Das Kurhaus von Bad Herrenalb wurde in diesen Tagen erneut zum Mekka für Freunde des Denksports.
Zum dritten Mal in Folge fanden die Baden-Württembergischen Seniorenmeisterschaften im Schach statt, die in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feierten. Mit 144 Teilnehmern war das Turnier so groß wie nie zuvor. Unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Klaus Hoffmann zeigte sich der 1996 gegründete Club der Schachfreunde Bad Herrenalb als perfekter Gastgeber – allen voran ihr Präsident Hans-Michael Rappold, der als Dank für sein großes Engagement die Ehrennadel in Silber von Holger Moritz, dem Seniorenreferenten des Badischen Schachverbands, erhielt.
Frauenanteil so hoch wie nie
Pro Tag gab es eine Partie zu spielen, wobei sich jede über vier Stunden hinziehen kann. „Das ist eine Herausforderung, die man nicht unterschätzen darf“, betont Rappold. Teilnehmen darf, wer das 60. Lebensjahr erreicht hat. Der Frauenanteil war in diesem Jahr so hoch wie nie zuvor. Sechs Damen waren mit am Brett und reisten teils von weit her an – aus Dresden, Oldenburg, Bad Neuenahr oder Kronberg im Taunus.
Älteste Teilnehmerin ist 91 Jahre alt
Die älteste Teilnehmerin war mit 91 Jahren Doris Lübbers, promovierte Zahnärztin aus Kronberg. Die gebürtige Hamburgerin ist viel unterwegs: „Ich war dieses Jahr schon in Weimar und Undeloh in der Lüneburger Heide – da wird im Hotel gespielt, in dem man wohnt. Das finde ich ideal.“ Zum Schach kam sie erst mit Mitte 60 – und das eher zufällig. Ihr Mann, an Parkinson erkrankt, spielte leidenschaftlich gerne Schach, konnte aber irgendwann nicht mehr schreiben. „Da habe ich die Notation übernommen – und mir dabei selbst beigebracht, wie die Figuren ziehen.“ Sie lacht: „Ich habe einfach gehofft, dass mal jemand mit mir spielt – aber das war selten. Also bin ich ins kalte Wasser gesprungen und habe Turniere gespielt. Selbst wenn ich mit null Punkten heimgefahren wäre – aber das ist mir nie passiert!“
Hobbygärtnerin und politisch interessiert
Lübbers trainiert nicht gezielt, hat keinen Internetzugang und nur wenige Spielpartner. „Aber ich lese in der Rochade und spiele vielleicht mal eine Partie nach“, sagt sie. Ansonsten sei schlicht keine Zeit. „Ich bin Hobbygärtnerin und politisch sehr interessiert.“ Und dass sie sich gerade ein neues Auto gekauft hat, mit dem sie selbstständig nach Bad Herrenalb gereist ist, versteht sich für sie von selbst.
Gottschall kommt aus Dresden und belegt bei den Damen den ersten Platz: „Dieses Jahr lief es außerordentlich gut für mich. Ich bin jetzt schon zum dritten Mal in Bad Herrenalb, und ich komme gerne wieder. Vormittags wird gespielt, nachmittags gehe ich wandern – das ist einfach ideal. Und einen Tag nehme ich mir meist frei, um rüber ins Elsass zu fahren. So nah komme ich nämlich selten an die französische Grenze.“
Teresa Wraga aus Osnabrück hatte tolle Gegner und Ursula Schumacher schwärmt nicht nur von den Partien, sondern auch von der Atmosphäre und der Umgebung, die sie als „kaum zu toppen“ beschreibt. Nur einen Katzensprung vom Kurhaus entfernt wohnt Bettina Rostek – die Gründerin des Bad Herrenalber Schachclubs, der es eine Freude war, im Heimatort so vielen Schachfreunden zu begegnen.
Die Besten liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen
Am letzten Spieltag verkündet Moritz die Ergebnisse:„Es sind Nuancen, die bei den fünf Erstplatzierten den Ausschlag gegeben haben.“ Nach neun intensiven Runden standen bei den Seniorenmeisterschaften gleich fünf Spieler mit jeweils sieben Punkten an der Spitze. „Sieben Punkte bei neun Partien – das ist eine tolle Leistung“, so Moritz. „Dafür muss man entweder siebenmal gewinnen oder zum Beispiel sechs Siege und zwei Remis holen. Das ist bei diesem Teilnehmerfeld alles andere als einfach.“
Da nur ein Name ganz oben auf der Siegerliste stehen kann, braucht es bei Punktgleichstand ein faires Unterscheidungskriterium – die sogenannte Buchholz-Wertung. Sie misst die Spielstärke der Gegner, gegen die man im Turnier angetreten ist. Je stärker diese waren – also je mehr Punkte sie selbst im Turnier erzielt haben –, desto besser die eigene Buchholz-Zahl.
Sieger des Turniers: Jean-Luc Roos
Baden-Württembergischer Meister und Sieger des Turniers wurde Jean-Luc Roos vom SG Rochade Kup mit sieben Punkten und einer Gesamtsumme von 401,5 Punkten.
Ein so hochkarätiges Turnier in der Kurstadt Bad Herrenalb zu veranstalten, ist dem unermüdlichen Einsatz der Schachfreunde vor Ort zu verdanken. Der nächste Termin steht auch schon: 26. Juni bis zum 4. Juli.