Mathias Tretter (von links), Lisa Eckhart und Sven Kemmler, hier mit Kaffee-Gässle-Chef Bernd Petermann, traten gemeinsam in Schömberg auf. Foto: Stöß Foto: Schwarzwälder Bote

Kabarett: Provokative Scherze: Lisa Eckhart, Mathias Tretter und Sven Kemmler treten in Schömberg auf

Diese drei Kabarettisten der Extraklasse treffen sich auf einer Bühne. Das gab es so noch nie – in Schömberg schon: Lisa Eckhart, Mathias Tretter und Sven Kemmler sorgten bei vielen der 400 Besucher für Heiterkeit.

Schömberg. Sowohl die Gemeinde Schömberg, der Kulturverein "Kaffee-Gässle" als auch die Kabarettszene selbst dürfte mit diesem besonderen Event alte Freunde begeistert sowie neue Freunde hinzugewonnen haben.

Im ausverkauften Kursaal waren alle Altersgruppen vertreten. Es gab sicherlich Besucher, die ansonsten nicht allzu viel mit Kabarett am Hut haben. Diese waren dann positiv überrascht, auch animiert von der Kraft des kollektiven Lachens.

Es ging zeitweise derb zu. So darf vermutet werden, dass manch eine Aussage von einigen Zuschauern nicht einmal zu denken oder zu sagen gewagt worden wäre. Satire und Bissigkeit auf hohem Niveau zu zelebrieren, dabei nicht einzelne Menschen persönlich zu beleidigen – das ist große Kunst. Den drei in Schömberg gelang dies. Bald verflog in der Anonymität des riesigen Auditoriums die letzte Furcht, an manchen Stellen zu lachen und zu klatschen, an denen der gängige westeuropäische "Normalo" noch zwei Stunden zuvor die Nase gerümpft hätte. Lachen steckt eben an.

Frech, brutal, klar

Natürlich waren auch eingefleischte Kemmler-, Tretter- und Eckhart-Fans im Saal. Man kennt diese drei Hochkaräter der Kabarettszene aus vielen Fernsehauftritten.

Eckhart mit landesüblichem Schmäh in bedächtiger Stimme, dozierte, passend zu schlangenartigen, langsamen Armbewegungen. Sie entführte in die Welt der Trägheit; provozierte, beschrieb sexuell dominierte Wünsche, kokettierte mit nach Rassismus riechenden Themen, stellte sich Alter und Tod, lästerte über den Fitnesswahn und die Vorstellung, das Leben dadurch entscheidend verlängern zu können. Unbeschreiblich, wie sie Spannung aufbaute. Vieles klang frech, offen, brutal, klar, deutlich, logisch, einfach und ernüchternd. Wer wollte, durfte sich in der eigenen Lächerlichkeit wieder erkennen.

Trotzdem, sie war sympathisch, freundlich und authentisch – deswegen durfte sie ungestraft so ziemlich alles sagen. "Bevor Sie komplett invalid werden, suchen Sie sich einen Partner... eine lebenslange Partnerschaft ist ein Wettrennen, wer am Ende der Pflegefall sein darf." Das war dann so einer der Sätze, bei dem sich das Publikumslachen von einem offenen, herzhaften "Hahaha" in ein verlegenes, verstohlenes, fast schon unterdrücktes "Hohoho" überging. Manch einer wird sich gedacht haben, eigentlich würde man ja gerne herzhaft darüber lachen; doch darf man das?

Auf dieser Klaviatur spielte auch der vorzügliche Mathias Tretter. Seine Ausstrahlung und geschliffene Redegewandtheit war wohltuend. Doch musste man beim Zuhören auf der Hut sein. Denn bei ihm ging es Schlag auf Schlag. Fast sämtliche Gruppen und Themen, die unter die Kategorie "Political Correctness" fallen, wurden gerade nicht verschont.

Große Tiefe

Tretter, vielfacher Preisgewinner der Kabarettszene, holte die begeisterten Menschen dort ab, wo sie im Unterbewussten gedanklich zu Hause sein könnten, eigene menschliche Schwächen inbegriffen. Die Themen waren oberflächlich als Klamauk verkleidet, beinhalteten jedoch große Tiefe. Als Zugabe beschrieb Tretter den Bildungs-, den Wut- und den Hetzbürger. Während die einen lesen "schreiben die Hetzbürger selbst; nämlich online". "Ich liebe Shitstorms gegen mich. Bin Fan von Internet-Hetze gegen mich. Wer tippt, kann keine Flüchtlingsheime anzünden. Alles, was dabei rauskommt, ist ein Anschlag auf die Grammatik." Wenn Rechte schreiben, führe das nicht zur Rechtschreibung. Letztendlich beachte er die kleine Fruchtfliege auf dem kühlen, beschlagenen Weinglas mehr als diese Schreiberlinge.

Sven Kemmler demonstrierte mit seiner einzigartigen Stimm- und Sprachgewandtheit die gewaltigen Möglichkeiten und Macht, die einem Erzähler mit seiner Stimme gegeben sind. Er reizt zum herrlichen Lachen, als er mit tiefster Klangfarbe mikrofonverstärkt fragt "War es die richtige Entscheidung, mich mit einem grauen Hemd in die erste Reihe des Kurhauses zu setzen?"

Auf jeden Fall die absolut richtige Entscheidung hat der Kulturverein "Kaffee-Gässle" mit der Gestaltung dieses Abends getroffen. Seit 20 Jahren gibt es mittlerweile diesen Verein unter der Ägide des Gesamtvorstandes mit Bernd und Ludgera Petermann, Werner und Erika Kling sowie Heike Glaser und Christoph Eck. Die Seh(e)Bühne im Landhotel am Kurpark ist die Heimstatt für hochwertige Kultur in Schömberg. Zuletzt waren die Events in herrlichem Ambiente stets ausverkauft. Nun erzielte man zum runden Geburtstag diesen gelungenen, genialen Volltreffer.

Erlös für Jugendarbeit

Dieser Kulturtreff ist mittlerweile bekannt und beliebt – bei Besuchern und Künstlern gleichermaßen. Man darf sich auf weitere Veranstaltungen freuen. Freuen darf sich auch der Wintersportverein Schömberg (WSV). Der Vorsitzende des WSV, Günter Bauer erhielt vom Kaffee-Gässle-Chef Bernd Petermann die Nachricht, dass die Hälfte des Kabarettabend-Reinerlöses der WSV-Jugendarbeit zugute kommen wird.