Dass Wiencek eine Beziehung mit der Langenbranderin Hilde Fischer angedichtet wurde, war für Wiencek das Todesurteil. Ob es den Umgang jedoch überhaupt gegeben habe, sei nicht klar, so Norbert Weiss: "Hilde Fischer war nicht schwanger." Es habe schon genügt, wenn sich zwei junge Menschen angelächelt und miteinander gesprochen hätten, um ihnen einen Umgang anzudichten, macht Weiss im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten deutlich.
In einem Schreiben der Geheimen Staatspolizei vom 15. November 1941 an den Landrat in Waiblingen heißt es, dass auf Befehl des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei am Mittwoch, 19. November nachmittags um 16 Uhr der Pole Julian Wiencek in der Nähe des Polizeigefängnisses Welzheim erhängt werde. Dem ledigen Landarbeiter, am 12. April 1920 in Krakau geboren, wurden unerlaubte Geschlechtsbeziehungen vorgeworfen. Die Akte ist im Staatsarchiv Ludwigsburg zu finden. "Wiencek hat im Juni 1941 mit der deutschblütigen Hausgehilfin Hilde Fischer aus Langenbrand mehrfach Geschlechtsverkehr ausgeübt. Ich stelle Ihnen Teilnahme an der Exekution anheim. Von der Vorbeiführung der im dortigen Bezirk eingesetzten Polen wird Abstand genommen, da diese Massnahme bei der letzten Exekution erfolgte."
Nachdem Wiencek erhängt worden war, kam sein Leichnam in das Anatomische Institut der Universität Tübingen, berichtet Weiss. Auf einem Dokument des Standesamtes Welzheim vom 23. August 1945, also nach Ende des Krieges, ist vermerkt, dass der polnische Zivilarbeiter Julian Wiencek, wohnhaft in Langenbrand, Kreis Calw, zur Zeit Welzheim, Polizeigefängnis, am 19. November 1941 um 16.26 Uhr auf Markung Welzheim erhängt wurde.
Auf dem Friedhof der Stadt Tübingen ist Wienceks Name auf einer Grabplatte im Feld X verzeichnet.
Und was passierte mit Hilde Fischer? Sie wurde in Langenbrand öffentlich gedemütigt und ihr die Haare abgeschnitten. In einer Häftlingskarte ist vermerkt, dass die Hausgehilfin Hilde Fischer am 21. März als Schutzhäftling in das Konzentrationslager Ravensbrück bei Fürstenberg eingeliefert wurde. Dort trug sie den roten Winkel einer politischen Gefangenen. Sie hatte die Häftlingsnummer 9882 und wurde als Knopfmacherin in der Schneiderei I eingesetzt. Mehr als zweieinhalb Jahre saß sie im Konzentrationslager rund 80 Kilometer nördlich von Berlin.
Am 17. Oktober 1944 wurde Hilde Fischer entlassen und arbeitete in einer Bäckerei in Pforzheim.
Beim Luftangriff englischer Bomber am 23. Februar 1945 auf Pforzheim wurde sie getötet. Hilde Fischer, eine Cousine des langjährigen Ortsvorstehers von Langenbrand und Schömberger Gemeinderates Siegfried Wankmüller, wurde nur 22 Jahre alt.
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