Biker-Treff am Glemseck: So schön der Motorrad-Sport sein mag – für viele ist er vor allem eine belastende Lärmquelle. Foto: Leif Piechowski

Land will Motorradlärm mit schärferen Grenzwerten reduzieren – viele Fahrer tricksen die Polizei aus.

Stuttgart - Bisweilen erinnern sie nicht an Zweiräder, sondern an Düsenjets. Zumindest, wenn es nach dem Krach geht (Motorradfahrer nennen es Sound), den sie vor allem beim Beschleunigen erzeugen. Maschinen mit 250 und mehr PS entwickeln sich vermehrt zum lärmenden Ärgernis. Zum einen, weil die kriselnde Herstellerindustrie mit immer stärkeren Motoren um eine kleiner werdende Kundenschar buhlt. Zum anderen, weil die Menschen lärmempfindlicher werden. Das gilt auch für Harleys mit ihren tief gluckernden Motoren.

So oder so: Gisela Splett (Grüne), die Lärmschutzbeauftragte der Landesregierung, weiß von „einer wachsenden Zahl von Beschwerden wegen Motorradlärms“. Betroffen ist nicht nur der ländliche Raum mit seinen Ausflugsstrecken wie im Schwäbisch-Fränkischen Wald oder an der Schwarzwaldhochstraße. Auch in den Städten mit den vielen Häuserschluchten, in denen sich der Schall nach oben hochschwingt, ist die Belastung hoch.

Die Landesregierung hat nur eine begrenzte Handhabe. Entschieden wird in Brüssel, wo die United Nations Economic Commission Europe (UN-ECE) europaweit Grenzwerte für die Hersteller festlegt. Derzeit wird an einer neuen Richtlinie gearbeitet. Jeder Mitgliedstaat der EU kann seine Vorstellungen dazu einbringen. Nach Meinung der grün-roten Landesregierung ist weder das, was die EU noch was die schwarz-gelbe Bundesregierung in Sachen Lärmminderung beabsichtigt, ausreichend. Mit einer Bundesratsinitiative will das Land zumindest erwirken, dass die Bundesregierung in Brüssel auf schärfere Grenzwerte und die Förderung leiserer Motorräder drängt. Ziel sind außerdem bessere Messverfahren, die den Geräuschpegel beim Beschleunigen messen können.

Verstellbare Auslassöffnungen am Auspuff

Die Aussichten sind so bescheiden wie die Möglichkeiten, die der Polizei gegeben sind. Zwar haben einzelne Direktionen wie Baden-Baden für Kontrollen an der Schwarzwaldhochstraße neu entwickelte Lärmmessgeräte im Einsatz, die das Fahr- und Auspuffgeräusch vorbeifahrender Fahrzeuge messen können. Doch viele Motorradfahrer sind schlau genug, die Polizei auszutricksen. Etwa mit verstellbaren Auslassöffnungen am Auspuff. Diese dienen außerhalb der einschlägig bekannten Kontrollstrecken zur Soundoptimierung Ein Knopfdruck am Lenker – schon schaltet der Motor auf Easy-Rider-Sound. Feste Manipulationen – etwa am Auspuffrohr oder durch den Ausbau des Luftfilters – werden laut Polizei hingegen kaum noch festgestellt.

Für jedes Motorrad gelten in Abhängigkeit vom Baujahr verschiedene Lärmgrenzwerte (Fonzahlen), die im Fahrzeugschein eingetragen sind. Je neuer der Motor, desto leiser. Ältere Maschinen genießen Bestandsschutz – was sich vor allem Harley-Fahrer zunutze machen. „Da findet sich immer ein Gutachter, der alles Mögliche einträgt“, erzählt ein Polizist. Die Streifenbeamten müssen dann schauen, ob der Wert plausibel ist – einen gewissen Motorradsachverstand vorausgesetzt.

Dabei waren die Bußgelder für manipulierte Motorräder bis vor kurzem nicht gerade furchteinflößend. Basteleien am Auspuff wurden mit gerade einmal 25 Euro sanktioniert. Fast drei Jahre sind seit der Ankündigung des Bundes vergangen, die Strafen hochzusetzen. Seit 1. Juli gilt nun die neue Bußgeld-Verordnung, nach der Manipulationen mit 90 Euro, für den Halter des Motorrads mit bis zu 135 Euro geahndet werden können.

Beschlagnahmen kann die Polizei indes keine frisierten Fahrzeuge mehr. Grund ist ein EU-Beschluss, wonach Motorräder oder Autos nur noch aufgrund sicherheitsrelevanter Bauteile konfisziert werden dürfen. Ein Auspuff fällt nicht darunter.