Hunderte Hemdglunker sowie Musiker der Stadtkapelle machten sich in Ettenheim auf den Weg zum Rathaus. Foto: Decoux/Sandra Decoux

Bis Aschermittwoch werden in der südlichen Ortenau nun nicht mehr die Bürgermeister, sondern die Narren regieren. Bei Hemdglunker-Umzügen haben die Zünfte den Rathauschefs ihre Rathausschlüssel abgenommen.

Der Schmutzige Donnerstag mit dem Hemdglunkerumzug war für die Ettenheimer Narrengesellschaft Hoorig der Startschuss für die fünfte Jahreszeit. Hunderte Hemdglunker waren – angeführt von den Musikern der Stadtkapelle – mit Laternen, Rätschen und Saublodere durch die Altstadt zum Rathaus gezogen, wo dann vom Narrenrat die Proklamation der Ettenheimer Fasent erfolgte. Die Sendewelle entmachtete derweil in Altdorf Ortsvorsteher Andreas Kremer.

 
Gleich drei Narrenzünfte auf einmal bliesen am Donnerstag zum Sturm auf das Kippenheimer Rathaus.  Foto: Schelmewinkler

Drei Narrenzünfte übernehmen in Kippenheim die Macht

In Kippenheim waren es die Narrenzunft Schelmewinkler, die Kippener Moore-Bätscher und die Kippener Hexen, die gemeinsam die Macht übernahmen. Anschließend gab es einen Umzug hoch ins Schützenhaus.

Bürgermeister Jochen Paleit wurde in Grafenhausen unter viel Geschrei von den Hexen abtransportiert. Foto: Göpfert

Jochen Paleit wird von den Grafenhausener Hexen und dem Teufel besiegt

In Grafenhausen leistete Bürgermeister Jochen Paleit in Frack und Zylinder hartnäckig Widerstand gegen den Ansturm der Hemdglunker und der Grafenhausener Hexen. Schließlich musste er sich im Kampf um den Schlüssel aber den von den Hexen herbeigerufenen Teufel geschlagen geben, wurde gefangen genommen und abtransportiert.

In Rust regiert nun der Vogt der Narrenzunft Hanfrözi. Bürgermeister Kai-Achim Klare (Zweiter von rechts) wurde bis Aschermittwoch in den Urlaub geschickt. Foto: Gemeinde Rust

In Rust herrscht nun der Vogt

Statt Bürgermeister Kai-Achim Klare regiert seit Donnerstagabend in Rust nun Vogt Johannes I. Die Narrenzunft Hanfrözi hat Klare am Donnerstagabend den Schlüssel abgenommen und ihn bis Dienstag in den Urlaub geschickt.

Für die jungen Umzugsteilnehmer gab es nach der Ringsheimer Rathausstürmung Süßes. Foto: Göpfert

Ringsheimer Bürgermeister präsentiert sich als erfolgreicher Bauarbeiter

Nachdem am Morgen bereits die Kinder das Ringsheimer Rathaus gestürmt hatten, hatte sich Bürgermeister Pascal Weber für den Ansturm am Abend mit Bauhelm, Warnweste und Handschuhen bekleidet. So ausstaffiert hob er seine Verdienste als Bürgermeister und Baurarbeiter hervor: den Bau des neuen Bauhofs, die kommende Fertigstellung des Feuerwehrgerätehauses und die Entwicklungen im Europafeld, am Bahnhof und im Gewerbegebiet. Doch auch das konnte die Narrenzunft Rämässer und die Hemdglunker nicht überzeugen.

Eva Obergföll, Oberzunftmeisterin der Ringsheimer Rämässer, erklärte in ihrer Rede am Schmutzigen Donnerstag, dass sie ganz alleine deshalb ein Anrecht auf den Rathausschlüssel habe, weil sie Geburtstag habe. Spontan spielte die Kapelle „Happy Birthday“, worin alle Hemdglunker miteinstimmten. Zusätzlich forderte Obergföll vom Bürgermeister als Geburtstagsgeschenk noch ein Gläschen Sekt – auch das wurde ihr schließlich übergeben. Der Bürgermeister, die Rämässerkönigin, und der Vorsitzender der Ringsheimer Vereine Manfred Weber stießen sogar mit ihr an.

So wünschte Weber den Rämässern schließlich „viel Glück“, mahnte aber: „Am Aschermittwoch will ich den Schlüssel wieder zurück“.

Auch in Orschweier eroberten die Narren erfolgreich den Schlüssel von Bürgermeister und Ortsvorsteher.  Foto: Decoux

Auch in Orschweier kapitulierte der Ortsvorsteher schließlich

„Nicht schon wieder, jedes Jahr ist es das Gleiche!“, stöhnte Orschweiers Ortsvorsteher Bernd Dosch, als in der Dunkelheit aberhunderte Narren und Dutzende Kindern den hinteren Rathauseingang stürmisch belagerten. Das Dorf hat eine lange rebellische Tradition schon seit der 1848/49er-Revolution, als dort in der Nacht abmontierte Bahngleise für eine deutliche Verspätung bei den anrückenden Karlsruher Militärtruppen zum Lörracher Schlachtfeld sorgten. Dieser Tradition machten die Narren am Schmutzigen Donnerstag alle Ehre, als sie vehement närrisch-unbeirrt im Chor forderten: „Schlüssel rus!“. Nachdem sich das neue Hornig-Prinzenpaar Philip und Lisa durch einen eilends gebauten Plastik-Tunnel zum Tür-Ort des Geschehens vorgearbeitet hatte, blieb dem Ortsvorsteher keine Wahl mehr – er kapitulierte erwartungsgemäß. Geschossen wurde nur mit Süßigkeiten, was eine heftige Sammeltätigkeit der begeisterten Kinder zur Folge hatte. Da blieb kein einziger Wurf-Lolli auf dem Boden liegen.