Der Bericht des früheren Großherzoglich Badischen Bezirksamtes Wolfach an die Gemeinde Schenkenzell. Foto: Schoch Foto: Schwarzwälder Bote

Historie: Bei Ortsbereisungen des Bezirksamts kam alles auf den Tisch / Verbale Watschen für Bürgermeister

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Dieses Sprichwort unterstreicht die Notwendigkeit, eine durchgeführte Arbeit nochmals zu kontrollieren. So war es schon vor über 150 Jahren bei den badischen Gemeinden.

Schenkenzell. Das Großherzogliche Bezirksamt Wolfach prüfte über Jahrzehnte auch die damals selbstständigen Gemeinden Schenkenzell und Bergzell.

Für diese Prüfung, die einmal jährlich vor Ort stattfand, mussten dem Amtsvorsteher Bücher und Schriften vorgelegt werden. Dies waren die zwei letzten Jahresrechnungen, der Voranschlag vom laufenden Jahr, das Tagebuch vom Ratschreiber, das Bürgerbuch, die Polizeistraftabelle, die Tabelle über die Schulversäumnisse, die Gemeinderats-, beziehungsweise Gemeinde-Versammlungsprotokolle, die Feuerversicherungsbücher und auch die Liste der Viehzählungen.

Neben Lob gab es natürlich auch Tadel. "Mit der Dienstführung der Gemeindebeamten zufrieden und Anerkennung für die gute Führung der öffentlichen Bücher", war aus den Niederschriften immer wieder zu entnehmen.

Wenn Mängel anfielen, so waren diese "abzuarbeiten" und dem Amt dann Vollzug zu melden. Diese Ortsbereisungen durch das Bezirksamt wurden rechtzeitig angekündigt. "Für das richtige Laden wird der Ortsdiener haftbar gemacht", so die Weisung am 24. Juni 1884 durch Bürgermeister Joseph Rauber.

Büttel verkündete den Termin im Dorf mit der Schelle

Ein Tag zuvor ging der Büttel mit der Schelle durch das Dorf und verkündete den Termin und die Einladung an die Bürger. Gemeinderäte und alle Bediensteten der Gemeinde, die Lehrer Jung und Storz und auch Pfarrer Kist wurden persönlich eingeladen.

Der zeitliche Ablauf war nahezu immer derselbe. Zuerst waren die Bürger an der Reihe. Von elf bis zwölf Uhr konnten sie ihre Wünsche und Beschwerden vorbringen. Danach musste der Gemeinderat für eine halbe Stunde Rede und Antwort stehen.

Dann folgten Gemeinderechner Ferdinand Haaser, Ortsdiener Xaver Gruber, Waldhüter Andreas Kopp, Totengräber und Leichenschauer Mathias Oberföll, Hebamme Juliana Armbruster, Fleischbeschauer Jakob Gruber, Steinsetzer Mathias Oberföll, Wegewart Xaver Huber, die Rechner der weltlichen Ortsstiftungen – und zwar Armenfondsrechner Ferdinand Haaser und Schulfondsrechner Josef Armbruster.

Zum Schluss besuchte der Amtsvorstand mit dem Gemeinderat die obersten Schulklassen mit ihren Lehrern. Der Ortsbereisungstag war für alle mitunter anstrengend. Der Totengräber Mathias Oberföll musste mit anhören, dass er in einer willkürlichen Tiefe die Gräber für Erwachsene und Kinder aushebe und sich nicht an die Begräbnisordnung halte.

Auch der Polizeidiener bekam an diesem Tag sein "Fett" ab. "Nach zuverlässiger Mitteilung soll er nicht selten stark betrunken sein, was uns vom Gemeinderat verschwiegen wurde. Es ist demselben zu eröffnen, dass er seine Entlassung zu gewärtigen habe, wenn er wieder betrunken im Dienste ist."

Beanstandet wurde das Führen der Registratur. Es würden jede Menge loser Aktenstücke ungeheftet umherliegen. Der Ratschreiber wurde aber in Schutz genommen, weil er neu und unerfahren sei.

Eine Ansage gab es an Wirte und Branntweinverkäufer: "Zwei notorischen Trunkenbolden dürfen keine Getränke verabreicht werden. Mit der bisherigen Verabreichung wird eine Förderung der Völlerei gesehen. Bei Nichtbeachtung Aberkennung der Wirtschaftserlaubnis."

Der Weg der Zigeunergasse wurde durch Hochwasser ausgespült und sei wieder zu "überschottern". Die Inhaberin des Armenhauses im süßen Winkel beschwerte sich, dass das einzige Fenster ihrer Wohnung zur Straße mit Holz zugesetzt sei. Es erfolgte die Anweisung an die Gemeinde, das Fenster wieder frei zu machen, "damit ihre Wohnung Licht und Luft erhält".

Verboten: Abort mündete in den Mühlekanal

Dem Besitzer der Dorfmühle war zu eröffnen, "dass ihm die Benutzung des einen in den Mühlekanal mündenden Abortes verboten werde".

Im Tagebuch über die Ortsbereisung in der Gemeinde Schenkenzell vom 4. August 1882 ist vom Amtsvorstand festgehalten: "Die Verhältnisse der Gemeinde sind durchaus wohlgeordnet. An der Spitze der Gemeinde, die 429 Einwohner zählt, steht Bürgermeister Joseph Rauber, zugleich Obmann der Flößergenossenschaft auf dem Schenkenzeller Weiher, ein zwar nicht besonders begabter, aber von redlichem Streben beseelter diensteifriger und williger Gemeindebeamter".