Frau Bürgermeister (Martina Baumgartner) übersieht süffisant, dass ihr Gemahl (Klaus Grimm) ohne Hemd dasteht. Foto: Ziechaus Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Theaterstadtführung beleuchtet unterhaltsam historische Hintergründe / Wechselnde Szenen

Eintauchen in vergangene Zeiten und in die Geschichte der Stadt Schiltach: Das gelingt besonders authentisch bei einer Theaterstadtführung mit wechselnden Schauplätzen und Szenarien.

Schiltach. Von der Frau Bürgermeister (alias Martina Baumgartner) vor dem Rathaus höchstpersönlich begrüßt wurden die Gäste zur historischen Stadtführung. Während die ehrsame Bürgermeistergattin im pietistischen Schiltach zum Ende des 19. Jahrhunderts korrekt in Schwarz mit Häubchen gekleidet war, fehlte ihrem Gatten (alias Klaus Grimm) ein frisch gebügeltes weißes Hemd. Anstatt ihrer ehelichen Pflichten im Haushalt nachzukommen, schwebte Frau Bürgermeister auf den Wolken der neuen Zeit, die sich mit der Ankunft der ersten Eisenbahn im Städtle ankündigte. Dabei hatte der Bürgermeister und Schiffer gerade den Abgang des letzten Floßes im Jahr 1894 erleben müssen, mit dem "für Schiltach eine Ära zu Ende geht". Mit dem Holzverkauf hatte er als Kaufmann lange Jahre gutes Geld verdient und sah nun sein Geschäft den Bach hinab gehen.

Statt darüber zu jammern solle er als Bürgermeister mit seinen Bürgern die Ankunft der ersten Eisenbahn in der Stadt feiern, steckte Maria Magdalena ihrem Adolf Christoph Trautwein die von ihr vorbereitete Rede vor dem Gang zum großen Bahnhof zu.

Durch den unterirdischen Geheimgang vom Rathaus unter der Schenkenzeller Straße hindurch zu einem Keller gelangten die Besucher zum Ort der nächsten Szene. Gerade war Schiltach im Jahr 1590 zum dritten Mal abgebrannt, klagte eine verzweifelte Mutter den Verlust ihrer Wohnung mit der gesamten Habe. Da tröstete auch nicht ihr Gebet – im Gegenteil, es warf die Frage auf, wer die Schuld am dritten Stadtbrand nach 1510 und 1533 trägt. In dämonischen Zeiten konnte das nur der Beelzebub sein, den der Pfarrer aus allen Ritzen riechen konnte und damit wieder einmal die Erlösung von allen Übeln im Jenseits verkündete.

Wie schnell im 18. Jahrhundert viele Räuber, Diebe und sogar einfache Gauner ins Jenseits befördert wurden, zeigten die Magd und der weiße Bettelbub in einer dritten Spielszene an der Schenkenzeller Straße. Um 1773 wimmelte es um Schiltach nicht nur von Grenzen, sondern auch von mancherlei Gesindel und Vaganten, die der Sprung über dieselben vor Kerker, oft vor dem Strick bewahrte. Doch irgendwann war mancher Gauner nicht mehr schnell genug und ging seinen vielen Häschern ins Netz, was auch in Schiltach oft das Ende am Galgen bedeutete. So war der weiße Bettelbub auf das Verständnis und die "fetten Unterröcke" mit gut gefüllten aufgenähten Taschen einer Schiltacher Magd angewiesen; zum einen für etwas Essbares und zum anderen für eine Fürsprache, um dem Strick zu entgehen.

Aus vielen Quellen, auch des historischen Vereins, haben Martina Baumgartner und Klaus Grimm ihre Szenen aus der Geschichte von Schiltach entwickelt; sogar ihre der Zeit entsprechende Kleidung wurde nach historischen Bildern angefertigt. Mit ihrem Spiel zeigten sie anschaulich das Leben in der jeweiligen Zeit und vermittelten dabei sehr unterhaltsam historische Hintergründe.

Pro Jahr werden zwischen vier und fünf offene Theaterstadtführungen angeboten. Die letzte für dieses Jahr findet am Sonntag, 29. September, 16 Uhr, statt – und startet wie immer am Marktplatz. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit für Gruppen, eine Theaterstadtführung zum Wunschtermin zu buchen. Weitere Informationen und Buchungen sind über die Touristinfo, Telefon 07836/ 58 50 oder E-Mail touristinfo@schiltach.de, möglich.