Der Kreisumweltausschuss beschließt den Einstieg in eine verlässliche Planung für die Kandertal-S-Bahn. Dazu gehört auch die Klärung der Kostenfrage.
Was kostet eine Kandertal-S-Bahn? Diese Frage soll nun eine umfassende Vorplanung mit Kostenschätzung klären. So jedenfalls lautet die Empfehlung des Kreisumweltausschusses an den Kreistag. Die Städte und Gemeinden entlang der Strecke werden sich dem gefassten Beschluss zufolge zugunsten des Landkreises stärker an der Finanzierung beteiligen. Ein entsprechender Antrag der Kreistagsfraktion der Freien Wähler wurde angenommen. Dabei ging es der Fraktion vor allem um ein klares Bekenntnis zur S-Bahn aus der Region.
Doch ganz so klar fiel dieses Bekenntnis dann doch nicht aus, wie bei der Aussprache deutlich wurde. Letztlich geht es bei der nun vom Ausschuss befürworteten Beauftragung der Leistungsphasen 1 und 2, an deren Ende eine fundiertere Kostenschätzung stehen soll, um eine Entscheidungsgrundlage für das weitere Vorgehen.
Zumindest diesen Schritt wollte das Gremium am Ende nicht mehr verschieben. Ihren Antrag auf Vertagung zogen die Freien Wähler zurück, nachdem die Hauptforderung nach einer höheren Beteiligung der Kommunen erfüllt worden war.
90 Millionen Euro
Bisherige Untersuchungen haben ergeben, dass eine Reaktivierung der Strecke technisch machbar und voraussichtlich auch volkswirtschaftlich sinnvoll wäre. Die Investitionskosten werden, inklusive Baupreissteigerung und Risikozuschlag, mit etwa 90 Millionen Euro für einen Halbstundentakt und 80 Millionen Euro für einen Stundentakt beziffert.
Wie der Ausbau der Garten- und Wiesentalbahn soll auch das Schienenprojekt Kandertalbahn dem Zweckverband Regio-S-Bahn 2030 (ZRL) übertragen werden. Nun geht es um den Einstieg in die förmliche Planung. Die Gesamtkosten für die Leistungsphasen 1 und 2 werden mit 2,6 Millionen Euro beziffert, wovon das Land Baden-Württemberg die Hälfte übernehmen wird. Gelder, die auch dann nicht zurückgezahlt werden müssten, wenn das Projekt am Ende doch nicht umgesetzt wird, wie Erster Landesbeamter Ulrich Hoehler versicherte.
Von den übrigen 1,3 Millionen Euro wollte der Landkreis zunächst 90 Prozent (1,17 Mio) übernehmen. Im Kreisumweltausschuss hat man sich nun abweichend auf eine 50-prozentige Beteiligung der Anliegerkommunen geeinigt. Auf den Landkreis entfallen deshalb nun nur noch rund 650 000 Euro.
Gemeinsame Haltung
Gudrun Heute-Bluhm (CDU) wünschte sich, dass die Anlieger eine gemeinsame Haltung finden. Sie gab zu bedenken, dass die Dörfer abseits der Bahnlinie von dem Projekt nicht so stark profitieren würden.
Ulrich May (FW) wollte, dass die Eckpunkte jetzt schon festgelegt werden, um spätere Irritationen zu vermeiden. Klaus Eberhardt (SPD) sprach von einem „unverschämt guten Angebot“ des Landkreises, das man annehmen sollte. Auch wies er darauf hin, dass die Förderbedingungen nach der Landtagswahl schlechter werden könnten.
„Wer diese Entscheidung boykottiert, boykottiert das ganze Projekt“, sagte Gerhard Zickenheiner (Grüne), der die Sachlage für lange ausdiskutiert hielt.
Ökologisch sei die Bahn auch nicht besser als ein Elektrobus, fand Wolfgang Fuhl (AfD) mit besorgtem Blick auf die Kosten. Wolfgang Koch (AfD) wiederum sah in dem S-Bahn-Anschluss einen Gewinn für die Region. Gespalten zeigte sich auch die FDP-Fraktion, weshalb Kevin Brändlin nur für sich selbst sprechen konnte. „Wenn es schon am Anfang nicht funktioniert, ist eine weitere Planung sinnlos“, fand er und forderte von den Gemeinden die Geste einer höheren Beteiligung.
Buslinien fallen weg
Die unterschiedlichen Positionen im Kandertal brachten Andreas Schneucker und Simone Penner (beide CDU) zum Ausdruck. Als Bürgermeister von Binzen vertritt Schneucker jene Kandertalgemeinde, die die meisten Nachteile und wenigsten Vorteile von dem Projekt hat. Er sprach vom Wegfall von Buslinien und Haltepunkten durch das Wunschprojekt und befürchtete eine Siedlungsentwicklung, die über das gewünschte Maß hinausgeht. Auch sei Basel nicht das Hauptziel der Bevölkerung im Kandertal, gab er zu bedenken. „Wir sind die größte Profiteursgemeinde“, erklärte dagegen Kanderns Bürgermeisterin Penner. Ein Haushaltsposten sei die Kandertal-S-Bahn in der Stadt allein deshalb noch nicht, weil bisher ein verlässlicher Betrag dafür gefehlt habe. Für Kandern sei es wichtig, nicht abgeschnitten zu werden, betonte sie.
Am Ende wollten es die meisten dann doch genauer wissen. Bei zwei Gegenstimmen aus den Reihen der AfD wurde der Einstieg in die beiden ersten Leistungsphasen mit Option auf einen späteren Ausstieg gutgeheißen. Die endgültige Entscheidung trifft der Kreistag.