Auf die Burgruine Herrenzimmern wartet eine 268 642-Euro-große Sanierung. Geldgeber sind mehrere Stellen. Foto: Pfannes Foto: Schwarzwälder Bote

Wahrzeichen: Wie die Kosten einer Mauersanierung aufgeteilt werden / Gemeindeanteil beginnt mit einer Vier und keiner Zwei

Keine Frage, die Burgruine Herrenzimmern ist ein Wahrzeichen. Zusammen mit den Aktivitäten des Geschichts- und Kulturvereins, vor allem dem "Tag im Mittelalter", ermöglichen sie der Gesamtgemeinde Bösingen ein Alleinstellungsmerkmal der Extraklasse. Doch dieses kann hin und wieder ganz schön ins Geld gehen. Wie 2022 und 2023.

Bösingen. Die Burgruine ist Eigentum der Gemeinde. Und sie ist eine Ruine. Ruinen haben mitunter einen Zustand, der nach Kosmetik verlangt, manchmal gar nach einer Rundumerneuerung. Klingt beinahe so wie bei Menschen, die in ihre zweite Lebenshälfte eintreten.

Da Bauwerke dieser Güte und dieses Alters in anderen Zeitdimensionen rechnen, besteht derzeit keine Gefahr für die Entscheidungsträger, also die Gemeinderäte, sieben aus Herrenzimmern und sieben aus Bösingen, ad hoc eine Komplettsanierung stemmen zu müssen – sehr viel ist bereits in den vergangenen zehn Jahren geschehen –, doch zwei neue "Kniegelenke" müssen es schon sein. "Operiert" werden soll an der West- und der Südmauer der Oberburg ab Spätsommer/Herbst 2022.

2022 und 2023

Da die Burgruine keine Kassenpatientin ist, sondern über eine private Krankenversicherung verfügt, werden die Rechnungen nicht sofort geschrieben und müssen nicht stante pede bezahlt werden, sondern können sich auf zwei Jahre verteilen. Diese Erkenntnis erleichtert dem Gemeinderat, seine Zustimmung zu geben über eine höhere Eigenbeteiligung, als noch im vergangenen Sommer angenommen. Statt den bisher errechneten 22 000 Euro werden es 49 367 Euro und können in den angesprochenen zwei Jahren beglichen werden.

Grund dieser "Erhöhung" ist ein diffiziles Prozedere, in dem mehrere Stellen eingebunden sind. Federführend ist ein Spezialist, ein Professor, mittlerweile ein emeritierter. Und dies ist ja mitunter etwas sehr Gutes, also über Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen eines Professors zu verfügen. In diesem Fall führte Erwin Schwing bis 2019 als Dekan die Fakultät für Architektur und Bauwesen an der Fachhochschule Karlsruhe.

Neben vielen anderen Burgruinen kennt er die jene in Herrenzimmern seit Jahren. Nach Berechnungen bewegen sich die errechneten Ausgaben für die besagte Sanierung bei 268 642 Euro. Eine andere Hausnummer als der Gemeindeanteil. Da Kulturdenkmal, erfährt die Burgruine Unterstützung von höheren Stellen.

Nichts für Leichtgewichte

Nach den überarbeiteten Berechnungen könnten sich die Kosten wie folgt verteilen: Zuschuss aus Fördermitteln des Landes 105 933 Euro, Mittel von öffentlichen Stellen/Denkmalstiftung 87 000 Euro, Mittel von öffentlichen Stellen/Gemeinde 49 367 Euro sowie Eigenmittel und Eigenleistung des Geschichtsvereins 26 342 Euro.

Hierbei ist anzumerken, dass die Bewilligung der erhofften Gelder der Denkmalstiftung noch nicht bestätigt ist. Und dass die Eigenleistung des Vereins im Prinzip aus dem Baumaterial hoch- und dem Schutt wegbringen besteht, also keine Arbeit für Leichtgewichte ist; möglich wäre sicher mehr, wie in der Vergangenheit bewiesen, doch dies ist den Fachleuten dieser speziellen Sanierung aus übergeordneten Gründen vorbehalten.

Erläuterungen des Vereins

Es erweist sich als dringlich, dass der Geschichts- und Kulturverein nach erfolgter Rücksprache mit dem Landesamt für Denkmalpflege den überarbeiteten Zuschussantrag bei eben jenem Landesamt einreicht. Dann können die Mitarbeiter den Prozess in Gang halten. Und auch die Denkmalstiftung hat eine Grundlage in ihren Händen, um zu einer für alle Seiten zufriedenstellenden Zuschussfindung zu gelangen.

Warum sich nun der Anteil der Gemeinde mehr als verdoppelt hat, erläutert Ronny Hierlmeier, stellvertretender Vorsitzender des Vereins, vor dem Gemeinderatsgremium mit mentaler Unterstützung von Josef Seifried (Vorsitzender), Roland Noder (Abteilung Bau) und Michael Alff (Kassier).

Ausgangspunkt dieses "Fauxpas" war die falsche Höhe der zuwendungsfähigen Ausgaben. Diese seien eben nicht deckungsgleich mit dem Gesamtbetrag von 268 642 Euro, sondern betragen nur 211 866 Euro. In den verschiedenen Leistungsbereichen, den verschiedenen Gewerken, gibt es in einer Liste der förderfähigen Ausgaben unterschiedlich hohe Prozentsätze, haben Hierlmeier und Alff in einer Vorlage für den Gemeinderat herausgearbeitet.

In diesem Zusammenhang erfährt die Ratsrunde, dass sich der Verein im Vorfeld aufgrund eines Unterhaltungsvertrags zwischen der Gemeinde und dem Geschichtsverein mit dem zuständigen Sachbearbeiter beim Landesamt für Denkmalpflege auf eine 50-prozentige Förderung verständigt hat. Aus den 134 300 Euro wurden somit 105 933 Euro. Die Finanzierungslücke hat eine Höhe von 27 367 Euro, weil der Verein mit weiteren 1000 Euro einspringt. Vorausgesetzt worden sei, dass der bestehende Unterhaltungsvertrag, der am 31. Dezember endet, um weitere zehn Jahre verlängert werde.

Wertschätzende Worte

Die Wertschätzung, der der Verein genießt, zeigt sich in Wortmeldungen. So sieht es Gudrun Müller als ein "Riesenglück" an, dass sich der Verein um die Ruine, um das Kulturdenkmal kümmere. Bernadette Stritt ist "sehr stolz" auf den Verein und sein Tun. Und Thomas Hoppe hebt die Höhe der Eigenleistung des Vereins hervor. 26 000 Euro seien "richtig viel Geld". Einstimmig fällt dann die Zustimmung des Gemeinderats aus.

Das Gehörte animiert später Gotthard Mei, Zuschussanträge auch im Zusammenhang von anderen ehrwürdigen Bauwerken ins Auge zu fassen. So spricht er die Antoniuskapelle an. Im Bauausschuss des Gemeinderats soll zeitnah geklärt werden, welche Kleinode der Gemeinde überhaupt gehören, damit eine erforderliche Sanierung nicht wie der Blitz aus heiterem Himmel hernieder saust.