Oliver Birkenstock schneidet einen Streifen Schwarzwälder Speck ab, ein "Klassiker" im Angebot des Verkaufswagens. Foto: Fritsche Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Mobile Verkaufswagen liefern die wichtigsten Lebensmittel auch in Randgebiete der Gemeinde

Auch wer kein Auto für die Einkaufsfahrt hat oder es dafür nicht nutzen will, muss in den außen liegenden Ortsteilen von Schenkenzell dank regelmäßig kommender Verkaufswagen nicht hungern.

Schenkenzell-Kaltbrunn. Ruhig und abgeschieden liegt der Ortsteil Kaltbrunn in einem idyllischen Seitental, durch das der Kaltbrunner Bach fließt, bevor er im Vortal in die Kleine Kinzig mündet. Ein- und Mehrfamilienhäuser, in der Mehrheit aus den 1950er-, 60er- und 70er-Jahren bilden den Ortskern, drumherum vereinzelte Bauernhöfe.

Die "Nahversorgung" mit Lebensmitteln ist heute schwieriger als damals. "Früher waren viele Selbstversorger, hatten Hühner, eine Kuh und ein Schwein im Stall hinter dem Haus, Gemüse und Obst kam aus dem eigenen Garten", erinnert sich Kaltbrunns Ortsvorsteher Gerhard Schmider. Auch Einkaufen konnte man im Nahbereich: In Wittichen gab es die Bäckerei mit Tante-Emma-Laden der Familie Springmann (heute im Ortskern von Schenkenzell mit ihrem Geschäft), im Vortal führte Rosemarie Schmider ebenfalls einen Tante-Emma-Laden. Beschäftigt waren viele Kaltbrunner damals zum Beispiel als Waldarbeiter beim Haus Fürstenberg, beim früheren Sägewerk Mantel im Vortal oder bei der Forstbetriebsgesellschaft.

Seit Jahrzehnten ziehen sich Lebensmittelläden, Post- und Bankfilialen aus ländlichen Räumen zurück. "Bundesweit hat sich die Zahl der Lebensmittelgeschäfte allein von 1990 bis 2010 mehr als halbiert", stellt das Bundesumweltministerium in einer Publikation zum Thema fest. Kleine Läden, die insbesondere ländliche Orte versorgen, seien fast verschwunden.

Probleme bestünden für die nicht-automobile Bevölkerung, die zumeist auf die Unterstützung von Familie und Nachbarn angewiesen sei. "Bei fortschreitendem demografischem Wandel, der zu einer wachsenden Anzahl Hochbetagter führt, deren familiäre Netze und Unterstützungsstrukturen aufgrund von Abwanderung ausdünnen, ist von einer Verschärfung der Lage auszugehen", befürchtet das Ministerium.

In Kaltbrunn, Wittichen und Vortal füllen bislang Verkaufswagen regionaler Anbieter diese Lücke: Mit anhaltendem, vernehmlichen aber nicht zu aufdringlichem Klingeln kündigt zum Beispiel Oliver Birkenstock sein Kommen an. Er fährt den gut gekühlten Verkaufswagen von Marlene und Christian King vom Harzwaldhof in Mariazell, die dort auch einen Dorfladen betreiben. Birkenstock ist seit einem dreiviertel Jahr immer donnerstags auf der Route nach Wittichen, Kaltbrunn und Reinerzau unterwegs. Die anderen Wochentage arbeitet er bei der Räucherei Hils in Lauterbach.

Wurst, Fleisch, Käse, Eier, Honig, Nudeln, Brote und andere Backwaren gehören zum Sortiment. Brotbacken ist ein Steckenpferd von Marlene King, das Bauernbrot ist beliebt bei den Kunden. Fleisch- und Wurstwaren sind zum Teil bereits vakumiert: Die Kunden legen einen Vorrat für die ganze Woche an. Birkenstock hat vor allem Stammkunden und fährt gezielt die Straßen an, in denen sie wohnen. Gerade ältere Menschen, die die Strecke bis Schenkenzell, Alpirsbach oder Schiltach nicht ständig fahren wollen oder kein Auto haben, schätzen seinen Service.

Birkenstock ist nicht der einzige mit einem Wagen. Auch die Holzofenbäckerei Lehmann aus Oberharmersbach, Elvira Heizmann vom Tannengrund (Wild und Geflügel) oder Manfred Brüstle vom Biohof Herrenweg (Fleischwaren) in Schiltach fahren beispielsweise die Gegend an.