Noch möchte sich der Ausschuss für Technik und Umwelt des Gemeinderats nicht auf einen möglichen Standort für einen Ruhewald – wie hier die Waldabteilung "Lehmgrube" bei Bieselsberg – festlegen. Zu viele Bedenken bestehen gegen die alternative Bestattungsform. Foto: Fisel

Ruhewald beschäftigt Technischen Ausschuss. Kirchen sehen Entwicklung kritisch. Mögliche Flächen vorgestellt.

Schömberg - Die Bestattungskultur ist als Teil einer Gedächtniskultur zu begreifen: Gräber erinnern daran, dass Menschen in vielfältiger Hinsicht – individuell, als Familie, als örtliche Gemeinschaft – eine Geschichte haben. Und wenn man dies vergesse, geht den Lebenden entscheidend Menschliches verloren.

 

So antwortete Pfarrer Matthias Eidt vom evangelischen Kurpfarramt Schömberg in einem Schreiben auf die Bitte der Verwaltung zu einer Stellungnahme hinsichtlich der zukünftigen Bestattungs- und Friedhofskultur in der Gemeinde. "Die Art und Weise, wie eine Gesellschaft ihre Toten bestattet, ist ein Schaufenster im Blick auf ihre Art und Weise zu leben – auch mit dem Tod", gab der Schreiber zu bedenken.

Aufgrund mehrerer Diskussionen in der Vergangenheit innerhalb der Gremien sowie zunehmender Nachfrage in der Bevölkerung nach alternativen Bestattungsformen, hatte sich die Verwaltung bereits im vergangenen Jahr veranlasst gesehen, die Schaffung einer neuen Bestattungsform, vorläufig als "Ruhewald" bezeichnet, zu thematisieren. "Die Diskussion um Waldbestattungen zeigt, dass Menschen weitere Bestattungsformen suchen", bestätigten auch die Kirchenvertreter.

Nach mehreren Fachvorträgen, Prüfungen sowie Besichtigungen zweier Friedwälder hatte der Gemeinderat am 29. April beschlossen, einen Ruhewald als mögliche Bestattungsform in Schömberg in Eigenregie anzugehen und die Idee weiter zu verfolgen. Die Verwaltung wurde beauftragt, Stellungnahmen der Kirchengemeinden einzuholen.

Bedenken äußerten die Kirchengemeinderäte der evangelischen Kirchengemeinden Schömberg und Oberlengenhardt: "Christliche Bestattungskultur versteht sich immer auch als Gedächtniskultur. Bewusstes Erinnern bringt im Rahmen der Bestattungskultur den Glauben und die Hoffnung zum Ausdruck, dass Gott unserer gerade im Tode gedenkt. Wenn wir sterben, fallen wir nicht der Vergessenheit anheim." Außerdem sollte man sich nicht aus finanziellen Gründen gezwungen sehen, eine Feuerbestattung einer Erdbestattung vorzuziehen. "Wir fördern eine Bestattungskultur, in der die anonyme Bestattung, in welcher Form auch immer, zurückgedrängt wird."

Eine weitere These lautete: "Leben und Tod sind öffentliche Ereignisse." Der Mensch sei nicht nur ein allein existierendes Individuum. Angehörige und die Gesellschaft hätten ein Recht darauf, von einem Menschen Abschied nehmen zu können. "Friedhöfe sind Orte gegen das Vergessen unserer Toten und Oasen der Besinnung, des Erinnerns und des aktiven Trauerns", so die Kirchengemeinderäte.

Keine grundsätzlichen Bedenken gegen Baumbestattungen hatte der Kirchengemeinderat Schwarzenberg/Bieselsberg, räumte jedoch ein: "Anonyme Bestattungen sehen wir kritisch, da wir der Meinung sind, dass es Orte des Trauerns und der Erinnerung geben sollte. Es ist nach unserem Verständnis unbedingt darauf zu achten, dass jeder Mensch ein Recht auf eine würdige und frei wählbare Bestattungsform hat."

Bürgermeisterin Bettina Mettler lag die Stellungnahme der katholischen Kirchengemeinde Schömberg bis zum Zeitpunkt der Sitzung noch nicht vor, da sie laut Pastoralreferent Karl-Werner Binder eine Rückfrage bei der Diozösanverwaltung erfordere.

Die Verwaltung hatte nach Rücksprache mit den Revierförstern Waldflächen für einen Ruhewald bei Bieselsberg, Schwarzenberg und Schömberg dem Ausschuss für Technik und Umwelt zur Auswahl vorgestellt. Die Festlegung eines Standorts wurde jedoch nach Einsprüchen auf November vertagt. Einig waren sich alle Ausschussmitglieder, dass zuvor Erklärungen des betreffenden Ortschaftsrats und des Friedhofsausschusses abzuwarten seien.