Chiara Harter sitzt an ihrem Lieblingsplatz: vor der Nähmaschine. Dort setzt sie ihre Entwürfe in die Tat um. Foto: Sum Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Chiara Harter macht Leidenschaft teilweise zum Beruf / Turnbeutel und Kosmetiktaschen designt

Was mit einem selbst gemachten Geschenk für die Cousine begann, hat sich zu einer größeren Geschichte entwickelt: Chiara Harter aus Schiltach entwirft und näht Turnbeutel und Taschen – mit zunehmendem Erfolg.

Schiltach. Dass es einmal soweit kommt, war nicht vorherzusehen: "In der Schule habe ich nähen gehasst", gesteht die 21-Jährige lachend. Seither hat sich einiges geändert, im Haus ihrer Eltern hat sie ein eigenes kleines Nähzimmer eingerichtet, dort stapeln sich Stoffrollen, Fotos ihrer Kollektion und fertige Turnbeutel und Taschen.

Angefangen hat alles in Spanien, wo Harter eine Sprachschule besucht. Dort hat eine Klassenkameradin einen Turnbeutel dabei, der der Schiltacherin richtig gut gefällt – und der selbst genäht ist.

Ansporn genug für Harter, sich ohne große Vorkenntnisse an einem Turnbeutel als Geschenk für ihre Cousine zu versuchen. Mit etwas Unterstützung ihrer Mutter klappt das. Auch wenn "drei bis vier Versuche nötig" sind, wie sie grinsend zugibt. Das war im Sommer 2016. Weihnachten 2017 gibt’s einen neuen Turnbeutel und die Erfolgsgeschichte nimmt ihren Lauf.

"Meine Cousine tanzt in der Showtanzgruppe ›Impression‹. Dort hat sie ihren Turnbeutel immer im Training dabei", erzählt Harter. Der kommt bei den anderen Mädels so gut an, dass sie bei ihr anfragen, ob sie nicht "Impression"-Turnbeutel im passenden schwarz-pinken Design nähen könne. "Für mich war klar: Wenn ich jetzt zehn Turnbeutel nähe, dann will ich ein eigenes Label haben": "Kickibeutel" – benannt nach Chiaras Spitznamen – ist geboren.

Sie postet ein Foto der Showtanzgruppe und den Turnbeuteln im sozialen Netzwerk Instagram – und dann "wird es ein richtiger Selbstläufer". Viele Menschen sprechen und schreiben sie an und wollen ebenfalls einen Turnbeutel haben. Bis heute kommt ein Großteil ihrer Kunden aus Harters Bekanntenkreis, vermehrt erhält sie aber auch Anfragen von Leuten, die ihre Produkte online entdecken. "Das ist schon Wahnsinn, was Instagram da möglich macht", sagt sie.

Doch bis hierhin ist es ein langer Weg: Nach der Schule beginnt sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau, merkt aber schnell, dass das nicht ihr Ding ist. Dann probiert sie viel aus, macht diverse Praktika – etwa im Krankenhaus und bei der Stadtverwaltung. Schließlich landet sie bei einem Start-Up-Unternehmen in Freiburg und absolviert dort ihre Ausbildung zur Bürokauffrau.

Sie lässt sich vom Gründergeist, der dort herrscht, offensichtlich anstecken: "Ich weiß nicht, ob ich mich das sonst trauen würde", sagt sie im Blick auf "Kickibeutel". Immerhin hat sie ihre Arbeitszeit reduziert, arbeitet seit Sommer nur noch drei Tage die Woche im Büro und widmet sich den Rest der Zeit ihrem Label.

Was sie besonders freut: Immer mehr Gruppen und Vereine nehmen sich an "Impression" ein Beispiel und wollen personalisierte Beutel. So hat sie schon Turnbeutel für einen Sportverein aus der Umgebung genäht, inklusive Vereinsfarben und -logo. Und der nächste Auftrag ist bereits in Arbeit: Die Schenkenzeller Kobalthexen dürften an Fasnet ebenfalls mit blauen "Kickibeuteln" anzutreffen sein. "Es ist schon cool, wenn man Leute mit den eigenen Sachen rumlaufen sieht", schwingt Stolz in Harters Stimme mit.

Inzwischen hat sie an ihren Turnbeuteln solange optimiert und rumprobiert, dass sie völlig zufrieden ist. Derzeit ist sie in Gesprächen mit einer Näherei, in der die Turnbeutel künftig hergestellt werden könnten. "Dann habe ich wieder mehr Zeit für neue Produkte", sagt sie – die Ideenliste nämlich ist lang. Sie arbeitet viel mit Kork, gewebtem Kunstleder und Glitzer. "Turnbeutel gibt es ja an jeder Ecke, da muss ich mich von der breiten Masse abheben", erklärt sie.

Vor Kurzem hat Harter ihre eigene Homepage aufgebaut und mit einer Bekannten Visitenkarten entworfen. Chiara Harter sprüht vor Tatendrang, verliert aber ihren Realitätssinn nicht. Sie will sich etwas Zeit lassen, schauen, wie sich alles entwickelt und dann entscheiden: "Macht es so viel Sinn, dass ich es richtig aufziehe oder bleibt die Näherei doch nur ein schönes Hobby?"

Weitere Informationen: www.kickibeutel.de