Paul Armbruster setzt sich dafür ein, dass die Familie mit vier Töchtern weiter in Deutschland bleiben darf. Foto: Schmidtke Foto: Schwarzwälder-Bote

Bürgerengagement: Aktion für Familie Idrizi geht weiter / Listen liegen im "Kreisel" aus

Vor zweieinhalb Jahren floh die Familie aus dem Kosovo. Paul Armbruster, Familienpate für die sechs Menschen, beschreibt die Fluchtursachen und bangt darum, dass sich möglichst viele Leute an der Unterschriftenaktion beteiligen.

Schiltach. Nicht nur für Paul Armbruster ist die Familie Idrizi eine Herzenssache. Die Unterschriftenaktion, gestartet beim Friedenskonzert, soll sich weiterhin füllen. Viele Menschen aus der Region wollen damit aktiv ein Zeichen der Humanität setzen, indem verhindert werden soll, dass die Schwestern Adelina, Vahdete, Blertina und Blerina – zwischen fünf und 14 Jahre alt – mit ihren Eltern Hava und Bekim abgeschoben werden.

"Seit etwa einem Jahr betreue ich diese Familie. Sie floh im März 2015 nach Deutschland. Nicht nur, dass sie schon durch den Krieg mit den Serben viel zu leiden hatte, so ging der Horror danach weiter. Bekim hatte in seiner Heimat als Hausmeister in einer Moschee gearbeitet. Im Winter 2014/15 kamen Leute des so genannten IS in den Ort und forderten Bekim auf, für sie in den Krieg nach Syrien zu gehen", schreibt Armbruster. Die IS-Leute seien massiver geworden und drohten dem Vater schließlich mit dem Tod, als er ihrer Aufforderung nicht nachkam. Um ihrem Willen noch mehr Nachdruck zu verleihen, zündeten sie den Idrizis das Haus an. Nach weiteren Gewaltandrohungen entschlossen sich die Eltern mit den Kindern zu Flucht. "Im Märchen der Bremer Stadtmusikanten der Gebrüder Grimm steht der Satz: ›Etwas besseres als den Tod finden wir überall‹". Genau so habe es sich für die Familie angefühlt. Doch selbst die Flucht wurde traumatisierend.

Nach Wochen kamen die völlig verängstigten Menschen in München an. Nach dem Aufenthalt in der Landeserstaufnahme, wurden sie in Schiltach untergebracht. Bekim (42) fand Arbeit. Die Familie ist daher frei von sozialer Unterstützung. Anspruch auf Kindergeld haben sie nicht. Die Kinder sprechen fast fließend Deutsch. Hava (36), die Mutter, besucht den Deutschkurs in Schiltach, eine Arbeitserlaubnis bekam sie bislang nicht.

Selbst in Deutschland hat die Familie Angst, vom IS entdeckt zu werden. Vor allem Hava leidet unter massiven Traumatisierungen. So bildet sie sich Krankheiten ein, leidet immer wieder unter Herzrasen. Nachts findet sie keinen Schlaf oder wird von Albträumen geplagt.

Vor allem die beiden älteren Mädchen, Blertina und Blerina, erlebten die Ereignisse in der Heimat bewusst. "...es liegt noch immer ein Schleier der Trauer in den Augen der Mädchen", sagt "Opa Paul". In der Schule schreiben die Mädchen gute Noten, und sie sind auch durch das Singen im Chor in Schiltach integriert.

"Man stelle sich vor, diese Menschen müssten wieder in das Land zurück, in dem sie all die Schrecken erlebt haben. Der IS ist dort nach wie vor aktiv", sagt Armbruster. Offenbar fragen die IS-Leute regelmäßig in der früheren Nachbarschaft in Poduyeva, wann die Idrizis wieder aus Deutschland zurückkämen, berichtete Hava mit zitternder Stimme und unter Tränen. Der 81-jährige Armbruster betont: "Die Familie hat nach dem Hausbrand keine Bleibe mehr, geschweige denn eine Arbeit und ihr Leben wird bedroht. Was soll aus den Kindern werden? Das ist mehr als ein Härtefall. Eine Abschiebung wäre eine Katastrophe."

Die Unterschriftenaktion soll dazu beitragen, dass Familie Idrizi in Deutschland bleiben darf. Die Listen liegen seither im "Kreisel" (ehemals Buchhandlung Homberg) bereit. "Freiwillige dürfen gerne Listen mitnehmen, um in ihrem Umfeld Unterschriften zu sammeln", so Annette Wolber von der Flüchtlingshilfe Schiltach-Schenkenzell.

Der Kreisel hat montags, dienstags, donnerstags und freitags von 16 bis 18 Uhr sowie samstags von 10 bis 12 Uhr geöffnet.