Die Akte Sprenger ist umfangreich – sie füllt drei dicke Ordner. Am Schmotzigen Donnerstag geht der Prozess gegen den Schömberger Schultes vor dem Balinger Amtsgericht weiter. Foto: Visel

Betrugs-Prozess gegen Schömberger Bürgermeister in zweiter Runde. Uli Müller: "Schulleiter unter Druck gesetzt"

Schömberg/Balingen - Im zweiten Prozesstag in der Verhandlung gegen Karl-Josef Sprenger wegen des Vorwurfs des Betrugs durch Unterlassen sind gestern fünf Zeugen zu Wort gekommen. Dabei wurde deutlich, dass sich die Position des Schömberger Bürgermeisters nicht gerade gebessert hat.

Der Konflikt um den musischen Betreuungsraum im Schulzentrum war früh offensichtlich und wurde, was möglich gewesen wäre, nicht gelöst. Sprenger wird vorgeworfen, Fördermittel aus dem IZBB-Programm für dessen Bau beantragt und erhalten zu haben. Diese Gelder seien zu Unrecht geflossen, so Oberstaatsanwalt Karl-Heinz Beiter, weil der Raum von vorneherein nicht vorrangig für die Schule, sondern der Stadtkapelle Schömberg als Probenraum diente. Dass das so war, hätte Sprenger dem Regierungspräsidium (RP) mitteilen müssen – das habe er nicht getan, so Beiter.

Gespannt wartete man auf die Aussage des ehemaligen Vorsitzenden der Stadtkapelle, Daniel Saffrin. Dieser antwortete vorsichtig, konnte sich an einige Begebenheiten nicht mehr so recht erinnern. Beiter ermahnte ihn und drohte mit Konsequenzen, falls er etwas verschweige.

Saffrin führte aus, dass der Raum von Anfang an für die schulische Betreuung und als Proberaum der Stadtkapelle dienen sollte. Ihm wurde von Beiter und der Vorsitzenden Richterin Birgit Goßger jedoch vorgehalten, dass die Stadtkapelle schon frühzeitig gefordert habe, der Raum müsse den Musikern zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stehen und man benötige auch die Schlüsselgewalt. Man habe den Bürgermeister "festnageln" wollen und sei in die Offensive gegangen, als immer deutlicher geworden sei, dass die Schulen den Raum in erster Linie nutzen wollten, betonte Saffrin. "So kann man es sagen", meinte er auf die Frage von Beiter, ob eine entsprechende Zusage von Sprenger als "Wahlversprechen" zu bezeichnen sei.

In einem Brief an die Stadträte, der jedoch nicht abgeschickt wurde, spricht Saffrin von Vertrauensbruch seitens der Stadt; in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung führte er aus, die Musiker fühlten sich verarscht. Aus taktischen Gründen habe man vom "Proberaum" gesprochen, wobei Sprenger auch angemahnt habe, nicht so laut über diese Nutzung zu reden, weil Fördermittel im Spiel seien. Saffrin: "Im Nachhinein war es ein Fehler, diese für den Raum beantragt zu haben." Dass Realschulrektor Uli Müller bei einem Gespräch mit Vertretern der Stadtkapelle hingegen von Betrug geredet und das Angebot gemacht habe, man erhalte den Proberaum, wenn man dafür den Bürgermeister schlecht mache, bezeichnete Saffrin als "unterste Schublade".

Schulleiter wurden unter Druck gesetzt

Dass das Verhältnis zwischen ihm und Sprenger nicht das Beste war, bestätigte der Schulleiter im Zeugenstand. "Da waren große Emotionen im Spiel." So gab er zu Protokoll, dass Sprenger ausfällig geworden sei, ihn angepöbelt und ihm mit disziplinarischen Maßnahmen gedroht habe. "Den haue ich in die Pfanne", soll Sprenger gesagt haben. Heute freilich sei die Lage entspannt, man arbeite gut zusammen. Müller sagte aus, er und der Leiter der Werkrealschule, Wolfgang Fiderer, seien von Anfang an skeptisch gewesen über die geplante Nutzung des mit Fördermitteln gebauten Raums.

