Zahlreiche Besucher kamen zur Schömberger Gemeinderatssitzung am Dienstag. Foto: Krokauer

Schömberger Gemeinderat lehnt einstimmig Bürgerbegehren zum Projekt als unzulässig ab.

Schömberg - Viele Zuhörer kamen zur Schömberger Gemeinderatssitzung am Dienstagabend. Einige standen sogar auf dem Flur. Das Gremium beschloss, die beiden Bürgerbegehren zum geplanten Turm abzulehnen.

In ihrer Sitzungsvorlage machte die Verwaltung deutlich, dass der Gemeinderat keine andere Wahl habe, als beide Bürgerbegehren abzulehnen, da es um reine Rechts- und Tatsachenfragen gehe. Nach Auffassung der Verwaltung fehlten zum Bürgerbegehren gegen den geplanten Turmbau alle gesetzlichen Voraussetzungen. So sei unter anderem die Anfechtungsfrist von drei Monaten nicht eingehalten worden. Die Verwaltung argumentiert, dass sich das Bürgerbegehren inhaltlich gegen die Errichtung eines Aussichtsturmes an sich wende zumindest in der Form, wie der Gemeinderat ihn in seiner Sitzung am 5. Dezember 2017 beschlossen habe. Folglich hätte das Bürgerbegehren bereits am 5. März und nicht erst am 23. Mai eingereicht werden müssen.

Auch das Bürgerbegehren für den Turmbau ist laut Verwaltungsvorlage unzulässig. Ein Bürgerentscheid sei nicht möglich, wenn der Gemeinderat die mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahmen bereits beschlossen habe. Auch hier gebe es keinen Ermessensspielraum. Das Gremium schloss sich einstimmig dieser Einschätzung in beiden Fällen an.

Zuvor übten zahlreiche Bürger heftige Kritik an den Plänen des Gemeinderates. So stellte Roland Helber an den Bürgermeister unter anderem folgende Frage: "Halten Sie einen Bürgerentscheid zu der schlichten Frage: ›Sind Sie für den Bau eines 50 Meter hohen Turmes in Oberlengenhardt westlich der L 346?‹ für zulässig und stimmen Sie darin überein, dass dafür über ein Bürgerbegehren ohne weiteres 440 Unterschriften zu erreichen sind und warum beschließen Sie dann nicht diesen Bürgerentscheid, statt etwa ein Drittel der wahlberechtigten Bevölkerung vor den Kopf zu stoßen?" Leyn bezeichnete diese Frage als hypothetisch.

Eine Bürgerin wollte wissen, ob die Gemeindeverwaltung an eine Schlichtung denke und wenn ja, wer dafür geeignet sei. Angelika Lipinski, unter anderem Frauenbeauftragte beim Sozialverband VdK, schlug vor, beim Berufsförderungswerk einen Turm zu bauen. Dort gebe es bereits Parkplätze. Mit dem Hengstbergstüble habe man auch eine Einkehrmöglichkeit. Zudem könnte unter Umständen die Charlottenhöhe wiederbelebt werden.

Eine weitere Bürgerin sprach sich dafür aus, trotz der Ablehnung der Bürgerbegehren die Bevölkerung zu diesem Thema zu befragen. Helmut Andrä erinnerte das Gremium daran, dass im nächsten Jahr Gemeinderatswahlen seien. Andrä und Peter Burkhardt, einer der beiden Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens gegen die Turmbaupläne, sprachen zudem von einer Zumutung, bei einer solchen Gemeinderatssitzung so viele Leute stehen zu lassen. Burkhardt fragte, ob dafür nicht das Schulhaus hätte zur Verfügung gestellt werden können. Andere Bürger hätten gerne das Kurhaus als Ort der Gemeinderatssitzung gesehen. Bürgermeister Matthias Leyn antwortete, dass zu den vier öffentlichen Sitzungen zum Turmbau davor lediglich acht Zuhörer dabei gewesen seien. Zu den Veranstaltungen zum Gemeindeentwicklungskonzept habe es gerade 20 Zuhörer gegeben. Darauf gab es unter den Zuhörern Gelächter. Die von Andrä aufgeworfene Frage der Befangenheit von Gemeinderäten, die beim Bürgerbegehren für den Turm als Vertrauenspersonen auftraten, verneinte Leyn.

