Heinrich Kautzmann hat die Firma Schwarzwälder Textil-Werke gegründet. Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Vom Wasserrad zur Turbine ist es ein weiter Weg: Großwasserkraftanlage Teil 1

In der Weimarer Zeit hat der Schenkenzeller Fabrikant Heinrich Kautzmann ein Großprojekt geplant: Energieerzeugung durch Wasser statt mit Kohle im Kaltbrunner Tal.

Schenkenzell. Der Erste Weltkrieg war zu Ende. Deutschlands Industrie entwickelte sich anfangs der Weimarer Republik recht schnell, im Gegensatz zum Nachbarn Frankreich – und dies trotz der zu erfüllenden Reparationsleistungen nach dem Versailler Vertrag. Die Industrie benötigte vermehrt Energie. Nachdem fortan ein Großteil der Kohle aber über den Rhein ging und der Rest im Land immer teurer wurde, wurden Wissenschaftler und Techniker geradezu gezwungen, Ersatz mit "weißer Kohle" zu schaffen. Ziel war die Nutzung der Wasserkraft.

Für das Badenwerk gab es Pläne zum Ausbau eines zweiten Murgwerks und der Ausbau des Schluchsees. Die Stadt Karlsruhe hatte ein Kraftwerk "bei Schenkenzell" und ein Nagoldwerk in Aussicht gestellt. Mit der Fertigstellung der letzten zwei Bauwerke "haben wir mit rund 102 Millionen Kilowattstunden eine Masse von Strom" so die Aussage der Stadtwerke Karlsruhe.

Das Wasser im Kaltbrunner- und Reinerzauer Tal war in der Vergangenheit schon immer begehrt. War es doch der Bau der Talsperre Kleine Kinzig in den Jahren 1978 bis 1981 zum Zwecke der Trinkwasserversorgung mit einem Fassungsvermögen von 13 Millionen Kubikmeter. Zwischenzeitlich werden 250 000 Einwohner über ein 220 Kilometer langes Netz mit klarem Wasser versorgt. Damit wurden die Sorgen vieler Städte und Gemeinden gelöst.

Damit aber nicht genug. Die Kraftwerke im mittleren Neckarraum benötigten zusätzliches Kühlwasser, um den Verdunstungsausfall zu ersetzen. Dies wurde aus ökologischer Sicht für den Neckar notwendig. Drei Millionen Kubikmeter jährlich sollten es schon sein und dies aus dem Staubecken der Kleinen Kinzig beziehungsweise durch eine Beileitung von Wasser aus dem Einzugsbereich Roßberg im Kaltbrunner Tal. Recht kontrovers wurde 1987 über dieses Thema in den Gemeinderatsgremien und der Bevölkerung diskutiert. Zur Ausführung kam die Überleitung von Schwarzwaldwasser in den Neckar dann aber doch nicht –weil Schramberg dies als Zünglein an der Waage mit knapper Mehrheit abgelehnt hatte.

Nicht als Trinkwasser, auch nicht als Kühlwasser sollte das Wasser im Kaltbrunner Tal genutzt werden, sondern zur Gewinnung von Energie. Die ersten Überlegungen wurden 1921 angestellt. Gesuchsteller für den Bau einer Großwasserkraftanlage war die in Schenkenzell ansässige Firma Schwarzwälder Textil-Werke, die Heinrich Kautzmann 1919 gegründet hatte.

Angefangen hatte er mit der Produktion von hochwertiger Reißbaumwolle, gebleichten und drossierten Fasern im Werk auf der Aue. Heute werden Faserfüllstoffe und Faserkurzschnitte hergestellt und weltweit vertrieben. Das Familienunternehmen wird in der vierten Generation geführt. Die Fabrikation im Werk Aue in Schenkenzell wurde schon damals mit aus der Wasserkraft gewonnenen Energie betrieben.