Der Kammerchor Kinzigtal begeisterte mit hochqualifizierten Solisten in der Stadtkirche Schiltach auf sehr hohem Niveau. Foto: Anton Foto: Schwarzwälder Bote

Rossini-Messe: Souveräne Tongebung und adäquate Ausdrucksgestaltung bewegt

Ein Opernkomponist als Komponist einer Messe? Der 71-jährige Gioachino Rossini, Schöpfer zahlloser Werke der opera buffa, bat den lieben Gott nach Vollendung seines Opus, bewusst "Petite Messe Solennelle" genannt, um Verzeihung für die "letzte Todsünde" seines Alters.

Schiltach. Dass ihn ausgerechnet diese Messe, von ihm im Gegensatz zu den großen sinfonischen Messen von Bruckner und Liszt bescheiden-ironisch "Petite Messe" genannt, einmal ebenso berühmt machen würde wie seine Opern, das hätte Rossini sich wohl nie träumen lassen.

Von Zeitgenossen wie Beethoven auf das Format des Schöpfers komischer Opern reduziert, glaubte er selbst, seine Kirchenmusik könne niemals in den Rang der "wirklich heiligen Musik" aufsteigen.

Der gute Besuch der beiden Aufführungen durch den Kammerchor Kinzigtal in Haslach und Schiltach war Ausdruck des Danks der Bevölkerung für dieses herrliche Geschenk. Auch die große evangelische Stadtkirche Schiltach war nahezu bis auf den letzten Platz gefüllt.

Unter der Leitung des jungen Dirigenten Manuel Nonnenmann, der aus der von seinem Vater geleiteten Christophorus-Kantorei Altensteig hervorgegangen ist, gelang dem hervorragend vorbereiteten Chor zusammen mit den hochqualifizierten Solisten Helena Bickel (Sopran), Julienne Mbodjé (Alt), Eduard Wagner (Tenor) und Francesc Ortega (Bass) sowie den virtuosen Instrumentalisten Daniel Roos (Piano) und Frederik Kranemann (Harmonium) eine Aufführung auf höchstem Niveau.

Zwei Tasteninstrumente

Dass die Zuhörer, begrüßt von Regionalkantorin Anna Myasoedova, bei diesem original aufgeführten Werk ohne Orgel und Orchester, aber mit zwei Tasteninstrumenten, einmal das besondere Timbre eines Harmoniums genießen konnten, war ein weiteres Plus. Überraschend rhythmisch und bewegt, fast wie eine Miniatur-Ouvertüre, erklang das Instrumentalvorspiel zum Kyrie. Verhalten und flehend setzten die Chorstimmen ein, während die Begleitung ihren bewegten Charakter beibehielt. Eine Steigerung brachte das Crescendo der bittenden Stimmen.

Der hochmotivierte Chor überzeugte durch lupenreine Intonation, hervorragende Dynamik mit Crescendi und Decrescendi sowie große Konzentration auf die präzise Zeichengebung des Dirigenten.

Der Jubel erreichte einen Höhepunkt mit dem Aufruf "Laudamus te" des elitären Quartetts, das aus besonders ausgewählten Gesangssolisten bestand, wie auch die Soli bei "Domine Deus" (Tenor), "Qui tollis" (Duo Sopran/ Alt) und "Quoniam" (Bass) zeigten, die jeder für sich eine außerordentliche Klangschönheit und Stimmgewalt besaßen, mit der sie den ganzen großen Kirchenraum mit ihrem Stimmvolumen erfüllen konnten. Der Lobpreis steigerte sich beim "Gratias agimus tibi" zu einem Jubel ohnegleichen mit volltönender Instrumentalbegleitung. Zart und ausdrucksvoll erklang im Gegensatz dazu das demütige "Miserere nobis".

Bei der lebhaften Klavierbegleitung des "Quoniam" fühlte man sich beinahe an ein Schubert-Lied erinnert. Der frohe Charakter passte sehr gut zur Botschaft des Bass-Solisten: "Du allein bist der Heilige, du allein der Höchste". Die Freude wurde noch mehr hervorgehoben durch den gehüpften Rhythmus, ein klares Bekenntnis und zudem ein herrlicher Hörgenuss. Leichtigkeit und Transparenz zeichnete die federnd vorgetragene Chorfuge "Cum Sancto Spiritu" aus mit ihren grandiosen Harmonien beim Amen und dem Finale mit erneutem "Gloria" als Schlusspunkt.

Großartig war auch die Ausdrucksvielfalt beim Credo. So überwältigte die herrliche Mehrstimmigkeit im Chor und bei den Solisten sowie die wellenartige Dynamik bei den Sequenzen.

Sehr expressiv gestalteten die Solisten die Passage "Et incarnatus est". Harte Klavierakkorde standen für die Hammerschläge beim "Crucifixus". Mit dem Ausdruck ihrer weichen empathischen Stimme machte die Sopransolistin in tiefen und hohen Lagen das "passus et sepultus" tief erlebbar. Ein besonderes, unter die Haut gehendes Hörerlebnis war das Sopransolo bei "O salutaris Hostia", bei dem die Solistin, ganz dem Gesang hingegeben, mit souveräner Tongebung und adäquater Ausdrucksgestaltung die Zuhörer stark bewegte.

Stehende Ovationen

Im Vordergrund des abschließenden "Agnus Dei" stand wieder der bittende Charakter, der beim "Dona nobis pacem" zum Flehen in feinstem Piano wurde.

Das "Miserere" glich einem verzweifelten Ausruf bis zum dramatischen Ausbruch. Am Schluss stand ein farbenreiches, hochdramatisches Zusammenwirken von Chor, Solisten und Tasteninstrumenten. Die bewegten Zuhörer dankten den Interpreten und dem Dirigenten mit minutenlangen stehenden Ovationen.