Das alte Stellwerk in Calw ist eine echte Berühmtheit geworden. Foto: Klormann

Dass das marode, historische Stellwerk in Calw monatelang rund um die Uhr beobachtet wurde, hat überregional für Schlagzeilen gesorgt. Nun macht sich auch noch der NDR darüber lustig.

Wer die NDR-Sendung „Extra 3 Spezial“ kennt, weiß: Fester Bestandteil davon ist auch „der reale Irrsinn“. Kurze Beiträge, die sich satirisch mit „Schildbürgerstreichen und Behördenpossen“ auseinandersetzen. Etwa einem Liegeverbot auf Hamelner Liegewiesen.

 

Knapp 800 Fälle sind dabei inzwischen zusammengekommen. Einer davon spielte sich vor Kurzem in Calw ab. Der Fall des bewachten Stellwerks in Calw.

Rund um die Uhr

Eine Kurzversion des Geschehens lautet etwa so: Nachdem die Deutsche Bahn Ende Februar bei einer Routinekontrolle festgestellt hatte, dass das denkmalgeschützte Gebäude einzustürzen droht – direkt neben den Gleisen der Kulturbahn –, war Anfang März ein spezialisiertes Sicherheitsunternehmen angerückt, um das Bauwerke rund um die Uhr zu beobachten

Der Verein Württembergische Schwarzwaldbahn Calw setzte sich leidenschaftlich für den Erhalt des Stellwerks ein, der Gemeinderat beschloss, Parkplätze als neuen Standort zur Verfügung zu stellen, die Bahn organisierte einen riesigen Kran, der das Bauwerk in einer Nacht-Aktion versetzte – weil da keine Züge fahren.

Der NDR spießt das Ganze satirisch auf. „Die Deutsche Bahn ist ja immer für Überraschungen gut – auch für positive Überraschungen“, meint etwa der Moderator der Sendung Christian Ehring einleitend. So könne es passieren, dass jemand zwei Stunden zu spät am Bahnsteig erscheine und trotzdem noch seinen geplanten Zug erwische.

„Die Gesetze von Zeit und Raum sind da manchmal außer Kraft gesetzt. Auch die Gesetze von Aufwand, Ertrag und Verhältnismäßigkeit.“ Im nächsten Bild ist das Stellwerk in Calw zu sehen.

Michael Hascher vom Landesamt für Denkmalpflege erläutert im Beitrag, das Stellwerk sei noch aus den 1890er-Jahren und damit eines der ältesten in Baden-Württemberg, sogar mit eines der ältesten bundesweit.

Schmunzeln kann er sich nicht verkneifen

Doch, so der Sprecher aus dem Off, es sei eben nicht nur geschützt, sondern auch marode. „Und so hat das Stellwerk auf seine alten Tage Gesellschaft bekommen.“ Einen persönlichen Beobachter.

Szenenwechsel zu Calws Oberbürgermeister Florian Kling. Der erzählt, wie Anfang März der Sicherheitsdienst anrückte. Und was dieser tut: „Er kuckt – den ganzen Tag. Und die ganze Nacht.“ Ein Schmunzeln kann sich der Oberbürgermeister an dieser Stelle nicht verkneifen.

Der Sprecher des NDR-Beitrags rügt sofort: „Zum Lachen ist das nicht – es ist ein verantwortungsvoller Job im drei-Schicht-Betrieb“, sagt die Stimme. „Nur nicht ablenken lassen – sondern beobachten. Jede kleine Veränderung wahrnehmen.“

Da die Stellwerk-Beobachter selbst nichts zu den Details sagen dürften – und die Deutsche Bahn nichts sagen wolle –, kommt ein Anwohner zu Wort, der von einem Gespräch berichtet. Einer der Sicherheitsleute habe ihm ein Handy gezeigt. „Wenn er da den Notknopf drückt, dann sind alle Leitungen gesperrt und nur er kommt durch und kann den Zug stoppen“, erzählt der Mann.

Ein einstürzendes Gebäude und Gefahren für den Zugverkehr, so der Sprecher des Beitrags, wolle natürlich niemand. „Aber wer ist nochmal für den Erhalt von Denkmälern zuständig?“, fragt die Stimme. Der Eigentümer, sagt Hascher vom Denkmalamt. Also die Deutsche Bahn.

„Sehr sinnvoll investiertes Geld“

Diese hätte die Fundamente verstärken oder das Gebäude abstützen können, meint der NDR, habe das aber nicht getan. Stattdessen gebe sie 1000 Euro pro Tag aus, um das Stellwerk beobachten zu lassen. „Sehr sinnvoll investiertes Geld“, spottet der Sprecher.

Erneut ist der Anwohner im Bild zu sehen. „Wenn der Zug jetzt hier ist und das Ding fällt ein, dann können sie draufdrücken wo sie wollen, dann ist es zu spät“, urteilt er im Hinblick auf den Notknopf. Sein Fazit: Es müsse eine andere Lösung her. „Die Bewachung halte ich für Quatsch.“

Das Stellwerk ist zu sehen, wie es in der Nacht am Kran schwebt. Nun gebe es eine Lösung: Es werde versetzt und restauriert, wie es seit Jahren gefordert worden sein.

Und: „Nach fast drei Monaten rund um die Uhr Bewachung kann der Stellwerks-Beobachter abziehen.“

Der Beitrag vom 5. Juni ist in der ARD-Mediathek zu finden.