140 Gemeinden, Städte und Landkreise zählt die im vergangenen Jahr gestartete Initiative bereits.Foto: Stollberg Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Stadt Schiltach schließt sich der Initiative gegen Motorradlärm an / Rege Diskussion im Rat

Die Stadt Schiltach tritt der Initiative gegen Motorradlärm bei. Einige Gemeinderäte befürworteten den Beitritt nicht – und auch die Forderungen der Initiative stießen nicht alle auf Zustimmung.

Schiltach. Gerade Vorder- und Hinterlehengericht bekämen "den Motorradlärm voll ab", sagte Bürgermeister Thomas Haas und verwies darauf, dass der Ortschaftsrat einen Beitritt der Stadt zur Initiative beantragt habe (wir berichteten). "Wenn man etwas ändern möchte, geht das nur über politischen Druck", unterstütze er dieses Ansinnen – auch wenn er nicht jede einzelne Forderung unbedingt mittrage.

Diese Meinung setzte sich in der anschließenden Diskussion fort. Die meisten Räte plädierten ebenfalls für den Beitritt – jedoch nicht uneingeschränkt. So traf etwa die Forderung nach einem Fahrtenbuch auf wenig Verständnis. Axel Rombach bedauerte zudem, dass es zu weiteren Einschränkungen, beispielsweise mit Blick auf zusätzliche Verbote, komme, "die alle in Kauf nehmen müssen – wegen einigen wenigen, die sich rücksichtslos verhalten". Die Situation in Lehengericht bleibe aber schwierig, denn auch "Lastwagen und Autos sind laut", sagte Rombach und rief das Lärmgutachten in Erinnerung, das derzeit in Arbeit ist. "Das läuft, im zweiten Quartal 2021 soll es kommen", ergänzte der Bürgermeister.

Michael Pflüger schlug in eine ähnliche Kerbe. Grundsätzlich sei die Initiative gut. Er bemängelte aber, dass "nur über Motorräder geredet wird". Auch Autos – gerade getunte Fahrzeuge mit Sportauspuff – sorgten für Krach. Er sei gegen Streckensperrungen, die "das Ganze nur verlagern". Außerdem "kommen mir bei Kontrollen zu wenig raus", weshalb er "drastische Maßnahmen für alle Lärmverursacher" forderte. Sabine Bösel zeigte sich "zwiegespalten", weil durch die Initiative "eine Gruppe diskriminiert" werde. Auch sie sprach sich dafür aus, alle Verkehrsteilnehmer in den Blick zu nehmen.

Ablehnend reagierten Ulrich Kohler und Philipp Groß. "Ich finde nicht, dass es eine gesonderte Initiative gegen Motorradlärm braucht. Lärm generell ist das Problem", meine Kohler. "Da wird die kleinste Gruppe herausgepickt", meinte auch Groß – und alle Motorradfahrer würden über einen Kamm geschert. Wenn, dann solle es eine Initiative gegen Verkehrslärm im Allgemeinen geben, so seine Meinung.

Martin Schuler ist sowohl als Motorradfahrer als auch als Hinterlehengerichter "Betroffener". Er berichtete von einer deutlichen Zunahme des Motorradlärms. Bedingt durch die Topografie mache das Motorradfahren im Schwarzwald Spaß, "ich bin aber der Meinung, dass das auch leise geht", sprach er sich für den Beitritt aus. Zwar halte er generell auch nichts davon, sich nur auf Motorräder zu beschränken, dennoch hoffe er, dass durch die Initiative "politischer Druck auf den Gesetzgeber aufgebaut wird", in Sachen Lärm etwas zu unternehmen.

Für Ulrich Gebele "ist das Hauptproblem beim Motorradlärm, dass er am Sonntag stattfindet". Es gebe viele Stellen im Schwarzwald, wo auch andere Gruppen am Wochenende Naherholung suchten "und die haben dann ständig diesen Krach". Es gehe nicht darum, das Motorradfahren zu verbieten, "sondern die extremen Ausreißer zu unterbinden".

Lehengerichts Ortsvorsteher Thomas Kipp bekannte, dass "der Tiger keine so scharfen Zähne hat". Dennoch: Lärm sei ein grundsätzliches Problem – es gehe bei der Initiative nicht darum, "die Motorradfahrer in eine Ecke zu stellen". Kipp sah den Beitritt vor allem als Solidaritätserklärung für stärker betroffene Gemeinden.

Die Gemeinderäte stimmten schließlich mehrheitlich für den Beitritt zur Initiative. Ulrich Kohler, Inge Wolber-Berthold und Philipp Groß lehnten diesen ab, Sabine Bösel enthielt sich.

Die Initiative Motorradlärm besteht seit 2019 und wird vom Land Baden-Württemberg und zahlreichen Kommunen getragen.

Unter Federführung des Verkehrsministeriums wurde ein gemeinsamer Forderungskatalog zur Reduzierung von Motorradlärm erarbeitet, mit dem an politische Entscheidungsträger beim Bund und der Europäischen Union herangetreten werden soll. Dieser umfasst folgende drei Schwer- mit verschiedenen Unterpunkten:

 Motorräder müssen leiser werden  Motorräder müssen leiser gefahren werden  Rücksichtsloses Fahren muss deutliche Folgen haben So fordert die Initiative unter anderem eine stärkere Verkehrsüberwachung und ausgeweitete Kontrollmöglichkeiten, in besonderen Fällen Beschränkungen und Verbote, die Überarbeitung der Genehmigungs- und Zulassungsregeln, die stärkere Ahndung für vorsätzlich lärmerzeugende Fahrweise und das Führen eines Fahrtenbuchs.

Mit Stand von 9. Oktober 2020 zählt die Initiative 140 Mitglieder, davon 129 Städte und Gemeinden und elf Landkreise.