Auf dem Hof sind ursprüngliche Elemente erhalten worden, gut erkennbar an der Dacheindeckung mit Holzschindeln (Bild links) und dem Eingangsbereich. Foto: Schwarzwälder Bote

Schwarzwaldverein: Wanderung durchs Moosenmättle / Einführung in "schwarzwälderische" Architektur

Trotz massiver Einschränkungen bei Veranstaltungen durch das Coronavirus hat der Schwarzwaldverein Schiltach und Schenkenzell 21 Wanderer zu seinem ersten Themenausflug begrüßt.

Schiltach/Schenkenzell. Christian Stolzenberg führte die Gruppe oberhalb des Mooswalds durch ein Waldgebiet am Moosenmättle vorbei zum Unteren Liefersberger Hof. Hier wurden die Wanderer bereits von Besitzer Hardy Happle zu einer Führung durch den 400 Jahre alten Traditionshof erwartet.

In einer Einführung ging er auf die Geschichte des Eindachhofs und speziell auf die Tradition und Kultur der Bauernhöfe im Schwarzwald ein. Die für diese Gegend typische modulare Grundkonstruktion erlaube einfache, ressourcenschonende Anpassungen an ganz unterschiedliche Aufgabenbereiche eines Hofbetriebs und sei insofern schon damals ein "Multifunktionstalent" gewesen.

Als Happle 2007 den Einsiedlerhof erwarb und grundlegend restaurieren wollte, habe er als Architekt und Spezialist von Baukonstruktionen an seinem eigenen Hof schnell die vielen baulichen Besonderheiten erkannt, die in ihrer Gesamtheit eine funktionale perfekt aufeinander abgestimmte Einheit bilden.

Er habe sich bemüht, möglichst alle ursprünglichen Elemente in ihrer Originalität zu erhalten. Auch die Dacheindeckung mit Holzschindeln wurde beibehalten. Dieser Typ eines Bauernhofs, dessen Ursprung bis 1600 zurückverfolgt werden kann, existiere nur im Schwarzwald. So stelle dessen Erhalt ein wichtiges Kulturgut dar.

Hohe handwerkliche Fähigkeiten und ein mehrere Jahrhunderte entwickeltes Wissen in einem Zusammenhang mit der Landschaft haben vor 400 Jahren einen Hof entstehen lassen, der ohne Stahl, Schrauben, Nägel und Beton bis heute Bestand hat. So erkannte der Bauforscher Happle, dass die heutige "Hightech" keineswegs immer der damals angewandten "Lowtech" überlegen ist.

Für eine Bewohnbarkeit sind jetzt im Innenbereich Strom, Wasseranschlüsse und Heizung unauffällig und harmonisch an die Gegebenheiten der Räume installiert worden, sodass die ganze Familie den Hof dauernd bewohnen kann. Alte Öfen, Utensilien und 200 Jahre altes Mobiliar erhalten jedoch noch den ursprünglichen Charakter.

Die Türfüllungen sind wie früher niedrig, sodass der Tradition entsprechend der Eintretende automatisch eine "demütige Haltung" einnimmt. Auch die geschwärzten Decken sind niedrig, geben aber eine gemütliche Atmosphäre wieder, heißt es in einer Mitteilung. Die vielen kleinen Kammern, die früher zur Herstellung der bäuerlichen Produkte oder auch als Schlafräume für das Leibgedinge dienten, sind noch vorhanden, wenngleich sie eine andere Verwendung finden.

Die Ziegen im Außenbereich sowie die Gartenanlage mit den Zierhecken vermitteln zudem noch das bäuerliche Erscheinungsbild. Da sich der Architekt Happle dem Erhalt Schwarzwälder Baukultur verschrieben habe, sei 2018 in einem weiteren Projekt der Kornspeicher des 1,5 Kilometer entfernten Sumhofs auf das Gelände des Liefersberger Hofs umgezogen.

Happle führte die Wanderer in den oberen Raum, der heute modern eingerichtet als Seminar-, Ausstellungs- und Mehrzweckraum dient, während die unteren Räume als Kornkammern wieder original hergerichtet und darin sorgfältig die noch erhaltenen Kornkästen eingepasst wurden. Alle Balken und Hölzer stammen aus dem Jahr 1796. Nach einem kräftigen Applaus machte sich die Gruppe wieder auf den Rückweg. In der Gaststätte Heuwies trafen sich die Wanderer noch zu einem Abschluss.