Helga Harter und ihre Tochter Sarah sind anlässlich der szenischen Lesung im Stil der 1920er-Jahre gekleidet.Foto: Kiolbassa Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur im Stadtgarten: Helga Harter und Tochter Sarah machen mit szenischer Lesung den Abschluss

Von Lara Kiolbassa

Weil es regnete ist der dritte Termin von "Kultur im Stadtgarten" in Schiltach in die Stadtkirche verlegt worden. Dort lauschten die Gäste im schummrigen Licht der Lesung von Helga Harter, die ihr Buch "Lumpenkönigin", einen historischen Schwarzwaldroman, vorstellte.

Schiltach. Andreas Morgenstern begrüßte die Gäste in der Kirche und stellte Helga Harter und ihre Tochter Sarah den Zuhörern vor. Beide hatten sich anlässlich der szenischen Lesung im Stil der 1920er-Jahre gekleidet, um die Besucher auch visuell mit in die Zeit zu entführen, in der die Geschichte um die junge Isabella spielt. Helga Harter führte kurz mit einigen Sätzen in die Geschichte ein, bevor sie die erste Stelle aus ihrem Buch vorlas.

Die Geschichte von Isabella King, einer Rot-Kreuz-Helferin aus Alpirsbach, spielt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Isabella lebt in ständiger Angst um ihren Verlobten Johannes, der in Frankreich an der Front kämpft. Eines Tages werden durch Giftgas verletzte Soldaten in das Lager transportiert, darunter Johannes. Erst scheint Johannes zu genesen, er und Isabella heiraten und bekommen drei gesunde Kinder. Doch die Verletzungen aus dem Krieg sind zu groß und Johannes erliegt ihnen fünf Jahre später, nachdem er von der Front zurückgekehrt ist.

Nun beginnt für Isabella eine schwierige Zeit als alleinerziehende Witwe mit drei Kindern. Sie muss ihr Haus in Sulgen, das ihre Lebensabsicherung sein sollte, verkaufen, und zieht zu ihrer Schwester nach Schenkenzell. Einige Jahre später lernt sie Hans Harter, den Bruder ihrer Vermieterin, kennen und heiratet ihn nach einiger Überlegung.

Doch die Ehe steht unter keinem guten Stern. Hans ist jähzornig und unberechenbar, ein richtiger "Scherenschleifer". Kurz vor der Hochzeit streitet Hans mit seinem Bruder um den Kauf eines Hofes. Der Streit belastet die gesamte Hochzeitsgesellschaft, was Helga Harter anhand von mehreren Hochzeitsbildern feststellen konnte.

Ende wird nicht verraten

Die wechselhafte Ehe durchläuft gute und schlechte Phasen, doch Isabella schafft es immer wieder, kleine Lichtblicke in ihr Leben einzubauen. So spielt eine Szene in der Lichtstube auf dem Konradshof, wo sich die Frauen aus der Umgebung zur Handarbeit treffen. Später findet sie ihre Passion an der Nähmaschine, die sie von ihrem Bruder geschenkt bekommt. Sie geht darin auf, sich und ihrer Familie alte Kleider zu flicken und aus alten Stoffen und Lumpen neue zu nähen.

Wie die Geschichte ausgeht, verriet Helga Harter nicht. Ein bisschen Spannung sollte den Lesern schließlich erhalten bleiben. Isabella ist für die Erzieherin aus Alpirsbach und ihre Tochter Sarah ein Stück Familiengeschichte. Sie ist Sarahs Uroma und für Helga Harter die Schwiegermutter ihrer Schwiegermutter.

Die Handlung beruht auf wahren Begebenheiten, beinhaltet jedoch auch fiktive Elemente. Die Recherche für beschreibt Harter als "Katz-und-Maus-Spiel"über mehrere Monate. Ein Vierteljahr lang habe sie überlegt, ob es sich überhaupt lohnt, ein solch trauriges Buch zu schreiben. Einige Informationen habe sie von ihrer Schwiegermutter Berta, die im Buch als kleines Mädchen vorkommt, sowie von weiteren noch lebenden Familienmitgliedern der im Buch vorkommenden Personen.

Viele Fotos hätten ihr weiter geholfen, die Umstände der damaligen Zeit besser zu verstehen. Zudem habe sie die Orte besucht, an denen die Geschichte spielt. All ihre Ideen, Vermutungen und Gedanken bezüglich des Buches habe sie in einem kleinen Heft festgehalten. Auch die Schramberger Uhrmacherfamilie Junghans hat einen Auftritt. Die Autorin beschreibt die Handlung des Buches als "ein Mosaik aus vielen Geschichten, die aus verschiedenen Sichtweisen passiert sind".

Gestrichene Stelle verraten

Vor der Verlegung des Buches hat Helga Harter den Text noch einmal überarbeitet. Einige Passagen wurden gekürzt, um die Spannung zu erhalten, andere fielen ganz weg. Eine dieser Passagen gab sie exklusiv für die Zuhörer der Lesung zum Besten. Sie spielt kurz vor der Fasnacht in der Stube von Isabella und ihrem Mann Hans.

"Lumpenkönigin" ist im Selbstverlag erschienen. Die Alpirsbacherin führte zur Veröffentlichung mehrere Interviews mit verschiedenen Zeitungen, organisierte Lesungen und drehte ein kleines Video, das auf ihrem Youtube-Kanal zu finden ist. Zudem können weitere Informationen über die Autorin und ihr Buch auf ihrer Homepage unter www.helgaharter.de nachgelesen werden.

Mit einer kurzen Passage über den Besuch eines Lumpenhändlers, dem Isabella alte Stoffreste und Lumpen abkauft, beendete Helga Harter die Lesung. Diese Textstelle, in der sie Hans als "seine Lumpenkönigin" bezeichnete, habe dem Buch seinen Namen gegeben, erklärt sie. Anschließend konnten die Besucher das Buch erwerben und sich direkt von der Autorin signieren lassen. Das Buch gibt es im Buchhandel oder im Internet.