Schon während der Vorbereitungen, aber auch auf der Fahrt treffen die Flößer immer wieder auf große Frachtschiffe. Foto: Flößer

Aus einer Vision wird Realität: Die Schiltacher Flößer rund um Floßmeister Thomas Kipp haben auf dem Rhein kürzlich eine Floßfahrt unternommen – zur Probe. Das eigentliche Ziel wird wahrscheinlich im Sommer in Angriff genommen.

Schiltach - Einmal mit einem Floß auf dem großen "Heimatfluss" Rhein unterwegs sein – diese Vision hatte Kipp schon länger. "Anlässlich des 60. Geburtstags meiner Schwester Edeltraud in Köln 2016 machte ich nach einer Schifffahrt auf dem Rhein aus einer Laune heraus die Aussage: ›Irgendwann komme ich dich mit dem Floß in Köln besuchen‹", schildert der Floßmeister in seinem Bericht.

Damit war das Projekt geboren – doch der Weg bis zur Realisierung war noch lang. Anfang 2020 nahm Kipp Kontakt mit dem Schifffahrtsamt auf und erhielt einige Zeit später die Genehmigung für eine kleine Floßfahrt auf dem Restrhein zwischen Bad Bellingen und Grißheim – ein erster Test. "Bald war klar, dass für eine Floßfahrt auf dem Rhein, der zu den am stärksten befahrenen Wasserstraßen Europas gehört, eine gutachterliche Prüfung des Floßes und eine Probefahrt auf dem Rhein erforderlich wird", so Kipp.

Habseligkeiten werden in Floßhütte untergebracht

Daher begann er im Lauf des vergangenen Jahres, das Holz für das "Projektfloß Rhein" zusammenzustellen. Bald gesellten sich auch mehrere Kollegen der Schiltacher Flößer dazu und es entstand die Arbeitsgruppe Rhein-Donau. Zur Unterbringung aller Habseligkeiten auf dem Floß wurde eine stabile Floßhütte nach historischen Vorgaben gebaut. Am Heck wurde eine Vorrichtung für zwei Hilfsantriebe errichtet. "Diese sind notwendig, um auf dem Rhein sicher manövrieren zu können. Ein vereidigter Sachverständiger und Bootsbauer vom Bodensee inspizierte das Floß Ende April in meiner Werkstatt. Sein Gutachten wurde vom Schifffahrtsamt anerkannt und so konnte die Probefahrt organisiert werden", schildert Kipp den weiteren Ablauf.

Ein idealer Startplatz habe sich beim alten Floßhafen in Steinmauern gefunden (Kreis Rastatt). Dort wurde in früheren Zeiten das Floßholz aus der Murg, und das Holz aus dem Kinzigtal zu kleineren Rheinflößen zusammengebaut. Früh morgens, an einem Dienstag, wurden alle Hölzer und die Floßhütte zur Rheinrampe in Steinmauern transportiert und zu einem Floß zusammengebaut. "Die Anteilnahme des dortigen Flößervereins und der Bevölkerung war erstaunlich groß. Im strömenden Regen wurden wir mit Kaffee und Kuchen versorgt", erzählt der engagierte Schiltacher Flößer.

Vor der eigentlichen Floßfahrt führte ein Sachverständiger einen Krängungsversuch durch. Dabei wird die Lage des Systemschwerpunkts eines Schiffes auf praktischem Weg ermittelt. "Auch dieser Versuch war positiv", so Kipp.

Am Tag darauf war es dann soweit: Die Probefahrt konnte beginnen – überwacht durch die Wasserschutzpolizei und in steter Begleitung eines Peilschiffes des WSA (Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt). "Der Rhein hatte ordentlich Wasser und eine Fließgeschwindigkeit von etwa zwölf Kilometer pro Stunde", sagt Kipp. "Zur Probefahrt gehörten auch einige Manöver, um die Fahrtauglichkeit unseres Floßes und der Steuermänner unter Beweis zu stellen. So haben wir in voller Strömung das Floß um 180 Grad gedreht, sind rückwärts gefahren, dann wieder um 180 Grad gedreht, um in die Normalposition zu kommen. Auch das Fahren gegen die Strömung wurde – mit Einsatz der Hilfsmotoren –erfolgreich unter Beweis gestellt", freut er sich.

Einfahrt in schmalen Pionierhafen

Auf der etwa 20 Kilometer langen Strecke begegneten die Schiltacher Flößer zahlreichen großen Frachtschiffen – ein Schiff hatte es wohl besonders eilig und überholte die Flößer sogar. "Die schmale Einfahrt in den Pionierhafen von Karlsruhe-Maxau war eine besondere Herausforderung. Mit dem Bug gegen die Strömung konnte auch dieses Manöver, der Einfahrt in den Hafen, sicher gemeistert werden", ist Kipp stolz. Per Funk ließ die WSA die Flößer wissen, dass ihre Manöver "bestens gelungen" seien. "Für uns eine große Erleichterung, standen wir doch in besonderem Fokus der Behördenvertreter", meint Kipp.

Diese Fahrt auf dem Rhein, mit 16 gebundenen Fichtenstämmen, war möglicherweise seit der aktiven Flößerzeit wieder die erste dieser Art nach vielen Jahrzehnten, vermutet er. Kipp bedankt sich bei seinen Mitstreitern "für die Arbeit, den Mut und das Vertrauen in das Projekt". Die Vision und der Teamgeist lebten weiter.

Und: "Nach dieser erfolgreichen Probefahrt können wir das eigentliche Ziel in Angriff nehmen: Einen Holztransport mit 14 gebundenen Fichtenstämmen von Steinmauern bis in den Hafen von Hitdorf, einem Stadtteil von Leverkusen, wo auch früher Floßholz über den Rhein vom Frankenwald aus dem Schwarzwald im Sägewerk von Peter Freiburg verarbeitet wurde", haben die Flößer Großes vor. Wenn alles klappt, findet die Fahrt noch diesen Sommer statt.

Von Steinmauern bis Hitdorf sind etwa 406 Flusskilometer mit dem Holzfloß zu bewältigen. "Nach Ankunft soll das Holz, entsprechend den alten Holzhandelsgeschäften, im Kölner Raum an ein Sägewerk oder zur sonstigen Verwendung übergeben werden. Ganz nach historischem Vorbild", fasst Kipp die Beweggründe zusammen.