Notar Hans-Dieter Rössler beendet Laufbahn / Abschaffung des Amtsnotariats betrifft auch Schömberg
Von Marija Mikulcic
Schömberg. Schömberg hat einen, Althengstett hat einen, Bad Wildbad ebenso und Calw gleich mehrere. Die Rede ist vom Amtsnotar. Mit diesem Modell – so hat es 2010 der Landtag per Gesetz festgelegt – ist zum 1. Januar 2018 Schluss.
Alle staatlichen Notariate werden aufgelöst. Der Notar verliert den Status des Landesbeamten. Ab dem Stichtag gilt für Notare im Land, was im übrigen Bundesgebiet schon Realität ist: Das Amt ist hauptberuflich auszuüben, Rechnungen sind selbst zu stellen. Die Notariatsreform ist die eine große Umwälzung, die dem Verwaltungswesen im Land ins Haus steht. So eine Reform setzt man nicht über Nacht um. Die Vorbereitungen sind in vollem Gange.
Hans-Dieter Rössler wird die Reform nicht mehr betreffen. Am 30. April, um Mitternacht ganz genau, endet offiziell Rösslers Berufstätigkeit und damit sein langjähriges Wirken als Notar der Gemeinde Schömberg. Der Ruhestand wartet. "Die Stelle war im Staatsanzeiger ausgeschrieben", äußert sich Rössler dazu, wie es um einen Nachfolger bestellt sei.
Noch hat das für die Besetzung zuständige Justizministerium niemanden bestimmt. Kristin Gitter, die seit mehreren Jahren schon Rösslers Vertreterin ist, wird als Amtsverwalterin eingesetzt. Sie führt ab 1. Mai auf dem Schömberger Notariat die Geschäfte. Das ist der derzeitige Stand der Dinge. Ob jemand nachkommt? Abwarten. Ob und wann das Ministerium sich bewegt, ist nicht vorherzusehen.
Fest steht: Die Zahl der Notariate wird zurückgehen. Dass Gemeinden wie Schömberg, Bad Wildbad und Bad Herrenalb nach dem 31. Januar 2017 einen Notar haben werden, ist unwahrscheinlich. "Die Notarsitze wandern in die größeren Städte", sagt Rössler. Karlsruhe, Pforzheim, Calw – das wären wohl die künftigen anzunehmenden Anlaufstellen. Die Notare ernennt weiterhin das Justizministerium. Je nach Bedarf.
Wenn das neue Modell in Kraft tritt, ist Rössler zwar weg. Zeuge der Umstellung ist er dennoch geworden. Denn nicht nur das Notariatswesen wird umgekrempelt. Auch auf der Landkarte der Grundbuchämter stehen große Veränderungen an. Bisher gab es in Baden-Württemberg mehrere Hundert Grundbuchämter. Sieben davon soll es ab 2018 landesweit noch geben.
Die Zuständigkeiten für die gesamte Region Nordschwarzwald würden in Zukunft beim Grundbuchamt Böblingen liegen, so Rössler. Selbst Pforzheim mit seinen mehr als 100 000 Einwohnern habe seine Behörde schon nach Maulbronn auslagern müssen, beschreibt Rössler die Tragweite der Umbrüche. Die Ära der riesengroßen Grundbuchämter bricht an. In Kornwestheim, berichtet der Notar, habe das Land Teile des ehemaligen Salamander-Areals aufgekauft. Dort wird seit 2012 das Grundbuchzentralarchiv eingerichtet.
Sowohl die großen, alten Grundbuch-Folianten, die bis 1970 in Gebrauch waren, als auch die handlicheren DIN-A4 Grundbücher, die ihnen nachfolgten, verlassen Schömberg gen Kornwestheim. "Wir mussten melden, wie viele Folianten und wie viel laufende Regalmeter wir haben", erläutert Rössler, wie die Zentralisierungsbestrebungen Gestalt annehmen.
Doch Papier ist Geschichte. Mittlerweile werde alles im elektronischen Grundbuch vermerkt. Bereits vor geraumer Zeit habe man in Schömberg alle Angaben an digitale Aufbewahrungsorte übertragen. Radikale Umbrüche im Grundbuchwesen also. Nicht minder bewegt geht es in der bisher von Notariaten geregelten Nachlass- und Betreuungsverwaltung zu. Das Schömberger Nachlass- und Betreuungsgericht werde dem Amtsgericht Calw angegliedert. "Die platzen jetzt schon aus allen Nähten", tut einer seine Skepsis kund, der das Berufsfeld seit Jahren kennt. Übrigens geht es nicht nur Schömberg so.
Was die Glücksgemeinde erwartet, steht sämtlichen vergleichbar großen Kommunen bevor. Die jeweiligen "kleinen" Bezirksnotariate im gesamten württembergischen Rechtsgebiet gehen in die nächstgelegenen Amtsgerichte über. Und die Angestellten?
Wenn Rössler am 30. April zum letzten Mal als Landesbeamter die Tür hinter sich zugezogen haben wird, bleibt die Schömberger Besatzung zunächst noch komplett im Dienst. Doch müssten sich, mutmaßt Rössler, seine Mitarbeiter bald überlegen, ob sie ins Böblinger Grundbuchamt, ans Amtsgericht Calw oder gar in eine ganz andere Stadt wechseln. Sofern dort Stellen frei sind.
Das, so viel bleibt auch dem nunmehr Fast-Ruheständler Rössler nicht verborgen, stelle für manche jetzt schon eine enorme Belastung dar.