Die Nordseite des Hauses Marktplatz 9 mit "s’Schulze Gässle", das an den alten Schultes erinnert. Fotos: Haas Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Letzter Schultheiß in Schiltach war Johann Georg Arnold / Auch als erster Bürgermeister gewählt

Gelegentlich wird in der Gemeindepolitik noch immer vom "Schultes" geredet. Wie heute der Bürgermeister, war früher der "Schultheiß", so die offizielle Bezeichnung, der oberste Verwaltungsträger der Gemeinde – aber mit wichtigen Unterschieden.

Schiltach. Der erste wird bereits 1404 genannt: "Bertold Schmid, Bürger und Schultheiß in Schiltach", der den Hof am Brandsteig und zwei Gütle am Kaibach besaß. Auf solch gut situierte, "ehrbare" Männer stützten sich die württembergischen Landesherren, indem sie ihnen Ämter übertrugen.

Als Schultheißen "hießen" sie den Untertanen "die Schuld", von diesen nicht gewählt, sondern "von oben" über sie gesetzt, oft lebenslang. Ihr Gebaren spiegelt sich in Redensarten: "I glaub’, was der Schultes glaubt" oder auch "S’git nichts rauers, wia an alter Schultes" und "Der hot a Ranze wia a Schultes".

In der langen Reihe der Schiltacher Schultheißen steht als letzter Johann Georg Arnold (1774 bis 1848). Sein Vater Mathias stammte vom Höfenhof, er war Schiffer und "Adler"-Wirt am Marktplatz, er verstarb 1790. Ein Jahr später brannte der "Adler" beim Stadtbrand ab. Die Witwe Catharina Margaretha erbaute ein neues mächtiges Haus, wobei sie ihre Initialen C. M. A. und 1791 über der Haustür anbrachte.

1797 übernahm Johann Georg Arnold die Wirtschaft, ebenso das Schifferrecht. 1808 berief der König von Württemberg ihn ins Schiltacher Schultheißenamt. Nun gab Arnold den Holzhandel und die Wirtschaft auf, ihr Schild lag auf der Bühne, bis es um 1875 an den jetzigen "Adler" in der Hauptstraße kam.

Von Schultheiß Arnold hieß es, dass er "sehr tätig und gewissenhaft" war und "die Ordnung zu erhalten suchte". Besonders achtete er auf diejenigen, "die ernstliche Maßregeln erfordern, um nicht sich selbst und damit noch andere zu ruinieren" – die damalige Armut sollte nicht zum Kommunalproblem werden.

So führte er ein "strammes Regiment", auch aufgrund des "Polizeiamts", das, wie berichtet wird, er "in strenger, unnachsichtiger Weise" ausübte: "Sein Prinzip war Ordnung um jeden Preis."

Auch politisch war er gefordert: 1810 wurde Schiltach von Württemberg abgetrennt und dem Großherzogtum Baden zugeteilt, was eine neue, höchst schwierige Grenzsituation bedeutete. 1817/18 spaltete sich auch noch das Lehengericht ab und bildete eine selbstständige Gemeinde.

Als 1832 in Baden der Bürgermeister und seine Wahl eingeführt wurden, kandidierte Arnold und wurde gewählt. Dazu kamen alle Männer mit Bürgerrecht ins Rathaus, wo sie vortreten und sagen mussten, für wen sie waren. So war die Wahl öffentlich, die Wählerschaft begrenzt – gegenüber der bisherigen obrigkeitlichen Ernennung aber immerhin ein Fortschritt.

Arnold behielt seine "bürokratische" Verwaltung bei, während die Ideen des Liberalismus auch in Schiltach Anhänger fanden. "Namentlich die jüngere Bürgerschaft scheint eine Art Unbequemlichkeit unter seinem Regiment empfunden haben", wie der Lehrer Johann Höflin schrieb.

Bei der Wahl 1845 unterlag Arnold dem Apotheker Philipp Wolber. Noch mit der badischen Verdienstmedaille ausgezeichnet, verstarb er 1848. Gerade als der Sarg in die Erde hinabgelassen wurde, krachte gegenüber am Lehen ein Pistolenschuss, dem ein "kräftiger Jauchzer" folgte. "Es muss der Schütze auch kein Freund des Verstorbenen gewesen sein", so Höflin, der "eine nicht zu entschuldigende Rohheit" empfand. "S’Schulze Gässle" und "s’Schulze Stäpfele" für den Abgang vom Marktplatz erinnerten in Schiltach noch lange an den alten "Schultes".