An der Truchtelfinger Schmiechabrücke wird die nördliche Brückenkappe erneut betoniert – der Barrierefreiheit zuliebe. Foto: Kistner

Eigentlich sollte die Sanierung der Truchtelfinger Schmiechabrücke zwischen Rathausplatz und Degerfeldstraße bereits Anfang des Jahres abgeschlossen sein. Es wird aber immer noch gebaut. Warum?

Albstadt-Truchtelfingen - Die Antwort ist nicht unbedingt schmeichelhaft für die Beteiligten: Sie haben die Vorgabe der Barrierefreiheit außer Acht gelassen und zu spät bemerkt, dass die bisherige Konstruktion der Brückenkappen unter veränderten baurechtlichen Voraussetzungen ebenfalls abgewandelt werden musste. Jede Straßenbrücke hat an ihren Seiten sogenannte Brückenkappen, erhöhte Borde aus Beton, die zum einen als Gehsteig und zum anderen als Prellbock für "entgleisende" Fahrzeuge dienen – die Geländer allein wären trotz einzogenem Stahlseil wohl nicht in der Lage, den Absturz in den Bach zu verhüten. Diese Betonkappen sind im Zuge der Truchtelfinger Brückensanierung ebenfalls erneuert worden und dabei höher geraten als die alten: an der Kante 15 Zentimeter hoch – mehr ist nicht zulässig – und zum Geländer hin noch etwas höher, damit das Niederschlagswasser zur Brückenmitte hin abfließen kann. Dass sie so hoch wurden, liegt an den Bauvorschriften: Die Betonauflage auf der Stahlbewehrung im Beton muss mittlerweile über fünf Zentimeter dick sein, damit Wasser und Streusalz nicht ohne weiteres ans Metall herankommen. Je dünner die Schicht, desto kürzer die Lebensdauer der Brücke.

Die neuen Brückenkappen sind aber nicht nur insgesamt höher geworden, sondern auch das Gefälle zwischen der Geländer- und der Straßenseite ist gewachsen, im Falle der nördlichen Kappe auf über sechs Prozent. Offenbar hatte man sich dabei ursprünglich nichts gedacht, aber irgendwann im vergangenen Winter war klar geworden, dass ein solches Quergefälle sich nicht mehr mit dem Grundsatz der Barrierefreiheit vereinbaren ließ. Wer einmal versucht hat, einen Rollstuhl über geneigtes Gelände zu manövrieren, der weiß, wie groß der Seitendrall dabei wird und welche Kraft es erfordert, das widerspenstige Gefährt auf Kurs zu halten. Das Gefälle musste verringert werden; da die Brückenkappe aber straßenseitig nicht höher als 15 Zentimeter werden durfte, blieb nur die Alternative, sie zu verbreitern und neu zu betonieren. Genau das geschieht nun; am Mittwoch waren die Betonbauer vor Ort, um das wangenförmige Kappenprofil um eine Betonnase zu erweitern.

Ohne Rampen geht es nicht

Das ist aber noch nicht alles. Es fehlt noch eine Kleinigkeit: Eine Brückenkappe kann noch so plan sein, der Rolli- oder Rollatorfahrer hat nichts davon, wenn er nur über eine hohe Stufe – sprich: gar nicht – aufs Podest gelangen kann. Rampen müssen her; auch sie waren ursprünglich nicht vorgesehen und müssen jetzt erst noch nachgereicht werden. Die planerische Aufgabe ist durchaus anspruchsvoll, denn an beiden Brückenenden verzweigt sich der Straßenraum, gehen Querstraßen von Degerfeldstraße und Rathausplatz ab. Auf der Nordseite der Brücke soll die Ostrampe parallel zur neu konstruierten Brückennase verlaufen, auf der Südseite werden beide Rampen an der Schmiecha entlang geführt. Die am Westufer dürfte sehr lang werden; im Plan stehen 11,50 Meter; das liegt daran, dass die Waaghausstraße in ihrem Mündungsbereich selbst schon mit gut und gern drei Prozent nach Süden abfällt – und mehr als sechs Prozent für die Rampe sind ja nicht gestattet. Am Ostufer, in der Talgangstraße, sind es "nur" 6,50 Meter.

"Alle sitzen im Boot"

All das kostet Geld – die laufende Ergänzung der nördlichen Brückenkappe schlägt mit gut und gern 100 000 Euro zu Buche; wer am Ende wieviel zahlt, steht laut Angaben von Baubürgermeister Udo Hollauer derzeit noch nicht fest; die Frage, wer den Fehler zu verantworten hat – Auftraggeber, Planer, Ausführende – bedarf noch der Klärung. Im Zweifelsfall, meint Holauer, "sitzen da alle im selben Boot". Die Aufträge für die Rampen müssen erst noch vergeben werden; die Submission steht noch aus, aber im Technischen Rathaus ist man in Zeiten wie diesen auf böse Überraschungen in punkto Kosten gefasst.

Übers Knie gebrochen wird nichts

Hilft nichts – in Anbetracht der Tatsache, dass sich sowohl der Bahnhof als auch ein Seniorenheim in Rufweite befinden, sind die Rampen ein Muss. Wenn es nach Volker Maute vom Amt für Bauen und Service ginge, würde noch in diesem Herbst gebaut. Aber übers Knie brechen mag er auch nichts; wenn das Wetter am Stichtag zu kalt zum Betonieren sein sollte, muss man sich halt gedulden. "Übers Knie gebrochen wird nichts. Ich will, dass es gut wird."