Regionalkantorin Anna Myasoedova Foto: Anton Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Regionalkantorin Anna Myasoedova bewegt die Zuhörer mit schönen Melodiebögen und gewaltigen Akkorden

Mit einer Orgelmusik zur Passionszeit hat die Regionalkantorin des Kantorats Oberes Kinzigtal, Anna Myasoedova, den Besuchern der geistlichen Abendmusik in der evangelischen Stadtkirche eine Stunde der Besinnung geschenkt.

Schiltach. A uf dem Programm standen barocke Werke von Johann Sebastian Bach und seines französischen Zeitgenossen Louis-Nicolas Clerambault sowie zwei Sätze aus einer romantischen Orgel-Sonate von Gustav A. Merkel und Liedsätze aus Ernst Peppings "Großem Orgelbuch".

Zum Ausklang brachte die Interpretin noch zwei berührende Improvisationen zu Gehör. Wie die Zweite Vorsitzende des Pfarrgemeinderats, Ursula Buzzi, in ihrer Begrüßung erwähnte, waren die chronologisch geordneten Werke als Zeitreise durch die Jahrhunderte bis ins 21. Jahrhundert angelegt.

Im barocken Stil mit Trillerfiguren und reichen Verzierungen erklang die "Suite du Deuxième Ton" von Clerambault in sieben kurzen Sätzen. Festlich mit vollem Orgelklang ertönte die Introduktion. Das Duo war sehr fein registriert, die Stimmenfolge war äußerst transparent. Mit profundem Pedal erklang der Satz "Basse de Bromorne", wohingegen der Satz "Flutes" durch süße Mehrstimmigkeit und eine weiche Tongebung charakterisiert war. Schöne Melodiebögen mit Schleifen und Triller kennzeichneten das "Reci de Nazard". Der Schlusssatz ertönte im Forteklang mit strahlendem Register und triumphalem Gestus.

Mit imposanten Akkorden, aus denen lebendige Figuren sprudelten, begann die Fantasie in G-Moll von Bach. Unerschöpflich war der Melodienreichtum der dahin strömenden Läufe, Auf- und Abstiege. Bei der ruhigen Passage flossen die Sequenzen zu einem Strom zusammen.

Präzise und transparent erklang das Fugenthema. Das Nacheinander der imitatorischen Stimmen brachte einen harmonischen Zusammenklang hervor – wie ein Fluss, der nie zu versiegen scheint. Die Solistin meisterte auch schnelle Passagen mit großer Virtuosität.

Aus Merkels Orgel-Sonate 2 wählte die Interpretin zwei Sätze. Mit seiner Dynamik und Emotionalität war er als romantischer Komponist erkennbar. Die Eröffnung des Satzes "Maestoso" geschah mit wuchtigen Akkorden. Glanzvoll und prächtig strömten daraus feierliche Läufe hervor, die bald in atemlose Stakkati mündeten. Der Klang wurde dichter, dramatischer, das Tempo rasanter. Anders beim Adagio, wo lyrische Läufe in warmem Flötenregister ertönten. Der liedhafte Satz war von Liebreiz und ästhetischer Tongebung und regte zur Besinnlichkeit an.

Mit zartem Registerklang stellte die Solistin die Liedmelodie "Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld" von Ernst Pepping vor. Das Lied wies eine interessante moderne Melodik auf. Mit langsamer Bewegung, doch mit intensiver Klangfülle ertönte der Choral "O wir armen Sünder". Auch hier führte der sakrale Charakter zu Innerlichkeit und Besinnung.

Bei der Passionsfantasie improvisierte die Organistin über Melodiefragmente des Passionslieds "Herzliebster Jesu". Aus verhaltener Tiefe erklang zu Anfang eine düstere Klage. Die Liedfragmente waren von weicher Melodik umgeben. Stufenweise Abstiege, schmerzliche Halbtöne und eine verfremdete Melodie spiegelten die Trauer und Introvertiertheit der Gläubigen. Im Finale verhauchte der Klang sehr zart. Die Introduktion zu EG 98 eröffnete die Interpretin mit triumphalem Forteklang. Bei der Passacaglia schuf die Bassmelodie einen sonoren Grund, über den sich zarte Oberstimmen legten, die sich mehr steigerten an Klang und Rhythmus. Mit Terzen und schöner Mehrstimmigkeit gewann die Melodik eine große Süße und Lieblichkeit. Das Crescendo ging in ein grandioses Finale mit gewaltigen Akkorden und kreisenden Wirbeln über.

Die bewegten Zuhörer spendeten lang anhaltenden Applaus.