Zu zwei Prügelattacken ist es an dem verhängnisvollen Sonntag im Februar bekommen: vor dem Hotel Adler und in der Schenkenzeller Straße. Foto: Sum

Wegen gefährlicher Körperverletzung stehen aktuell drei junge Männer in öffentlicher Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Rottweil.

Schiltach/Rottweil - Die Taten hatten sich am helllichten Tag ereignet. Am letzten Sonntag im Februar 2021. Sie sorgten für erhebliches Aufsehen bei Spaziergängern und Passanten, die das Geschehen zufällig beobachteten und zum Teil als Zeugen vors Amtsgericht geladen waren.

"Schlägertrupp in Schiltach – Junge Männer attackieren mehrere Menschen", überschrieb unsere Zeitung am 1. März den Polizeibericht dazu. Tatorte waren ein Haus in der Schenkenzeller Straße und beim Hotel Adler in der Hauptstraße. Nun fand der erste Verhandlungstag in dieser Sache statt. Wegen des Alters der aus Freudenstadt und Umgebung stammenden Beschuldigten war eine "Jugendschöffensitzung" angesetzt: Amtsgerichtsdirektorin Petra Wagner führte die Verhandlung als Vorsitzende zusammen mit zwei Jugendschöffen.

Drei Angeklagte, drei Verteidiger

Der Angeklagte A. wurde von Rechtsanwalt Lars Willems, der Angeklagte B. von Rechtsanwalt Peter Würthner und der Angeklagte C. von Rechtsanwalt Claus Unger verteidigt. Die Staatsanwältin verlas die umfangreiche Anklage. Wer sie nicht schriftlich vor sich liegen hatte wie die Anwälte, hatte Mühe, ihrem Tempo inhaltlich zu folgen. Dem Trio warf die Staatsanwältin nicht nur schwere Körperverletzung vor: C. wurden auch weitere Straftaten zur Last gelegt.

Teil I: Der Vorabend

Ab 9 Uhr morgens bis zum frühen Abend versuchte Amtsgerichtsdirektorin Wagner in teils langwierigen und mühsamen Befragungen der Angeklagten und Zeugen herauszufinden, was an jenem Sonntag beweisbar geschehen ist. Das "Kerngeschehen" lässt sich demnach vorläufig so zusammenfassen: In der Samstagnacht vor den Taten ereignete sich Teil I des Dramas: Beim Gedenkkreuz auf dem Schlossberg in Schiltach wurde gefeiert. Aus irgendeinem Grund gerieten C. und der geschädigte D. aneinander. Es kam zu Tätlichkeiten. Der Angeklagte C. verlor dabei einen Zahn – ob durch einen Sturz oder einen Schlag blieb offen.

Teil II: Das erste Opfer in der Schenkenzeller Straße

Teil II folgte am Sonntag in der Schenkenzeller Straße. Dem Angeklagten B. wurde vorgeworfen, den geschädigten E. mithilfe des Angeklagten C. vor seine Haustür gelockt und dann mit einer Eisenstange auf den Kopf und den Rücken geschlagen zu haben, bevor dieser wieder in seine Wohnung flüchten konnte. Als Grund gibt Angeklagter B. an, E. hätte ihn nachts mit Internetnachrichten beleidigt – was E. bei seiner späteren Befragung einräumen wird. Außerdem sei E. bedrohlich auf ihn zugegangen. Es Freundin und ein weiterer Zeuge werden dagegen bei ihrer Befragung sagen, B. habe sich neben dem Eingang versteckt und überraschend sofort zugeschlagen.

Teil III: Der Angriff vor dem "Adler"

Danach zogen die Angeklagten A., B. und C. weiter zum Hotel Adler in die Hauptstraße, wo D. gerade mit seinem Vaters mit einem Wohnungsumzug beschäftigt war. Teil III des Dramas nahm seinen Lauf: Die drei wurden beschuldigt, D. und seinen Vater angegriffen und schon vor deren Eintreffen einen Briefkasten demoliert zu haben. D. soll durch das offene Autofenster geschlagen (als Waffe stehen Faust oder Stein im Raum), herausgezerrt und in eine Ecke geschleift worden sein. Es folgte eine Schlägerei, der Vater kam seinem Sohn zu Hilfe, wurde ebenfalls geschlagen, ging zu Boden, rappelte sich auf, rettete sich hinter sein Auto und filmte mit dem Handy die weiter laufende Auseinandersetzung. Ein Stein, eine helle Metallstange und ein Hammer sollen bei der Schlägerei zum Einsatz gekommen sein, ein Blumentopf wurde geworfen.

Spaziergänger beobachten Szenerie

Ein junger Mann und seine Freundin kamen auf ihrem Sonntagsspaziergang zufällig vorbei und riefen die Polizei. "Ich sah Personen mit Hammer, Metallstange und Absperrstange (vom Hotel), alle gegen einen, der ein zerrissenes T-Shirt anhatte", erzählte er. Wer was in der Hand hatte, konnte der Zeuge nicht mehr genau sagen.

Eine weiterer Zeuge mit von Berufs wegen geschultem Blick berichtete von seinen Beobachtungen: Der Polizeibeamte aus Villingen – in Zivil und nicht im Dienst – machte mit seiner Freundin ebenfalls einen Spaziergang in Schiltach. In der Bahnhofstraße fielen ihm die drei auf ihrem Weg in Richtung Hauptstraße auf: Einer (C.) habe einen Stein aus dem Gleisbett aufgenommen (und auch später nicht mehr weggeworfen), ein anderer (A.) habe eine Metallstange dabei gehabt. Als er am nächsten Tag von den Vorfällen erfuhr, habe der Zeuge seine Beobachtungen zu Protokoll gegeben und die drei eindeutig identifiziert.

Fragen zu den Formulierungen

Weil die drei Beschuldigten in einigen Fällen bestritten, die in den Vernehmungsprotokollen stehenden Aussagen genau so gemacht zu haben, wollte Richterin Wagner vom zuständigen Beamten des Polizeireviers Schramberg wissen, wie die Formulierungen zustande gekommen seien: Die Antworten seien so, wie sie gesagt wurden. Allerdings seien die Sätze vom Vernehmer ausgeformt worden. Die drei hätten die Protokolle nicht mehr gegenlesen wollen.

Inzwischen war die Zeit am Sitzungstag fortgeschritten, noch immer warteten Zeugen vor dem Sitzungssaal. Mit Zustimmung der Verteidigung beschloss die Richterin, das Verfahren gegen A. und B. für diesen Verhandlungstag abzutrennen: Die beiden und ihre Anwälte konnten den Saal verlassen. Danach ging es um die älteren Anklagen gegen C. Dieser soll in einem Zigarettenautomaten eine vergessene EC-Karte gefunden und damit auf Einkaufstour gegangen sein. Außerdem ging es um zwei weitere Schlägereien, in die er ohne die beiden anderen verwickelt gewesen sei. Die eine lag schon so lange zurück, dass das Verfahren dazu einvernehmlich mit der Staatsanwältin eingestellt wurde.

Beim Fortsetzungstermin am kommenden Donnerstag geht es dann wieder um die Taten des Februarsonntags, für die sich alle drei Angeklagte verantworten müssen.