Beteiligung an Großprojekten gefordert

Rainer Kraft, einer der beiden Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens gegen die Turmbaupläne, bekam vor der Aussprache im Gemeinderat die Gelegenheit, sich zu äußern. Nach seiner Auffassung ist ein solches Bürgerbegehren notwendig, weil die Bevölkerung von Anfang an unzureichend an diesem Großprojekt beteiligt worden sei: "Wenn die Einwohnerschaft von Bürgermeister und Gemeinderat im Rahmen einer Einwohnerversammlung rechtzeitig und umfassend über diesen Turmbau informiert worden wäre, hätten zwei Bürgerbegehren und die heutige Diskussion entfallen können." Er beklagte sich darüber, dass sich das Projekt nach und nach von 1,5 auf 2,76 Millionen Euro verteuert habe. Zudem sei eine Einwohnerversammlung keine Infoveranstaltung, sondern eine Zusammenkunft, wo die Bürger über dieses Projekt diskutieren könnten. Diskutieren mache aber nur Sinn, wenn man noch gestalten könne. Deshalb müsse eine solche Zusammenkunft im Vorfeld stattfinden und nicht, nachdem alle Beschlüsse und Verträge unwiderruflich getroffen seien. Kraft machte deutlich, dass die Initiatoren des Bürgerbegehrens keinen Rummelplatz und keine Flutlichtanlage in unmittelbarer Nähe der Bebauung von Oberlengenhardt haben wollten. Außerdem stellte er klar, dass sich das Bürgerbegehren nicht grundsätzlich gegen einen Turm wende. "1440 Unterschriften unseres Bürgerbegehrens warten auf eine Antwort und nicht auf juristische Wortklauberei. Diese Stimmen zu ignorieren wäre undemokratisch und würde die Gemeinde nicht befrieden", so Kraft. Er forderte bei jedem Großprojekt eine aktive Bürgerbeteiligung. "Misstrauen gegenüber dem Bürger ist das falsche Fundament, um darauf einen Turm zu bauen", sagte er.

Am Mittwoch sagte Kraft auf Nachfrage unserer Zeitung, dass die Initiatoren des Bürgerbegehrens den Gemeinderatsbeschluss durch die Kommunalaufsicht des Landratsamtes prüfen zu lassen. Gerichtlich wolle er gegen den Beschluss des Gemeinderates aber nicht vorgehen. Letzteres sei jedoch seine persönliche Meinung.

Dagegen verteidigten die Sprecher aller drei Gemeinderatsfraktionen das Projekt. So bekräftigte CDU-Fraktionschef Joachim Zillinger, dass es bei den Bürgerbegehren um eine rein rechtliche Bewertung gehe. Er berichtete über seinen Eindruck, dass sich das erste Bürgerbegehren vom 23. Mai grundsätzlich gegen einen Turm richte. Dabei berief er sich auf Schilderungen von Bürgern. Er bezeichnete den Turm als wichtigen Mosaikstein, um den Standort Schömberg zu stärken.

SPD-Fraktionschefin Susanne Ring sieht in dem Turm ein Initialprojekt für die weitere Entwicklung des Ortes. Dabei gehe es um die Erhaltung der guten Infrastruktur. Der Kurpark soll aufgewertet und das gastronomische Angebot erweitert werden. Die Kosten überstiegen nicht die Möglichkeiten der Gemeinde, zumal 40 bis 50 Prozent der Kosten über einen Zuschuss gedeckt werden sollen. Sie versicherte, dass ihre Fraktion auf eine zukunftsfähige Kinderbetreuung achten werde.

Gerold Kraft, Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen Wählervereinigung, warb um Vertrauen in diesen Gemeinderat. Er sprach von einem überschaubaren Risiko.

Abschließend gab Bürgermeister Matthias Leyn eine Stellungnahme ab. Er machte deutlich, dass es um mehr als um einen Turm gehe. Es gehe um Schömbergs Zukunft: "Wir wollen uns als Gesundheitsstandort weiterentwickeln." Mit einer ausgewogenen Balance an Freizeitangeboten sollen sowohl die Kurgäste in den Kliniken als auch die Bürger angesprochen werden. Mit einem Aussichtsturm soll eine besondere Aufenthaltsqualität im Freien geschaffen werden. Leyn ging auch auf die Frage ein, weshalb den Turm nicht ein privater Investor baue. Er sieht in dem Turm eine Impulsinvestition: "Eine Gemeinde muss immer den berühmten ersten Schritt gehen. Dies haben alle Städte oder Gemeinden, die eine ähnliche Entwicklung gemacht haben, wie wir sie jetzt machen, so getan."

Leyn gab sich überzeugt davon, dass ein solcher Turm mehr Gäste anziehen werde. Er versicherte, dass trotz der Turmpläne andere Projekte verwirklicht würden. Er nannte die Kita am Eulenbächle, den Breitbandausbau, die Sanierung der Ludwig-Uhland-Schule, die Unterhaltung der Gemeindegebäude, die Feuerwehr, das Schaffen von Wohnraum, die Vereinsförderung sowie die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung. Zudem beschäftige sich der Rat mit dem Bau einer Sporthalle, sagte Leyn.