Sabine Schmid (links), Vorsitzende des Förderkreises Kultur im Schloss, konnte am Samstagabend Filmemacherin Julia Ocker im Fürstensaal von Schloss Neuenbürg begrüßen. Foto: Ferenbach

Nach zwei langen Jahren coronabedingter Pause veranstaltete der Förderkreis Kultur im Schloss Neuenbürg wieder seine Reihe "Film im Schloss". Das bereits 2020 ausgesuchte Thema "Über-Leben" erhielt dabei eine ganz aktuelle Brisanz.

Neuenbürg - Es sind die unterschiedlichsten Strategien, die die Protagonisten bei den 19. Filmtagen des Förderkreises Kultur im Schloss entwickeln, um in einer für sie feindlichen Umgebung zu überleben.

Da ist zum einen das widersprüchliche Zusammenwirken von Kollaboration als "inoffizieller Stasimitarbeiter" und gleichzeitigem Aufbegehren gegen die Repressalien des sozialistischen Staates in der einstigen DDR. Nach der Wende macht der Liedermacher und Tagebau-Baggerführer Gundermann in der gleichnamigen Regiearbeit von Andreas Dresen den Verrat an seiner Familie und seinen Freunden, aber vor allem an sich selbst, öffentlich, was ihm seine Existenz als Leiter der Band "Die Seilschaft" sichert.

Kreative Ameise

Die kreative Ameise von Filmemacherin Julia Ocker entdeckt auf spielerische Art und Weise im täglichen Drill der Arbeitskolonnen neue Wege der Zusammenarbeit, um darin nicht unterzugehen. Eine schwarze Arzt-Familie aus dem Kongo, die es in ein abgelegenes Dorf in der französischen Picardie verschlägt, behauptet sich in dem Film "Ein Dorf sieht schwarz" am Ende mit ihrer Standhaftigkeit, ihrem Mut und ihrem unerschütterlichen Glauben an das Gute im Menschen gegen Rassismus und Ausgrenzung. Schließlich ist es in "Angels‘ share", das am Sonntagabend gezeigt wurde, der Whisky, der jungen Leuten in ihrer prekären sozialen Situation in Schottland zum Überleben verhilft.

Aktuelle Brisanz

Nach zweijähriger, coronabedingter Pause hat der Förderkreis Kultur im Schloss am vergangenen Wochenende seine langjährige Veranstaltungsreihe "Film im Schloss" wieder aufgenommen. Und wer hätte gedacht, dass das bereits für 2020 ausgesuchte (und dann zwangsläufig verschobene) Thema "Über-Leben" zum jetzigen Zeitpunkt eine solch aktuelle Brisanz bekommen würde. Die Bedeutung von "Über-Leben" im Zusammenhang mit Coronapandemie und Ukraine-Krieg betonte auch die Vereinsvorsitzende Sabine Schmid bei der Begrüßung der Gäste im Fürstensaal von Schloss Neuenbürg. "Da passt das Thema sehr gut und ist aktueller denn je, was bei den Planungen im Januar noch niemand vorhersehen konnte", so Schmid.

Schriftführerin Sigune Kröger führte in den Film "Gundermann" aus dem Jahr 2018 ein, der zum Auftakt der Filmtage am Freitag gezeigt wurde und einen biografisch geprägten Blick auf das Leben in der DDR in den 1970er- und 1980er-Jahren wirft.

Grimme-Preisträgerin in Neuenbürg

Die in Neuenbürg aufgewachsene Animationsfilmerin Julia Ocker präsentierte am Samstagabend die "Ameisen"-Folge aus der von ihr entwickelten und 2019 mit dem Grimmepreis ausgezeichneten "KiKa"-Zeichentrickserie "Animanimals" für Kinder im Vorschulalter. Auf die Fragen aus den Zuschauerreihen antwortete die 39-Jährige mit Hinweisen zur Entwicklung von Idee, Drehbuch und Figuren sowie deren Umsetzung in "Key posen" (Schlüsselposen) sowie Einstellungen und Aussagen der Szenen, die dann vom Layouter und Sounddesigner im Stuttgarter Produktionsstudio entsprechend ausgeführt werden. Aktuell arbeitet Ocker bereits an der zweiten Staffel mit nochmals 26 Folgen zu jeweils einem neuen Tier und sei dadurch "gut ausgelastet". Denn trotz Unterstützung durch Computerprogramme sei auch noch viel Handarbeit erforderlich, meinte die in Stuttgart lebende Autorin und Designerin.

Mit einem Auszug aus dem Rap-Song zur französischen Filmkomödie "Ein Dorf sieht schwarz" von Julien Rambaldi ließ Wolfgang Bürger den Sohn Kamini des darin vorkommenden Arztes Seyolo Zantoko zu Wort kommen, der in dem "gottverlassenen Dorf" Marly Gomont eine Landarztpraxis eröffnen möchte. Für den damals noch schulpflichtigen Sprössling einer dunkelhäutigen Familie aus Zaire ein "Alptraum".

Whisky als "Sundowner"

Den Abschluss der dreitägigen Filmtage bildete am Sonntagabend "Angels‘ share" (Schluck der Engel), eine Tragikomödie des britischen Regisseurs Ken Loach aus dem Jahr 2012, die den Begriff aus dem Whisky-Jargon wörtlich nimmt. Dazu wurde den Gästen als "Sundowner" auch ein Schluck des hochprozentigen alkoholischen Getränkes angeboten.

Zudem gab es wie bereits an den Abenden zuvor Eis am Stiel aus dem Bauchladen von Wolfgang Bürger. Die anwesenden Vereinsmitglieder, allen voran Vorsitzende Sabine Schmid und Kassierer und Filmvorführer Hermann Kissler, zeigten sich am Ende zufrieden mit Verlauf und Besucherzahlen.