Interview: BBS-Geschäftsführer spricht über weitere wirtschaftliche Entwicklung des Räderherstellers in der Corona-Krise

Schiltach-Hinterlehengericht. Weil Automobilhersteller, die von BBS mit Erstausstattungsrädern beliefert werden, ihre Werke schließen, hat der Lehengerichter Räderhersteller seine Produktion im Werk Schiltach sowie am Standort Herbolzheim seit Montag ebenfalls heruntergefahren (wir berichteten). Das Werk in Schiltach mit Gießerei und mechanischer Bearbeitung schließt bis einschließlich Montag, 13. April. Am Standort Herbolzheim, wo sich unter anderem die Lackiererei und die Oberflächenveredelung befinden, ruht die Produktion bis einschließlich Donnerstag, 5. April. Wir haben Geschäftsführer Jürgen Klingelmeyer Fragen zur weiteren Entwicklung gestellt.

Herr Klingelmeyer, wie lange werden Sie in Schiltach schließen? Wie sicher ist der Termin 13. April? Ist auch eine Verlängerung möglich? Unter welchen Umständen?

Der Termin für den Wiederanlauf in unserem Werk Schiltach hängt zu 100 Prozent an der Dauer der Produktionsschließungen unserer Hauptkunden aus der Automobilindustrie (Volkswagengruppe, Mercedes). Sobald diese wieder die Produktion aufnehmen, werden auch wir wieder anlaufen.

Wie lange kann der Produktionsstopp bei den Automobilherstellern nach Ihrer Einschätzung noch dauern?

Seriös kann leider niemand den Verlauf der nächsten Wochen vorhersagen. Nach heutiger Einschätzung wird der Stopp mindestens zwei, eher jedoch bis zu vier Wochen andauern. Letztlich sieht man am Beispiel Italien jedoch, dass die Gesamtlage sich jederzeit drastisch ändern kann.

Stehen jetzt Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigungen an?

Wir haben mit dem heutigen Tag bereits Kurzarbeit für unsere beiden Werke Schiltach und Herbolzheim angemeldet. Weitere Überlegungen sind abhängig vom Verlauf der nächsten Wochen und Monate. Unser Fokus liegt im ersten Schritt auf der Bewältigung der aktuell konkreten Herausforderungen.

Für das  Frühjahrsgeschäft im Aftermarket sind Sie noch optimistisch. Wird das so bleiben?

Wie unser Frühjahrsgeschäft im Aftermarket verläuft, können wir wie so vieles nicht seriös vorhersagen. Im Exportbereich sehen wir bereits teilweise wieder einen Anstieg der Bestellungen. Auch im Inland ist der Bestelleingang noch zufriedenstellend. Welche Vertriebskanäle in den kommenden Monaten in welchem Umfang noch zur Verfügung stehen, müssen wir leider abwarten.

Ein große Rezession durch die Corona-Pandemie ist unvermeidlich. Was kommt da auf BBS zu?

Diese Frage müssen sich sehr viele Firmen, nicht nur in Deutschland, zu gegebener Zeit stellen. Als Hersteller von Premiumrädern mit einer sehr starken Marke sehen wir uns auch in einer möglichen Rezession gut gerüstet. Vieles wird davon abhängen, ob die Ankündigungen der Regierung zur Unterstützung der Wirtschaft effizient und schnell umgesetzt werden können. Die Geschwindigkeit der Krise ist so groß, dass Verzögerungen oder Unsicherheiten seitens der Regierung zu großen Verwerfungen führen würden.

Bezogen auf unsere eigene Situation, haben wir im Oktober 2018 einen Rechtsstreit gegen die Bafa (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) bezüglich der Zahlung von EEG-Zuschüssen (EEG: Erneuerbare-Energien-Gesetz) gewonnen. Nachdem die Bafa Berufung eingelegt hat, warten wir seitdem auf einen neuen Gerichtstermin zur Klärung der Situation. Es handelt sich um einen Betrag von mittlerweile über elf Millionen Euro. Anfang des Jahres hat uns das Gericht mitgeteilt, dass wir auch dieses Jahr keinen Termin bekommen werden. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass wir möglicherweise innerhalb von Wochen Staatshilfe zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen beantragen können, aber mehr als zwei Jahre als mittelständisches Unternehmen keinen Gerichtstermin zur Verhandlung einer solchen Summe bekommen können. Das zeigt die Schwierigkeiten, vor denen die handelnden Behörden in der kommenden Zeit stehen, aus meiner Sicht recht gut auf.  Die Fragen stellte Johannes Fritsche.