Schuldspruch anerkannt und damit vorbestraft: Bürgermeister Karl-Josef Sprenger (links) und sein Anwalt Werner Erbe. Foto: Visel

"Das Risiko ist nicht kalkulierbar": Sprenger zieht Berufung zurück und akzeptiert Urteil des Amtsgerichts Balingen.

Schömberg/Hechingen - Mit einer dicken Überraschung ist gestern um 10.45 Uhr die Berufungsverhandlung gegen den Schömberger Bürgermeister Karl-Josef Sprenger vor dem Hechinger Landgericht zu Ende gegangen. Er zieht die Berufung zurück und akzeptiert das Urteil des Amtsgerichts. Sprenger ist nun vorbestraft.

Das Amtsgericht hatte ihn im April 2014 wegen Betrugs durch Unterlassen zu einer Haftstrafe von sieben Monaten auf Bewährung sowie einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt.

Mit der Anerkennung des Urteils, die ihm auch der Vorsitzende Richter Volker Schwarz und Staatsanwältin Nicole Luther dringend nahegelegt haben, sei kein Schuldeingeständnis verbunden, sagt Sprenger. Er gehe weiter davon aus, dass ihm Betrug hätte nicht nachgewiesen werden können. Allerdings habe er aus Rücksichtnahme auf seine Frau Nadja und die beiden Kinder den Schuldspruch akzeptiert, damit die Familie nicht weiter leiden müsse. Wie hoch die persönliche Belastung durch den Prozess ist, zeigt seine Frau, die im Gerichtssaal in Tränen ausbricht.

Sprengers Anwalt Werner Erbe sagt, das Risiko, das der Angeklagte beim Berufsungsprozess vor der 11. Kleinen Strafkammer eingehe, sei zu unkalkulierbar. Es gehe um nichts weniger als um Sprengers berufliche Existenz. Denn die Forderung der Staatsanwaltschaft auf eine Haftstrafe von zwölf Monaten steht immer noch im Raum. Würde das Gericht diesem Strafmaß folgen, liefe Sprenger Gefahr, seine Beamtenrechte zu verlieren.

Mit dem Ende des Prozesses ist nun ein mehr als zehn Jahre langes Gezerre um den musischen Betreuungsraum im Schömberger Schulzentrum zu Ende, der seit dem Bürgerentscheid vom 4. März 2012 fast ausschließlich als Probenraum der Stadtkapelle genutzt wird. Sprenger wird vorgeworfen, sich für dessen Bau Schulbaufördermittel erschlichen zu haben. Er habe das Regierungspräsidium zu spät über die Nutzungsänderung informiert, wodurch dem Land ein hoher Schaden entstanden sei. Die Stadt musste zu viel erhaltene Zuschüsse zurückzahlen.

Sprenger hat gestern die letzte Chance genutzt, dem Ganzen ein vorzeitiges Ende zu bereiten, indem er das Angebot von Schwarz und Luther auf Beendigung des Berufungsverfahrens angenommen hat – wenn auch erst im zweiten Anlauf.

Gleich zum Auftakt des Verhandlungstags macht Luther deutlich, dass ihr Angebot der Berufungsrücknahme noch bestehe: "Aber nicht mehr lange. Ich halte es nicht ewig aufrecht." Sie sieht gar den Verdacht auf "Betrug durch aktives Tun" im Raum stehen. Der durch Sprenger verursachte Schaden sei relativ hoch. Eindrücklich macht sie ihn auf das "wirklich große Risiko" aufmerksam, das er bei der Verhandlung eingehe. Auch Schwarz rät ihm zum "Nachdenken". Noch deutlicher könne man ihm nicht nahelegen, das Urteil des Amtsgerichts zu akzeptieren, das "maßvoll bis milde" sei. Schließlich habe die Staatsanwaltschaft zwölf Monate Haft gefordert. Schwarz: "Die Kammer ist nicht festgelegt. Wir haben uns hinterher aber nicht vorzuwerfen, Ihnen keinen anderen Ausweg aufgezeigt zu haben."

Anwalt Werner Erbe bittet um eine Sitzungsunterbrechung, um sich mit seinem Mandanten abzusprechen. Ergebnis: Sprenger zieht die Berufung nicht zurück. Es wird weiterverhandelt und mit dem ehemaligen Weilener Schultes Richard Ege, zugleich Ex-Vorstandsmitglied der Schömberger Stadtkapelle, ein weiterer Zeuge gehört. Das macht die Sache für Sprenger nicht aussichtsreicher. In der erneuten Sitzungspause redet Erbe noch einmal auf Sprenger ein. Zurück im Sitzungssaal, sagt er: "Wir nehmen die Berufung zurück. Das Risiko ist unkalkulierbar."

Weil alle Verfahrensparteien zustimmen, ist das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen. "Es ist zwar nicht Ihr Wunschergebnis, aber Sie sollten damit leben können", sagt Richter Volker Schwarz zu Sprenger, der auch einen Teil der Gerichtskosten tragen muss.