Lastwagen an Lastwagen an Auto – die Ortsdurchfahrt Vorderlehengericht ist stark befahren. Anwohner kritisieren, dass gerade auf der langen Geraden oft zu schnell gefahren werde.Foto: Sum Foto: Schwarzwälder Bote

Verkehr: Lärm in den Ortsdurchfahrten belastet Lehengerichter

Schiltach-Lehengericht. Das Thema Lärm treibt die Lehengerichter seit vielen Jahren um. Die Bewohner der beiden Ortsdurchfahrten sind vom vielen Verkehrslärm geplagt – das ist in der Sitzung des Ortschaftsrats einmal mehr deutlich geworden.

Und damit sind sie nicht alleine: "Landauf, landab ist Verkehrslärm ein Thema, in vielen Gemeinden werden Lärmaktionspläne entwickelt", sagte Ortsvorsteher Thomas Kipp. Auch für die Stadt Schiltach ist derzeit ein solcher in Arbeit – "er wird hoffentlich dieses Jahr noch vorgestellt", so Kipp.

Der Lärmaktionsplan von Gutach, der nachts an verschiedenen Stellen der B 33 eine Reduzierung auf 30 Stundenkilometer vorsieht, war von einigen Kommunen des Oberen Kinzigtals kritisch gesehen worden (wir berichteten). Die Befürchtung: Mehr Schwerlastverkehr könnte den Weg über die B 294 und B 462 Richtung Autobahn 81 nehmen, erläuterte Kipp.

Reifen und Belag wichtig

Für ihn ist klar: "Für Bürger, die an einer Bundesstraße wohnen, ist das eine große Beeinträchtigung" – egal, ob in Gutach oder Vorderlehengericht. Er würde es daher befürworten, abzuwarten, bis die Lärmaktionspläne sämtlicher Kommunen fertig sind, um dann "zu überlegen, was man wie leiten und lenken kann, sodass die Last verteilt ist". Denn: "Es geht nicht darum, Verbesserungen auf der einen Seite zu erwirken, die zum Nachteil des anderen sind oder anders herum."

Der Ortsvorsteher brachte einige Zahlen rund um den Verkehrslärm in Deutschland vor. So gelte der Straßenkrach als Hauptlärmursache in der Bundesrepublik, mehr als 50 Prozent der Bevölkerung fühlten sich durch Straßenverkehrslärm gestört. Dieser sei definiert als "Lärm, der von Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen verursacht wird" – nicht dazu zählten etwa lautes Hupen, Autoradios, unnützes Hin- und Herfahren, Geschwindigkeitsüberschreitungen, die allesamt als Ordnungswidrigkeiten gelten würden.

"Zu einem nicht unwesentlichen Teil" entstehe der Lärm durch die Reifen, so Kipp. "Der Bereich Reifen/Fahrbahn spielt eine viel größere Rolle als ich gedacht habe", bekannt er. Ein lärmarmer Fahrbahnbelag und gute Reifen könnten mehr zur Minderung des Krachs beitragen als etwa die Reduzierung der Geschwindigkeit von Tempo 50 auf Tempo 30. Durch gute Reifen könnte der Lärm um bis zu vier Dezibel, durch einen guten Belag um bis zu acht Dezibel gesenkt werden. Insgesamt gebe es aber "immer einen Zusammenhang zwischen höherer Geschwindigkeit und Lärmentwicklung".

Entgegengesetzter Trend

Für die Lärmreduzierung bei den Autos selbst gebe "es viel Spielraum", ist Kipp überzeugt. Dennoch sei der Trend in der Gesellschaft in der Vergangenheit eher in die entgegengesetzte Richtung gegangen: schnellere Autos, breitere Reifen, mehr Leistung.

Auch auf Motorräder ging Kipp ein: Er erhalte von den Bürgern viele Beschwerden über lauten Motorradlärm. Es habe nichts gegen Motorradfahrer allgemein. Es gehe "um die wenigen, von denen es allerdings immer mehr" gebe, "die mit überzogenen Auspuffanlagen durch die Gegend fahren". Er ging kurz auf die Initiative Motorradlärm des Landes Baden-Württemberg ein, der sich kürzlich beispielsweise die Stadt Schramberg angeschlossen hat.

Die anwesenden Bürger nutzten die Chance, ihrem Ärger Luft zu machen: Von "furchtbaren Erlebnissen bezüglich Raserei und allen im Straßenverkehr denkbaren Straftaten", sprach ein Vorderlehengerichter, der direkt an der langen Geraden Richtung Wolfach wohnt. Er kritisierte, dass der stationäre Blitzer in der Ortsdurchfahrt seit Wochen nicht mehr aktiv sei. "Das, was hier über die Straße fährt, ist nicht mehr hinnehmbar. Das geht auf die Gesundheit der Anwohner", fand er klare Worte.

Forderungen der Anwohner

Unlängst habe ein Lastwagen ein ordnungsgemäß Tempo 50 fahrendes Auto bedrängt und dies schließlich innerorts überholt, schilderte er. "Es muss kurzfristig etwas passieren", meinte er – bis der Lärmaktionsplan durch sei, "geht es wieder fünf Jahre", so seine Befürchtung. Der Bürger forderte einen zweiten Blitzer und die Versetzung des Ortsschilds Richtung Wolfach – und "deckt damit im Wesentlichen die Interessen der Anwohner ab", resümierte Kipp. Er wolle die Anregungen an die Stadt weitergeben. Er riet dazu, den Lärmaktionsplan abzuwarten: "Er bringt vielleicht noch deutlichere Zahlen, wie laut es tatsächlich ist", hofft Kipp.

Eine Bürgerin wünschte sich ebenfalls mehr Blitzer – im Bodenseekreis, Tübingen und Richtung Lahr "funktioniert das auch". Sie hoffte, dass im Zuge der Lärmaktionspläne das ganze Kinzigtal betrachtet werde – und beispielsweise auf den Bundesstraßen zwischen den Autobahnen A 5 und A 81 nachts Tempo 70 gelte.

Kipp kann sich vorstellen, "dass es ein Ergebnis daraus ist, dass die Sache insgesamt betrachtet wird". Er gebe jedoch "konkurrierende Interessen" – für die Industrie etwa sei es wichtig, dass es eine möglichst schnelle Verbindung zwischen den Autobahnen gebe. Daher müsse immer auch "die Gesamtinteressenslage betrachtet werden".