Das Schömberger Modehaus Bertsch soll erneut erweitert werden. Foto: Krokauer Foto: Schwarzwälder Bote

Regionalverband: Für Durchsetzung von Planungsgebot gestimmt / Wachstum des Modehauses Bertsch soll begrenzt werden

Der Gemeinde Schömberg droht ein Planungsgebot durch den Regionalverband Nordschwarzwald. Per Mehrheit, aber gegen die Stimmen der AfD-Fraktion und einzelner FDP- und SPD-Regionalräte, hat die Regionalversammlung dem möglichen Erlass eines solchen Gebots jetzt zugestimmt.

Schömberg. Der Vorgang ist schon ziemlich einzigartig: Der Regionalverband Nordschwarzwald setzt der Gemeinde Schömberg ein letztes Ultimatum bis zum 8. Januar 2021 – bis dahin müssen Rathaus und Gemeinderat dort erklären, ob sie gewillt sind, für das Areal des Modehauses Bertsch und angrenzender Flächen einen neuen Bebauungsplan aufzustellen. Der für dieses Gebiet bestehende, bisher nicht qualifizierte Bebauungsplan "Stockäcker" stammt noch aus dem Jahr 1955, wurde zuletzt 1963 geändert.

Die Krux daran, so Verbandsdirektor Matthias Proske gegenüber dem Schwarzwälder Boten: "Im Grunde ist es momentan so, dass der Eigentümer dort machen kann, was er will". Auch seine bestehenden Gebäude beliebig erweitern.

Zuletzt sei dies 2013 geschehen, als das Modehaus Bertsch seine Verkaufs- und Nutzflächen um 880 Quadratmeter auf derzeit rund 1470 Quadratmeter ausgebaut hätte – die bisher größte Flächenzunahme für den Betrieb. Aktuell geplant – und bereits genehmigt – sei eine erneute Erweiterung auf bis zu 1700 Quadratmeter Verkaufsfläche. "Viel zu viel" schon jetzt, wie Proske erläutert. Denn Schömberg sei nun mal kein Mittelzentrum.

Für ein solches Handelsunternehmen, wie es das Modehaus Bertsch darstelle, gelte grundsätzlich gemäß den verbindlichen Planungsregeln des Regionalverbands die Bedingung, dass "70 Prozent der erzielten Umsätze aus der Kommune selbst, die restlichen 30 Prozent aus dem Umland" stammen müssen. Beim Modehaus Bertsch sei es bereits jetzt "genau umgekehrt": 70 Prozent der Umsätze werden mit Kunden aus anderen Städten und Gemeinden erzielt, nur 30 Prozent mit den Schömberger Kunden. "Das ist eigentlich nicht zulässig", erläutert der Verbandsdirektor – weil dadurch die raumordnerischen Entwicklungsmöglichkeiten der eigentlichen Mittelzentren (massiv) beeinträchtigt würden – in diesem Fall vor allem die Unternehmen mit gleichen oder ähnlichen Sortimenten in Calw sowie Pforzheim.

"Blauer Brief" an den Bürgermeister

Es gehe aber nicht darum, mit dem jetzt drohenden Planungsgebot für die Aufstellung eines qualifizierten Bebauungsplan unter anderem für das Areal des Modehauses Bertsch dieses in seinem Bestand in Frage zu stellen. Auch die bereits genehmigte Erweiterung dürfe so wie vorgesehen durchgeführt werden. Aber künftig solle die Gemeinde Schömberg auch für diesen sensiblen Innenstadtbereich "ihre Planungspflicht wahrnehmen", um eine weitere "unkontrollierte Entwicklung" zu unterbinden. Manche sprächen hier auch von "wild West".

Im jetzt dazu an Schömbergs Bürgermeister Matthias Leyn verschickten "blauen Brief" mit der letzten Fristsetzung heißt es wörtlich: "Die derzeitige planungsrechtliche Situation lässt somit Erweiterungen des Bestands sowie Neuansiedlungen von weiteren Einzelhandelsgroßprojekten in angrenzenden Gebieten zu, die gegen einschlägige raumordnerische Vorgaben (…) verstoßen können." Und weiter: "Es handelt sich hier um verbindliche Ziele der Raumordnung", die nun gegebenenfalls mit dem Planungsgebot durchgesetzt würden.

Denn das Problem derzeit: Bisher weigert sich der Schömberger Gemeinderat – und damit auch der Bürgermeister dort, der an den Entscheid seines Gemeinderats gebunden ist – dieser Pflicht zu einem Aufstellungsbeschluss für einen neuen qualifizierten Bebauungsplan nach den Regeln der gültigen Raumordnung nachzukommen. Weshalb der Regionalverband – in Abstimmung (und Einvernehmen) mit dem Landratsamt Calw und dem Regierungspräsidium Karlsruhe – nun der Kommune damit droht, einen solchen Bebauungsplan eben kurzerhand zu erzwingen.

Das Landratsamt Calw würde in diesem Fall die "Ersatzvornahme" übernehmen, also als Rechtsaufsicht anstelle der Gemeinde Schömberg den nötigen Bebauungsplan aufstellen und umsetzen. Das Regierungspräsidium müsste im Falle einer Beschwerde der Gemeinde Schömberg gegen diesen erzwungenen Bebauungsplan über diese Beschwerde entscheiden – was für die Gemeinde Schömberg dann wenig Aussicht auf Erfolg hätte, wenn das Regierungspräsidium von Anfang an das Verfahren beratend begleitet.

Allerdings hofft man beim Regionalverband Nordschwarzwald auch weiterhin auf ein Einsehen in Schömberg – und auf ein Einlenken, auch noch in letzter Minute. Das Angebot von Verbandsdirektor Proske: "Wir sind dazu bereit, dem Modehaus Bertsch auch weiterhin einen Entwicklungsspielraum für seine Verkaufsflächen einzuräumen", also auch künftig Ausbaumöglichkeiten – in einem gewissen Rahmen – anzubieten. Damit würde die "historisch gewachsene Bedeutung" des Unternehmens für den Ort und die Region, die man "ausdrücklich anerkennt", auch von der Planungsaufsicht gewürdigt.

"Unsere Tür für Verhandlungen ist da nach wie vor offen", so Proske. Der im Schreiben an Bürgermeister Leyn ausdrücklich anbietet, auch für ein persönliches Gespräch oder einen Besuch im Schömberger Gemeinderat zur Verfügung zu stehen, um vor Auslaufen der Frist noch eine einvernehmliche Lösung zu erzielen. Aber wenn da "nichts von der Gemeinde kommt", werde man das Planungsgebot und die Planungspflicht der Gemeinde mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln durchsetzen.