Vor allem Senioren werden Opfer von sogenannten Schockanrufen. Foto: /Hildenbrand

Ausgerechnet kurz nach dem Tod ihres Mannes erhält eine Seniorin einen Anruf: Ihr Sohn habe einen Unfall verursacht, eine Kaution müsse bezahlt werden. Doch das war gelogen. Die Dame wurde beinahe Opfer einer perfiden Betrugsmasche.

So einen Anruf möchte niemand bekommen, vor allem nicht in so einer Situation: Eine ältere Kinzigtälerin musste gerade den Schicksalsschlag verkraften, dass ihr Mann gestorben war, da bekam sie einen schockierenden Anruf. Die Herkunftsnummer war unterdrückt, aber als die Seniorin ans Telefon ging, meldete sich am anderen Ende der Leitung eine weinende, junge Frau. Sie erklärte ihr, dass ihr Vater, der Sohn der betagten Dame eine Unfall gehabt hatte und im Krankenhaus liege. Dann gab sie das Telefon weiter an eine andere Frau, die sich als Polizistin ausgab. Diese fragte nach dem Wohnort des Sohnes, erklärte der Seniorin, dass er einen Autounfall verursacht habe, dabei einen 13-jährigen Jungen getötet und anschließend Fahrerflucht begangen habe. Eine Kaution sei notwendig, damit er nicht sofort verhaftet werde.

 

„Glücklicherweise war meine Mutter so schockiert, dass sie einfach aufgelegt hat“, berichtet ihr Sohn im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Geschichte über den schlimmen Vorfall war frei erfunden, der Mann ist weder verletzt, noch hat er einen Unfall verursacht. Dafür ist er vor allem eines: wütend. Denn nachdem seine Mutter seine Schwestern über den Anruf unterrichtete und diese ihn unversehrt erreichten, wurde der Familie klar: Die Seniorin ist Opfer eines sogenannten Schockanrufs geworden. Mit solchen versuchen Betrüger vorwiegend ältere Menschen um ihr Geld oder Wertsachen zu betrügen. Sie geben sich am Telefon als Verwandte oder als ein mit einem Vorgang betrauter Polizist aus und täuschen eine Notsituation vor, die einen Geldtransfer notwendig mache.

So geschah es auch bei der Kinzigtäler Seniorin, deren Sohn unserer Redaktion von dem Vorfall berichtet. Seine Mutter sei aufgrund des Todes ihres Mannes und des Schockanrufs momentan nicht in der Lage dazu, gibt der Mann weiter. „Meine Mutter ist aufgelöst und neben der Spur“, fasst er zusammen. Sein Name, Wohnort sowie der seiner Mutter sind der Redaktion bekannt, sie wurde aber gebeten, diese nicht zu nennen.

Durch Todesanzeige die Telefonnummer ermittelt

Der Sohn hat eine Idee, wie die Täter an die Telefonnummer seiner Mutter gekommen sind und vermutet, dass sie die Todesanzeigen durchforstet haben. Die seines Vaters war am Wochenende im Schwarzwälder Boten erschienen. Bei dieser standen natürlich die Namen der Familienangehörigen dabei und mit diesen konnten sie die Telefonnummer der Ehefrau des Verstorbenen über das Telefonbuch ausfindig machen. Denn die war genau so wenig in der Anzeige enthalten wie die Adresse der Familienangehörigen. Die Kondolenz sollte über das Bestattungsinstitut erfolgen. Falls dem so ist, ließe dieses Verhalten auf einen hohen Organisationsgrad der Betrüger schließen. Dass die erste Anruferin weinte und hysterisch war, sei wahrscheinlich der Versuch gewesen, die Seniorin daran zu hindern, zu erkennen, dass es sich bei der Anruferin nicht um ihre Enkeltochter handelte, vermutet der Sohn des Opfers.

Den Vorfall habe seine Familie bei der Polizei gemeldet, diese habe ihn aber wenig Hoffnung gemacht, dass die Chance auf eine Aufklärung besteht. Aus diesem Grund und weil kein Schaden entstanden ist, hätten sie entschieden, keine Anzeige zu erstatten, berichtet der Sohn. Die Wut bleibt aber, zumal die Anrufer sogar noch den Tod des Ehepartners des Opfers bedauerten und ihr Beileid ausdrückten.

„Das ist eine absolute Frechheit, dass jemand dann auch noch kondoliert“, meint der Sohn, der hofft, dass niemand anderes Opfer der Betrugsmasche wird. Das sei auch der Grund, warum er sich an die an die Presse gewandt hat: „Vor diesen Kriminellen, die vielleicht nicht nur meine Mutter anriefen, sondern auch andere noch anrufen werden, die Angehörige verloren haben, sollte man warnen“, erklärt der Mann.

Tipps von der Polizei

Die Polizei gibt bei Schockanrufen folgende Tipps: Legen Sie bei derartigen Anrufen sofort auf und lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Persönliche Daten oder die von der Angehörigen sollten auf keinen Fall weitergegeben werden. Auch über persönliche und finanziellen Verhältnisse sollte nicht am Telefon gesprochen werden, Geheimzahlen und Passwörter auf keinen Fall preis gegeben werden. Geld und Wertsachen sollten niemals herausgegeben werden. Die Rückruffunktion sollte nicht genutzt werden. Wer unsicher ist, sollte die Polizei unter der 110 anrufen.