Die Bolanes ist der Höhepunkt der Schömberger Fasnacht. Foto: Julia Klebitz / Frank Engelhardt

Tradition geht auf Polonaise zurück. Besucher erwartet wildes, buntes Spektakel. Mit Video

Schömberg - Alle Jahre wieder wird Schömberg farbenfroh. Hunderte von Hästrägern versammeln sich und jucken in einem scheinbaren Chaos in insgesamt 95 Viererreihen beim Bolanes über den Schömberger Marktplatz – genannt Lalle. Diesen Höhepunkt der Schömberger Fasnet gibt es gleich drei Mal: Am Fasnetsonntag im Anschluss an den Umzug vom Plettenberg zum Marktplatz um 14 Uhr, am Fasnetmontag um 10.31 Uhr und Fasnetdienstag um 11 Uhr.

"Es ist einfach schön, wenn so viele Narren im Häs über den Marktplatz jucken", schwärmt Zunftmeister Bernhard Wuhrer. "Ein lebendiges, unglaublich buntes Treiben erwartet die Besucher." An Mitgliedern hat die Schömberger Zunft übrigens zwischen 600 und 700. "Wir sehen im Grunde jeden Schömberger als Mitglied an", sagt Wuhrers Stellvertreter, Guido Schirmer, über die kleine Stadt. "Immer vor der Fasnet machen wir Hausbesuche und sammeln die Mitgliedsbeiträge ein. Jeder gibt, was er will. Sogar ein Euro würde schon zählen."

Das Traditionsbewusstsein im Ort ist groß

Natürlich gebe niemand nur einen Euro, denn in Schömberg kennt man sich. Das Traditionsbewusstsein sei so groß, dass viele längst Abgewanderte zur Bolanes in die Heimat zurückkommen, freut sich Wuhrer. Tradition ist etwas, was in der Zunft sehr ernst genommen wird. "Fasnet ist Familie", sagt der Zunftmeister. "Es geht um Zusammenhalt und Engagement und darum, gemeinsam ein Fest zu feiern." Die moderne Vorstellung von Fasnet sieht er kritisch. "Wenn sich neue Zünfte gründen wollen, ist das in Ordnung. Aber nicht, wenn es nur um Alkohol-Exzesse und Party geht." Die Schömberger Zunft hält an den Ursprüngen fest. "Fasnet war immer eine Zeit der Freude und des Überflusses bevor das Fasten kommt", erklärt Wuhrer. "Es wurde getanzt und gesungen und natürlich auch eingekehrt." So wird es auch heute bei der Bolanes noch gehalten. 

Eine Bolanes beginnt immer in der oberen Alten Hauptstraße, schwenkt dann rechts auf den Marktplatz ein und führt in Richtung Zollhaus, wo der Wendepunkt ist. Damit aus dem scheinbaren Chaos kein echtes werde, gebe es die beiden Husaren, welche für Ordnung sorgten. Die Husaren geben mit ihren Holzgewehren den Takt vor und die Musikkapellen spielen unaufhörlich den Schömberger Narrenmarsch.

Kultveranstaltung geht auf Polonaise zurück

Die Bolanes beginnt in Viererreihen. Im Laufe des Tanzes werden aus den Viererreihen Zweierreihen und letztlich sind die Narren einzeln. "Und wenn alles richtig gelaufen ist, steht jeder Narr am Ende des Tanzes wieder neben seinem Partner vom Anfang", erklärt Wuhrer. Und bisher habe das immer geklappt. Es folgt ein Walzer der den Bolanes schließlich beendet. "Und dann kann man sich vorstellen, welchen Durst und Hunger die Narren nach stundenlangem Tanzen haben. Dann wird in den Wirtschaften eingekehrt. Dort singen die Narren - früher noch mehr als heute - viele alte Schömberger Volkslieder, die über die Generationen weitergegeben werden."

Die Kultveranstaltung geht auf einen Tanz zurück: Die Polonaise. War diese bereits seit dem 17. Jahrhundert hauptsächlich in Frankreich bekannt, so bekam sie um 1900 Bedeutung in Schömberg. Der Schömberger Schmied Johann Wuhrer brachte diesen Tanz von der Walz mit und seither ist er - in leicht abgewandelter Form - ein fester Bestandteil der Schömberger Fasnet. Prunkstücke unter den bunten Figuren sind Husar, Harzer, Halbschwarzer, Blätzle und Warz’.

Noch eine Besonderheit: "Viele Narren haben Pralinenschachteln dabei", erklärt Wuhrer. "Und da lassen sie die hungrigen Besucher hineingreifen." Neben Pralinen werden auch Bonbons verteilt. Fliegen sieht Wuhrer die nicht gerne. "Das ist Verschwendung, weil dann vieles am Boden liegen bleibt. Unsere Narren gehen lieber zu den Leuten hin und geben ihnen Süßes in die Hand, unterhalten sich vielleicht noch ein wenig. Das ist doch viel persönlicher." Und dafür stehe die traditionelle Zunft, deren Tanz es nur in Schömberg zu sehen gibt.