Die Akte Sprenger ist umfangreich – sie füllt drei dicke Ordner. Am Donnerstag war der vierte von acht Prozesstagen am Balinger Amtsgericht. Foto: Visel

Betrug durch Unterlassung: Im vierten von acht Prozesstagen entlasten Zeugen den Bürgermeister.

Schömberg/Balingen - Halbzeit im Prozess gegen Bürgermeister Karl-Josef Sprenger: Gestern hat vor dem Balinger Amtsgericht der vierte Prozesstag stattgefunden – von insgesamt acht, die die Vorsitzende Richterin Birgit Goßger bis in den Mai hinein festgesetzt hat. Ob es dabei bleibt, muss abgewartet werden.

Gestern sind die Zeugen Nummer zehn bis 13 gehört worden. Weitere werden folgen. Bisher steht fest: Von Beginn an wurde der so genannte musische Raum auch als Probenraum für die Stadtkapelle ins Auge gefasst. Das Problem: Für ihn wurden Schulbaufördermittel beantragt und gewährt: laut Bewilligungsbescheid für einen "Betreuungs- und Freizeitbereich". Letztlich geht es vor Gericht um die Frage: Welcher Nutzung räumte Sprenger dabei den Vorrang ein?

Dies zu beantworten, scheint nicht einfach. Viele Befindlichkeiten spielen eine Rolle – so auch das angespannte Verhältnis zwischen Sprenger und den neuen Schulleitern Wolfgang Fiderer und Uli Müller. Hätten diese besser miteinander gekonnt oder wären die alten Rektoren im Amt geblieben – wer weiß, ob es zu dem Streit überhaupt gekommen wäre.

Betrug durch Unterlassen wird Sprenger vorgeworfen, weil er durch Vorspiegelung falscher Tatsachen dem Land einen Schaden von 61 700 Euro verursacht haben soll, wie die Staatsanwaltschaft meint. Dieses Geld hat die Stadt nach dem Bescheid des Regierungspräsidiums unmittelbar zurückbezahlt. Für die Rückforderung nach dem Bürgerentscheid hat sich die Behörde fünf Monate lang Zeit gelassen.

Der ehemalige Leiter der Grund- und Hauptschule, Eberhard Kunze, sowie Alt-Stadträtin Rose Trettin haben mit ihren Zeugenaussagen Sprenger gestern entlastet. Für Kunze wäre es offenbar gar keine Frage gewesen, dass der Raum gemeinsam von Schule und Stadtkapelle hätte genutzt werden können – auch wenn dort Instrumente stehen würden. Man habe während seiner Amtszeit aber nicht festgelegt, zu welchen Anteilen oder zu welchen Zeiten der Raum von beiden Seiten genutzt werden soll. Kunze hatte im Sommer 2008 Schömberg verlassen. Damals war mit dem Umbau der Halle gerade erst begonnen worden. Die Stadt, so sagte er, habe ihn stets in allen schulischen Belangen unterstützt, auch bei der Erstellung und Umsetzung des Konzepts zur Ganztagsbetreuung.

Rose Trettin, Stadträtin bis 2009, führte aus, sie habe sich immer für die Schulen in Schömberg eingesetzt, zumal ihr inzwischen verstorbener Mann früher Rektor der Grundschule Schörzingen gewesen sei. Sie bescheinigte Sprenger, sich für die Ganztagsbetreuung und damit auch für die gemeinsame Nutzung des Raums stark gemacht zu haben. Trettin: "Die damit verbundenen Probleme waren aber vorprogrammiert." Dies habe sie frühzeitig erkannt und darauf auch aufmerksam gemacht.

Der ehemalige Konrektor der Realschule, Bernd Niethammer, warf Sprenger vor, die Schulen nicht sauber und sachlich informiert zu haben. So hätten die Schulleiter 2010 ihre Zusage zur verabredeten Nutzung wieder zurückgezogen, nachdem klar wurde, dass diese mit dem RP nicht abgesprochen gewesen sei. Sprenger habe stets das Gegenteil betont. Niethammer fügte an, ohne den Wechsel der Schulleiter wäre das Ganze wohl im Sande verlaufen. Aus seiner Sicht als "Pragmatiker" sei eine schulische Nutzung des Raums, in dem Instrumente der Stadtkapelle aufgestellt sind, aber nicht möglich.

"Ghostwriter" verfasst zwei Briefe für den Vereinsvorstand

Am Nachmittag nahmen Richterin, Oberstaatsanwalt und die Verteidiger zwei Stunden lang Richard Ege in die Mangel. Der ehemalige Vorsitzende des Gemeindeverwaltungsverbands und amtierende Bürgermeister von Weilen unter den Rinnen hat nach Ansicht des Anklagevertreters als Ausschussmitglied und "Ghostwriter" der Stadtkapelle maßgeblich daran mitgewirkt, Druck auf Stadträte, Schulleiter und Sprenger auszuüben – und dies, obwohl er ein öffentliches Amt bekleide. So habe Ege mindestens zwei Briefe für den Vereinsvorstand formuliert, in denen die Rede davon ist, dass die Musiker "Hausherren" im Raum seien und die "alleinige Nutzung" beanspruchten. Ege räumte nach vielem Hin und Her ein, übers Ziel hinausgeschossen zu sein.

u Die Verhandlung wird am Donnerstag, 27. März, 9 Uhr, fortgesetzt.