Gremium lehnt mehrheitlich Pläne der Nachbargemeinde ab. Auswirkungen auf Handel befürchtet.
Schömberg - Die Gemeinde Engelsbrand möchte im Osten des Kernortes an der Hauptstraße einen Lebensmittelvollsortimenter und einen Drogeriemarkt ansiedeln. Bei seiner Stellungnahme zu dem Vorhaben hat der Gemeinderat Schömberg das Vorhaben abgelehnt. Die Gegner im Gremium befürchten erhebliche Auswirkungen auf den Handel in der Glücksgemeinde.
Ursprünglich sollte der Lebensmittelmarkt 1800 Quadratmeter und der Drogeriemarkt 800 Quadratmeter haben. Die Gemeinde Engelsbrand beauftragte die Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA) in Ludwigsburg, eine Analyse zu erstellen, um die Auswirkungen für das Vorhaben zu prüfen. "Bei der ursprünglich geplanten Verkaufsfläche von 1800 Quadratmetern für den Lebensmittel- und 800 Quadratmetern für den Drogeriemarkt wurden Verletzungen der landes- und regionalplanerischen Vorgaben festgestellt", heißt es in der Sitzungsvorlage der Gemeindeverwaltung Schömberg dazu.
Vier bis fünf Prozent
Daher sei die Gemeinde Engelsbrand der Empfehlung gefolgt, die Verkaufsfläche für den Lebensmittelmarkt auf 1500 und für den Drogeriemarkt auf 650 Quadratmeter zu reduzieren. Die Gemeinde Schömberg sei wegen der räumlichen Nähe von den Wirkungen der Umverteilung betroffen, heißt es in der Sitzungsvorlage weiter. Sowohl für den Lebensmittel- als auch den Drogeriemarkt werde eine Umverteilungsquote von fünf beziehungsweise vier bis fünf Prozent prognostiziert, heißt es weiter. "Im Ergebnis sind jedoch keine gravierenden Beeinträchtigungen in städtebaulich relevanter Größenordnung zu befürchten. Die Umverteilungseffekte liegen deutlich unterhalb des städtebaulich relevanten Schwellenwertes", steht ferner in der Vorlage zu lesen. "Starke Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche oder die bestehenden Nahversorgungsstrukturen können laut Gutachten der GMA ausgeschlossen werden, zumal durch die Vergrößerung der Verkaufsfläche des Edeka-Marktes und die Ansiedlung des Drogeriemarktes der Standort Schömberg gestärkt und aufgewertet wurde." Die Gemeindeverwaltung Schömberg sehe es genauso wie die GMA. Lediglich die Ansiedlung eines weiteren Drogeriemarktes sieht die Verwaltung kritisch.
In der Bürgerfragestunde erhob Ivana Eitel, Inhaberin des Edeka-Marktes in Schömberg, schwere Vorwürfe gegen die Verwaltung. Sie wollte wissen, wie diese ihr "Nichtstun" begründe und die Pläne absegne: "Die Nahversorgung in Engelsbrand ist gesichert." Deshalb brauche Engelsbrand keinen 1500 Quadratmeter großen Vollsortimenter. Bei dieser Angelegenheit müsse auch die Nachbargemeinde ein Mitspracherecht haben. Des Weiteren erinnerte sie daran, dass für das Projekt in Engelsbrand auch Wald gerodet werden müsse. Der Bürger Peter Burkhardt hätte sich gewünscht, dass Bürgermeister Matthias Leyn mit den Hauptbetroffenen Kontakt aufgenommen hätte. Zudem sah er in dem Gutachten einen Widerspruch. Einerseits spreche die Expertise nur von einer möglichen Umverteilungsquote in Höhe von vier bis fünf Prozent, andererseits seien nach dem Gutachten 20 bis 30 Prozent der Engelsbrander nicht ausreichend versorgt. Leyn antwortete, dass die Verwaltung mit den Beteiligten gesprochen habe. Die vier bis fünf Prozent Umverteilungsquote bezögen sich jedoch auf die Umgebung und nicht auf Engelsbrand. Nach seinen Worten gehe es in dem Gutachten darum, was vertraglich möglich sei.
