aus dem Tagebuch der Anne Frank erlebte es die Geschichte der 14-jährigen Jüdin, die sich 1942 mit ihrer Familie in Amsterdam vor der Verfolgung der Nazis versteckte.

 

Karge Wirklichkeit

Denkbar einfach ist der Raum gestaltet: Tisch, Stuhl und Paravent. Mehr braucht es nicht, um die karge Wirklichkeit der Kriegsjahre auferstehen zu lassen. Der Rest wird vermittelt durch gut ausgewählte Tagebucheinträge – dargestellt und verkörpert von Schauspielerin Elinor Eidt.

In Jeans und weißer Bluse spielt sie Anne als ein Mädchen, wie es auch heute in jeder Schulklasse zu finden ist. Und gerade darin liegt die Stärke des Abends. Das Mädchen Anne Frank hofft, sehnt sich, streitet sich mit ihren Eltern und ist darin nicht anders als 14-jährige Mädchen der heutigen Zeit.

Die tragischen Lebensumstände bestimmen ihren Alltag, nicht aber ihr Wesen. Ihre Lebensfreude ist es, die von der ersten Minute an gefangen nimmt. Ihr geradezu überschäumendes Naturell nimmt den Zuschauer sofort für sie ein. Man lacht viel an diesem Abend, trotz und manchmal auch wegen der tragischen Umstände, denn Anne lässt sich nicht unterkriegen von diesem Krieg. Warmherzig und intelligent findet dieses Mädchen Worte, die auch heute noch mitten ins Herz treffen.

Elinor Eidt ist hierbei durchweg überzeugend. Mühelos schafft sie den Spagat von der anfangs noch unbedarften, kindlichen Anne zur lebenshungrigen, jungen Erwachsenen. Mal temperamentvoll, dann still und nachdenklich erweckt sie Anne zum Leben. Ehrlich und einfühlsam verschmilzt sie mit ihrer Rolle.

Der respektvolle Umgang mit diesem bekannten Werk zeichnet den Abend aus. Feinfühlig, intelligent und ohne falsche Scheu inszeniert Annalena Maas diesen schweren Stoff. Und das so leicht, als hätte sie mit Anne selbst Rücksprache halten können. Besonders eindrücklich ist die Szene, in der Anne, gerade das erste Mal geküsst, anfängt, zu tanzen. Immer wilder dreht sie sich, die Musik wird drängender, bis sie erschöpft und in tiefer Verzweiflung die Frage des Abends stellt: "Wofür nützt dieser Krieg?". Spätestens in diesem Moment wünscht man sich, die Geschichte würde eine andere Wendung nehmen.

Musik betont Gefühle

Abgerundet wird der Abend durch die Komposition von Fabian Stromberger, der Annes Emotionen mit Klaviermusik unterstreicht und so die Gefühle zwischen den Zeilen gekonnt erlebbar macht.

Das Schömberger Publikum zeigte sich tief berührt. Am Ende des Stückes herrscht ergriffene Stille, die dann von verdientem und begeistertem Applaus abgelöst wird.