So seien sie unter Druck gesetzt worden, bei der Abnahme des Raums dafür zu unterschreiben, dass die Schulen diesen in erster Linie nutzten. Auch Richard Ege, damals kommissarischer Vorsitzender des Verwaltungsverbands und Mitglied der Stadtkapelle, habe insistiert. Sprenger habe Fiderer gebeten, zu unterschreiben. Das Gespräch mit den Vorsitzenden der Stadtkapelle hatte Müller anders in Erinnerung als Saffrin. Er habe dazu aufgefordert, "die Wahrheit über Sprenger zu sagen" – falls die Kapelle den Raum zuvorderst erhalte. Müller: "Allen war klar, dass die Sache nicht mit rechten Dingen zugeht. Sprenger wollte das aussitzen."

Der Sachbearbeiter des Regierungspräsidiums Tübingen (RP), der den Zuschussantrag und den Bau seit 2007 betreut hatte, sagte, der Zuschuss sei daran gebunden gewesen, dass der Raum überwiegend von den Schulen genutzt werde. Darauf sei die Stadtverwaltung hingewiesen worden. Ähnlich äußerte sich Gernot Schultheiß, Leiter des Staatlichen Schulamts Albstadt. Er habe im Mai 2007, damals noch als Vertreter des Oberschulamts Tübingen, auf diese Förderbedingung hingewiesen. Nachdem er Ende 2009 zum Leiter des Schulamts bestellt worden war, sei die Sache "eskaliert": Die Schulen hätten darüber geklagt, dass der Raum nicht genutzt werden könne. Auf Nachfrage sagte Schultheiß, er habe aber nicht das Gefühl gehabt, dass ihm von Sprenger etwas vorgemacht worden sei.

Klar wurde gestern aber, dass das RP erst kurz vor der Bauabnahme davon erfuhr, dass nicht plangerecht gebaut worden sei – statt einer Toilette eine Teeküche und Nebenraum – und dass der Raum nicht entsprechend den Förderrichtlinien genutzt werde. Die letzte Zuschussrate wurde nicht bezahlt. Sprenger habe die Sache als "Lappalie" abgetan und gemeint, das RP solle nicht "päpstlicher sein als der Papst": Stadtkapelle und Schule könnten den Raum zusammen nutzen, wenn die Schule nur wolle.

Sprenger: "Das RP soll nicht päpstlicher sein als der Papst"

Das RP habe indes eindringlich darauf hingewiesen, dass der Raum in dieser Weise der Schule nicht zuzumuten und überdies nicht zuschussfähig sei. Dass der Gemeinderat einen Beschluss zur Änderung des Baus getroffen und Sprenger der Stadtkapelle in einem Schreiben vom März 2009 zugesagt hatte, dass der Raum zuerst den Musikern und dann der Schule zur Verfügung stehe – all das sei dem RP nicht mitgeteilt worden, obwohl es mit Blick auf die Fördergelder relevant gewesen wäre. Man habe versucht, gemeinsam eine Lösung zu finden, sodass der Raum entsprechend den Förderrichtlinien genutzt werde – ohne Erfolg. "Ein Kompromiss war nicht in Sicht", so der RP-Mann.

Werner Schenk, Referatsleiter im RP, der bei der Bauabnahme dabei gewesen war, sagte als weiterer Zeuge aus, er hätte sich natürlich getäuscht gefühlt, wenn von Anfang an beabsichtigt worden wäre, den Raum nicht für schulische Zwecke zu verwenden. Das wisse er nicht. Es sei aber nicht vertuscht worden, dass die Stadtkapelle den Raum nutze. "Sonst hätte man die Geräte ja wegräumen können."

Die Raumnutzung, erkannte Oberstaatsanwalt Beiter, habe sich im Laufe der Zeit umgekehrt: Nicht die Schule, sondern die Stadtkapelle sei Herr darüber gewesen, und zwar schon vor dem Bürgerentscheid im Jahr 2012. Das zeige sich auch daran, dass die Stadtkapelle zur Einweihung "unseres Probenraums" im Mai 2010 einlud. Überdies habe die Stadtkappelle mehrmals darauf verwiesen, dass die Schule den Raum nur nach Absprache mit den Musikern nutzen könne.