Lange gekämpft
Auch die Mehrheit des Schömberger Gemeinderates sah die Pläne kritisch. CDU-Fraktionschefin Ulrike Mayrhofer erinnerte daran, dass Schömberg sehr lange um die Neue Mitte gekämpft habe. Letztendlich sei ein Edeka-Markt mit 1700 Quadratmetern und ein Drogeriemarkt mit 650 Quadratmetern möglich geworden. Doch im Vergleich zu Engelsbrand mit seinen 4400 Einwohnern habe Schömberg doppelt so viele Bewohner. Es könne nicht sein, dass der Regionalverband hier zustimme. Engelsbrand habe keinerlei zentralörtliche Funktion. Ihre Fraktion werde deshalb dem Vorhaben von Engelsbrand so nicht zustimmen. Gemeinderat Joachim Zillinger (CDU) zeigte durchaus Verständnis für das grundsätzliche Bestreben, eine Lebensmittelversorgung nahe am Haus zu haben. Er wisse aber auch, dass in Engelsbrand der Einkauf in Schömberg sehr geschätzt werde. Selbst bei einer Verwirklichung des Vorhabens könnten viele Engelsbrander den neuen Markt nicht zu Fuß erreichen. Zudem wundere er sich, dass wegen des Projekts Wald abgeholzt werden soll: "Die Fläche ist endlich." Man müsse sorgsam mit der Umwelt umgehen. Wichtig sei eine interkommunale Zusammenarbeit: "Was soll dieses Kirchturmdenken? Das GMA-Gutachten ist nicht von neutraler Stelle angefertigt." Sarkastisch fragte er, ob die Büchenbronner aufgefordert werden sollen, sich auf den Weg nach Engelsbrand zu machen. Zudem sollten nicht auch noch die Randlagen von Pforzheim ausbluten, so Zillinger. Der Markt sei von Oligopolisten (wenige Anbieter) geprägt. Es bestehe die Gefahr eines ruinösen Wettbewerbs. Hier sei auch die Politik jenseits der Kommunen gefragt.
Oft geplagt worden
Gerold Kraft, Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen Wählervereinigung (UWV), wandte sich ebenfalls gegen die Pläne. Er sprach den Flächenverbrauch und mögliche Leerstände an. Die Gemeinde Schömberg sei diesbezüglich vom Regionalverband sehr oft geplagt worden. Er betonte, dass es nicht gegen die Gemeinde Engelsbrand gehe. Er frage sich, warum ein Konzern sich selbst Konkurrenz mache.
Tino Bayer (UWV) dagegen tat sich sehr schwer mit einer Meinung. Nach seiner Auffassung sei das Ganze differenziert zu betrachten. Schömberg müsse auch in Zukunft mit der Gemeinde Engelsbrand gut auskommen. Im Falle einer Ablehnung des Projekts vonseiten der Glücksgemeinde sah Bayer die Gefahr einer "totalen Abwehrhaltung" von Engelsbrand. Es könnte eine Retourkutsche kommen. Auch die Vorsitzende der Fraktion Menschen, Umwelt, Zukunft (MUZ), Susanne Ring, tat sich mit einer Entscheidung schwer: "Können wir es wirklich beurteilen, ob es für uns schädlich ist?" Es gebe "kein richtig und kein falsch". Falls Schömberg "Nein" sage, gebe es Probleme mit der interkommunalen Zusammenarbeit, so Ring.
Elf Gegenstimmen
Am Ende stimmten elf Gemeinderäte und damit die Mehrheit gegen die Planungen von Engelsbrand. Sechs Räte enthielten sich der Stimme. Eine Gemeinderätin fehlte. Als einziger stimmte Bürgermeister Leyn für den Vorschlag der Verwaltung.