Sarah Voss trat bei der Turn-WM in einem langen Anzug an. Foto: dpa/Georgios Kefalas

Die deutsche Turnierin Sarah Voss trat bei der EM in einem ungewohnten Outfit an – und fachte so die Diskussionen um diverse Kleiderordnungen im Sport an. Es geht um Selbstbestimmung.

Stuttgart - Serena Williams lieferte schon immer Stoff für gute Geschichten. Die US-Amerikanerin ist nicht nur eine der besten Tennisspielerinnen der Welt. Sie scheut auch selten eine klare Meinung. Entsprechend setzt sie regelmäßig mutige Statements – ab und an auch modische. So wie vor rund drei Jahren.

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Bei den French Open trat sie im so genannten Catsuit an, in einem schwarzen Ganzkörper-Sportdress. Das hatte es bis dahin noch nicht gegeben im weißen Sport, weshalb von französischer Verbandsseite mangelnder Respekt vor Ort und Spiel kritisiert wurde. Williams verstand die Welt nicht mehr, ihr Sponsor (und Hersteller des Stück Stoffes) stärkte ihr den Rücken: „Du kannst einer Superheldin ihr Kostüm nehmen, aber niemals ihre Superkräfte.“

Diskussionen auch im Beachvolleyball

Superkräfte hat auch Sarah Voss – am Stufenbarren, auf der Bodenmatte, auf dem Schwebebalken und beim Sprung. Sie ist deutsche Mehrkampf-Meisterin im Turnen. Seit Donnerstag ist sie aber noch viel mehr. Nämlich diejenige, die den Mut hatte, bei der EM mit einem Turnoutfit anzutreten, das nicht – wie sonst üblich – einem knapp geschnittenen Badeanzug ähnelt, sondern eher dem Williams’schen Catsuit. Dabei geht es ihr nicht um sportliche Vorteile, Aerodynamik oder Unterstützung für die Muskulatur. Es ist viel simpler (und vom Regelwerk gedeckt). „Wir Frauen wollen uns alle wohlfühlen in unserer Haut“, sagt Sarah Voss.

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Je älter sie wurde, erzählt sie noch, desto nackter fühlte sie sich im kurzen Turndress. Was unangenehm ist, wenn man auf internationalem Niveau stets beobachtet und abgelichtet wird. Auch Eli Seitz, ihre Teamkollegin, hat das schon festgestellt und mahnt, man (oder auch: Mann) solle die Ästethik des Turnens doch bitteschön nicht mit „etwas Sexualisiertem“ verwechseln: „Man muss die Grenze sehen.“

Man muss auch die (gesellschaftlichen und religiösen) Regeln sehen – und sie da anpassen, wo Selbstbestimmtheit von Frauen eingeschränkt wird. In Doha etwa sollten Beachvolleyballerinnen kürzlich in langen Shorts spielen statt in den gewohnten Bikinis. Es gab Superheldinnen, die verzichteten daraufhin – auf das Turnier, nicht auf ihr Kostüm.