Fasnet: Walter Leis hat 1968 Larve und Kleidle der historischen Schömberger Fasnetsfigur neu gefertigt / Wie ein "Kräuterweible"

Zum letzten Mal, so besagen es die Quellen, sei die "Warz’" bei der Schömberger Fasnet 1886 gelaufen. Dann verschwand sie für lange Zeit. Bis Walter Leis vor 50 Jahren der Narrenfigur neues Leben einhauchte.

Schömberg. Schon immer war Leis (77) mit der Schömberger Fasnet eng verbunden. So fertigte er zahlreiche Larven und Kleidle für die Hästräger an. Leis erinnert sich, dass es immer wieder am Wirtshaustisch geheißen habe, die Rottweiler hätten das Kleidle verschwinden lassen oder im Museum eingemottet. Daraufhin begann Leis mit der Suche in den Rottweiler Narrenhäusern und im Museum. Dort fand sich ein von der örtlichen Zunft aussortiertes Kleidle – die "Sauglock". Diese aber, fand Leis heraus, "hat mit der Schömberger Warze nichts zu tun".

Weitere Hinweise erhielt der Heimatforscher durch den damals noch einzigen lebenden Augenzeugen, der die Warze als Kind noch gesehen hatte. Pius Seifriz, auch Liesele-Pius genannt, habe sich damals noch an die gesamte Erscheinung der Warze erinnern können – im hohen Alter von 90 Jahren. Lediglich zur Bemalung des Kleidles konnte er keine Angaben machen.

Leis schloss daraus, dass das Kleidle der Warze, wie dasjenige der anderen Schömberger Einzelfiguren Husar und Harzer, einfach gestaltet worden sei: "Denn die Einzelfiguren waren nicht, wie die vielen Fuchswädel, dem Schönheitswettbewerb preisgegeben." Leis: "Daher konnte sich der kleine Pius auch an gar nichts Besonderes erinnern."

Vier bis fünf Wochen vor der damaligen Fasnetssaison begann Leis mit dem Schnitzen der Larve und dem Herstellen des Anzugs mit Bemalung. Die Leintücher für das Kleidle erwarb er in Täbingen. "Ich habe in jener Zeit nur noch einige Stunden geschlafen. Die Fasnet stand vor der Tür, und die Figur sollte ja bis dahin fertig sein."

Die Warze fertigte Walter Leis quasi als weibliches Gegenstück zum Harzer, weil Pius Seifriz deren Gesichtszüge ähnlich denen des Harzers beschrieb, nur dass die Warz-Larve keinen Bart besaß. Leis erkannte in der Figur eine Art "Kräuterweible" und stattete sie mit einem Korb aus, aus welchem sie Wurzeln anbieten sollte. "Eine eineinhalb Zentimeter hohe und zweipfenniggroße Warze ziert die Mitte der rechten Wange", schreibt Wulf Wager in seinem Buch "Fasnet in Schömberg". Er nennt die Warze als das "wohl mysteriöseste Kleidle in Schömberg", weil über dieses Kostüm keinerlei schriftliche Unterlagen überliefert seien.

Die Figur trägt eine Kopfbedeckung, einen kurzen Kittel und eine enge Hose aus grobem Leinen, und ist der Bekleidung des Harzers nachempfungen. Zudem ist die Warz mit einem Riemen mit einer Glocke ausgestattet. Das Larventuch hat Leis mit den Jahreszahlen 1886 und 1968 ausgestattet, die für das Sterben der Urwarz’ und die Wiedergeburt stehen. Ins Kleidle der Warze schlüpfte neben Leis auch sein Vetter Dieter Baier, der auch selbst die Marzipan-Rettichle fertigte, die er dann verteilte. Auch Leis’ Mutter Sofie Leis, geborene Baier, tanzte als Warze zweimal die Polonaise mit und ging in deren Häs zum Maschgera. Der damalige Narrenvater Paul Riedlinger, dem Leis die Warze vor dem Auftritt vorstellte, habe die Figur als "sehr gelungen" bezeichnet.

Das 1986 gefertige Kleidle, das sich im Besitz von Leis’ Sohn Armin befindet, ist als Leihgabe im Schömberger Narrenmuseum zu bewundern. Eine Jahre später fertigte Leis ein weiteres Warz-Häs, das heute bei der Fasnet getragen wird.

Dass die Warze jedoch eine Einzelfigur ist, steht laut Leis nirgends geschrieben. Er plädiert daher dafür, dass von der Warze, die bei der Polonaise nicht tanzt, sondern den Kontakt zu den Zuschauern hält, noch einige Figuren mehr geschaffen werden. Gleiches wäre auch bei der "Kleinen Warze" möglich, deren Häs Oliver Mayer vor zwei Jahren für seine Tochter Emma fertigen ließ.