Kriegserinnerung beim Ramselhof in Hinterlehengericht Foto: Harter Foto: Schwarzwälder Bote

Erster Weltkrieg: Versuche der Bewältigung in Schiltach – Teil 2 / Verein errichtet Denkmal für Gefallene

Schiltach. Der "Reichsbund der Kriegsbeschädigten" kümmerte sich in der Nachkriegszeit um die Versorgung der aktuellen Opfer, der Witwen, Waisen und Verletzten, etwa mit einer Bescherung für 120 Kinder. Von der Nichtbewältigung des Kriegs künden Verzweiflungstaten. Ein 26-jähriger Invalide erschoss sich, "infolge Schwermut, in die er infolge seines Zustandes verfallen war". Auch eine Frau schied freiwillig aus dem Leben: Sie hatte Mann und Sohn verloren, sodass "das Leben ihr wenig Erfreuliches mehr bot".

Bis 1923 kamen drei Schiltacher durch nächtliche Schüsse aus Infanteriegewehren um. Die Goldene Hochzeit von Jakob Bühler, Altgemeindsrechner in Lehengericht, war noch 1924 vom Krieg überschattet: "Er hat ihm zwei hoffnungsvolle Söhne entrissen." Unübersehbar waren die Krüppel, die auf Zuwendung hofften, so der "kriegsblinde Künstler Dr. Hans Ebbecke mit seiner Laute", dessen Konzerte allerorts viele Zuhörer fanden.

Auf der anderen Seite formierten sich wieder die Krieger- und Militärvereine, in Schiltach mit 120 und in Lehengericht mit 130 Mitgliedern. Ihre Ziele waren "Pflege der Kameradschaft und Liebe zum deutschen Vaterlande". Als die beiden Gemeinden "ein Denkmal für unsere gefallenen Helden" nicht zu schaffen vermochten, beschloss der Schiltacher Verein, selber "ein Krieger-Gedenkkreuz" zu errichten, an prominenter Stelle, auf dem Schrofen hoch über der Stadt.

Den Entwurf machte wieder Eduard Trautwein: Ein acht Meter hohes Holzkreuz, das als "Zeichen hinausleuchten sollte in die Täler der Heimat, für die unsere Brüder ihr Leben ließen". Auf dem Sockel stand "Den Helden 1914-18", darunter war das Eiserne Kreuz.

Finanziert wurde es mit "namhaften Summen der Einwohner", vor allem der Firmen. Bei der Einweihung des "Krieger-Gedächtnis-Kreuzes" 1925, das aufgrund seiner Inschrift bald "Heldenkreuz" genannt wurde, dominierten die Fahnen der Kriegervereine, auch Stadtpfarrer Mayer und Bürgermeister Wolpert sorgten für "eine erhebende Kundgebung vaterländischen Geistes".

Als das Denkmal 1932 in den Besitz der Gemeinden kam, hieß es ebenfalls: "Den Toten geweiht – der Jugend als Mahnzeichen". Damals wurde die Tafel mit der Kriegsbilanz angebracht: "111 Söhne der Stadtgemeinde Schiltach. 39 Söhne der Gemeinde Lehengericht."

Die Verarbeitung des erschreckenden Verlusts von 150 Männern geschah auch fortan in diesem Sinn, vor allem am Volkstrauertag: Als Beschwören der Opferbereitschaft für Heimat und Vaterland, als Überhöhung des oft grausamen Soldatentods zum "Heldentum", als Stilisierung der in die Schlacht geschickten Männer zu "Kriegern" und zu Vorbildern für die nächste Generation. Gepriesen wurden nicht Friedensliebe oder Verständigung mit den bisherigen Feinden, sondern Kriegsbereitschaft und "heldenmütiger Opfersinn", jeweils als "Vermächtnis" der Gefallenen.

Ein Infragestellen dieser vaterländischen Sinngebung des "höchsten Opfers" unterblieb. Daran konnte der vom sogenannten Dritten Reich 1934 geschaffene "Heldengedenktag" dann nahtlos anknüpfen. Ganz anders zeigt sich das Denkmal, das die Familie Wöhrle (Ramsel) ihren kriegstoten Söhnen Georg Friedrich und Johannes setzte, mit der trauernden Widmung: "Ehre ihrem Andenken."