Mit einem „danke für die Offenheit“ bedankte sich SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken (rechts) bei ihrer Gastgeberin Beate Gaiser für eine Aussprache mit der Gastronomie im „Schlupfwinkel“. Foto: B. Schwarz

Die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer, der Arbeitskräftemangel, die Folgen der Corona-Pandemie: Die Gastronomie sorgt sich um ihre Existenz. Mitglieder des Dehoga nahmen beim Gespräch mit der SPD-Politikerin Saskia Esken kein Blatt vor den Mund.

Wieder einmal kämpfen Gastronomen um die Mehrwertsteuer. Doch es geht um mehr. „Es ist kein Fiskal-Thema sondern ein Chancen-Thema“, steckt Jürgen Kirchherr, Landesvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) die Dimension ab. Bei einem Treffen von SPD-Bundesvorsitzender Saskia Esken und dem Vorstand der Dehoga-Kreisstelle Freudenstadt im „Schlupfwinkel“ stärkten Kirchherr sowie Nikolai Danne und Daniel Ohl vom Dehoga-Landesverband ihren Freudenstädter Kollegen den Rücken.

 

Bekanntlich entscheidet der Bundestag Ende November darüber, ob der Bund Anfang 2024 die Mehrwertsteuer auf Speisen bundesweit wieder auf 19 Prozent anhebt. Der Steuersatz war in Coronajahren auf sieben Prozent und damit in etwa auf das Niveau des benachbarten Umlands gesenkt worden.

Die Gastronomie und mit ihr der Dehoga kämpfen nun für das dauerhafte Beibehalten der sieben Prozent und führen dazu Argumente ins Feld, die bis zur Gefährdung gastronomischer Existenzen und damit des touristischen Standorts reichen. Sie mussten Esken davon gar nicht überzeugen. Aber die Politikerin verwies diszipliniert auf das Ziel der Berliner Koalition, wieder zu einem „normalen“ Haushalt zu kommen und auf die Notwendigkeit von Steuereinnahmen. Es gehe schließlich um eine Summe von 3,4 Milliarden Euro.

Branche leidet noch immer an den Folgen der Pandemie

Die Entscheidung über die Mehrwertsteuer hänge laut Esken von den Steuerschätzungen für 2024 ab. Die lägen erst Anfang November vor. Aber Esken, die nicht gekommen war, „um Versprechungen zu machen“, wollte gern „reinhören in die Stimmung bei Gastronomie und Hotellerie“.

Wirte, Hoteliers und Kommunalpolitiker trafen sich mit der SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken (vorne, Vierte von links) zur Aussprache über die Mehrwertsteuer, im Bild flankiert von der Dehoga-Kreisvorsitzenden Beate Gaiser (rechts daneben) und Hauptgeschäftsführer Jürgen Kirchherr (vorne, Dritter von links). Foto: B. Schwarz

Der Bundesvorsitzenden schlug eine Welle aus Angst, Verunsicherung, Enttäuschung und Verbitterung entgegen, mal ganz sachlich, mal höchst emotional und immer in aller Deutlichkeit vorgetragen. Schon bei ihrer Begrüßung war Kreisvorsitzende Beate Gaiser auf die Lage der Gastronomie eingegangen, die noch immer an den Folgen der Pandemie, des Personalmangels und der steigenden Preise leide. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer müsse an die Gäste weitergegeben werden und werde unweigerlich zu einem Preisschock bei Gästen führen, die sich schon jetzt in spürbarer Zurückhaltung üben.

Ausbluten der Dörfer ohne Gasthaus

Auch Hauptgeschäftsführer Kirchherr verwies auf „brutale Folgen für den Gast“. Er erinnerte daran, dass die Gastronomie seit Corona rund 5000 Betriebe verloren habe und viele Kollegen an ein Schließen ihrer Betriebe denken. Die dann wegfallenden Arbeitsplätze brachte Sebastian Finkbeiner von der „Traube Tonbach“ nachdrücklich in Erinnerung.

Fast alle Gastronomen schalteten sich in die Diskussion ein, schilderten die angespannte Lage. „Wir haben die höchsten Umsätze seit Beginn und die niedrigste Rendite“, so Jungunternehmer Steffen Schillinger vom „Fritz Lauterbad“. Die Bedeutung der Gastronomie als kommunikativer Treffpunkt für Bürger, das Ausbluten der Dörfer ohne Gasthaus und damit das Schwächen des touristischen Standorts Schwarzwald wurden leidenschaftlich angeführt. Kompromisslösungen oder ein Vertagen des Themas lehnten die Gastronomen ab.

Einwanderung von Fachkräften

Kirchherr forderte ein praktikableres Gesetz zur Einwanderung von Fachkräften. Die Gastronomie leiste dabei wie kaum eine andere Branche seit Jahren Vorarbeit und beschäftige gerne Kräfte mit Migrationshintergrund. Allerdings werde ihr das durch eine oft unsinnige Gesetzgebung und Vorschriften unnötig erschwert.