Fotos: Urbat/Borchert/Marcinwoski Foto: Schwarzwälder Bote

Sounddesigner Jonas Urbat ist mit seinem Start-up auf der Suche nach klingenden Geschichten

Klänge aufnehmen, zu Musik verarbeiten und Videos produzieren, in denen der Ort, also die Klangherkunft, vorgestellt wird – das ist das Konzept von "Soundwerk", dem Start-up des Schiltachers Jonas Urbat.

Schiltach. Das Unternehmen besteht seit 2014 und ist beim diesjährigen Wettbewerb "Kultur- und Kreativpiloten Deutschland", einer Auszeichnung der Bundesregierung für Start-ups aus der Kultur- und Kreativszene, unter die Finalisten gekommen.

Das erste "Soundscape" (Klanglandschaft) habe Urbat in der Firma Kunststofftechnik Buzzi in Schiltaach aufgenommen. Mit seinem Partner Felix Nagl habe er mit einem Aufnahmegerät die Geräuschkulisse der Firma eingefangen. Beim Anhören des Materials haben die Musiker festgestellt, dass jede Abteilung einen individuellen Klang habe, was sie an die vier Sätze einer Komposition erinnerte, erklärt Urbat. "Samples" wie das Klackern oder Stanzen von Maschinen ergänzten ihre Aufnahmen.

Beim Tonmaterial achteten sie auf die Rhythmen und Tonhöhen, die zu erkennen waren und bauten Beats und Harmonien. In der Firma sei dann "ein Konzert für die Menschen, die die Geräusche gestaltet haben" aufgeführt worden. "Die schönste Rückmeldung war, dass die Mitarbeiter am Tag danach in die Firma kamen und sie nicht mehr Geräusche und Lärm gehört, sondern Musik wahrgenommen haben", erzählt Urbat.

Über die Teilnahme am Förderprogramm "Concerto 21", das sich mit neuen Aufführungsformaten klassischer Musik beschäftigt, habe Urbat den Intendant der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern, Markus Fein, kennengelernt, der mit dem Programm "Unerhörte Orte" Konzerte an ungewöhnlichen Orten wie einer Eisengießerei abhalte. "Da kam mir die Idee, dass man doch die Klänge aus der Eisengießerei für das Konzert verwenden könnte", so Urbat.

Jeder Ort biete einen Ausgangspunkt für Musik und in Kombination mit Filmaufnahmen, die zeigen wo die Klänge herkommen, könne damit sowohl ein Konzert gegeben, ein Imagevideo konzipiert oder ein Rave, also eine Party mit tanzbaren Beats, veranstaltet werden. Ziel seiner Arbeit sei es, die Orte zu erfassen und herauszufinden, wie man dessen Geschichte mit den Klängen ausdrücken kann.

Im Fall der Eisengießerei in Torgelow habe er ein Live-Konzert in der Fabrik selbst veranstaltet. Dort seien Aufnahmen aus der Produktion mit den elektronisch verarbeiteten Sounds abgespielt und gemeinsam mit Livemusik von "Elbtonal Percussions" aufgeführt worden. Für 2020 habe er eine Anfrage für Soundscapes eines Stahlwerks in erneuter Kooperation mit den Festspielen in Mecklenburg-Vorpommern bekommen. Die Orte müssten jedoch keine Fabriken sein, so Urbat.

Man könne sich auch die Frage stellen: Wie klingt eigentlich Schiltach? Solche Aufnahmen mit Klängen aus der Umwelt nenne man Field Recordings. Seine Projekte organisiere er einzeln, das heißt er habe keine festen Angestellten. Sobald ein Auftrag besteht, suche er nach einem Videografen und Musikern. "Ich muss schauen, wie groß das Ganze werden kann. Steckt das Potenzial darin, ein eigenständiges Unternehmen zu werden oder bleibt es ein Projekt von mir als Künstler", erläutert Urbat.

Künstler und Unternehmer

Wie man als Künstler gleichzeitig Unternehmer sein kann, ist auch Thema der Workshops, an denen die Gewinner des Wettbewerbs teilnehmen. Auf die Ausschreibung sei er im Internet aufmerksam geworden. Mit einer schriftlichen Bewerbung in einem Online-Portal begann der Prozess, danach wurde ein Teil der Bewerber zu einem Auswahlgespräch eingeladen,das in seinem Fall in Stuttgart stattgefunden habe.

Drei Jurys mit jeweils drei Mitgliedern haben halbstündige Gespräche mit den Teilnehmern geführt. "Es war kein typischer Bewerbungsprozess, sondern mehr ein Kennenlernen. Man konnte konkrete Fragen stellen und hat Tipps bekommen", beschreibt Urbat. Alle Gewinner seien zu einem Workshop nach Berlin eingeladen worden. Dort lernten sie unter anderem, wie man Social Media für sein Unternehmen nutzen kann.

Wie kann ich meine Identität als Künstler behalten und als Unternehmer ernst genommen werden? Auch Fragen dieser Art seien in Gruppen diskutiert worden. Nun folgt ein Einzelcoaching, wo individuelle Fragen geklärt werden. "Ich muss schauen welche Ziele ich verfolgen will, und die Mentoren helfen dabei herauszufinden, welche Schritte dafür notwendig sind", erzählt Urbat. Am 12. November findet die Preisübergabe statt, bei der die Gewinner ihre Projekte auch ausstellen.