Samuel Speitelsbach kandidierte bereits bei knapp 100 Bürgermeisterwahlen in Baden-Württemberg. Foto: Maier

Ein Name, den in Baden-Württemberg inzwischen viele Menschen kennen: Samuel Speitelsbach. Doch wer ist der Bürgermeister-Dauerkandidat, wo hat er überall kandidiert und wie hat er dabei abgeschnitten? Wir haben recherchiert.  

Baden-Württemberg - Seit 2019 kandidierte Samuel Speitelsbach bei 102 Bürgermeisterwahlen und fiel dabei immer wieder durch kuriose Äußerungen auf. Auch die Kriminalpolizei und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatten ihn bereits im Auge. Begonnen hatte alles in Gutach im Schwarzwald, wo er am 2. Mai 2019 erstmals für den Posten eines Bürgermeisters kandidierte.

Auf die erste Wahl in Gutach folgten noch im selben Jahr 21 weitere. Bei keiner konnte er die Wähler jedoch überzeugen - er lag immer zwischen 0,0 (Illmensee, 20.10.2019) und 7,5 Prozent (Riesbürg, 14.07.2019). Er schaffte es also nicht, sich den begehrten Platz im Rathaus zu sichern. Auch bei den 78 weiteren Wahlen in den Jahren 2020 und 2021 sah die Bilanz ähnlich schlecht aus. Die wenigsten Stimmen - 0 Prozent - kassierte er in Kolbingen am 21. März 2021, die meisten - 11,69 Prozent - am 26. September 2021 in Münsingen. Auch bei diesen Wahlen schaffte er es nie ins Rathaus. Bei den vergangenen Wahlen im Jahr 2022 beruhigte sich die FLut der Bewerbungen. Bislang kandidierte er nicht, hat sich jedoch zum Jahresende hin wieder um einige Posten in den Rathäusern Baden-Württembergs beworben. Doch warum will er dort eigentlich hin?

Bei früheren Gesprächen unserer Redaktion mit Speitelsbach bekamen wir auf diese Frage sehr wirre Antworten. Er kandidiere zu seinem eigenen Schutz, erklärte er mehrfach. Denn am Ostersonntag um 11 Uhr hätten zwei Neonazis versucht, ihn umzubringen. Da Polizei und Staatsanwaltschaft diese Tatsache vertuschen würden, sei klar, dass es sich hier um V-Männer gehandelt habe. "Das ist doch absoluter Schwachsinn" meinen jedoch verschiedene Facebook-Nutzer unter einem früheren Bericht des Schwarzwälder Boten, haben aber einen Lösungsvorschlag: "Der Mann gehört eingewiesen!" Doch was steht drin in den Wahlprogrammen, dass sich in den sozialen Netzwerken hauptsächlich über den Dauerkandidaten lustig gemacht wird?

Kuriose Thesen und Pläne

Sein Plan für Bad Liebenzell: Er wolle eine Partnergemeinde in Süditalien finden und dort durch Solarenergie Wasserstoff produzieren lassen. Dieser solle dann mit Luftschiffen nach Bad Liebenzell transportiert werden. Dazu will er aus mit Sonnenspiegeln betriebenen Dampfmaschinen Energie und Trinkwasser gewinnen. Die finanzielle Lage der Stadt zu verbessern, halte er nicht für nötig. Geld werde überschätzt. Er wolle ohnehin den Tauschhandel wieder einführen.

Den Tauschhandel bringt er immer wieder ins Gespräch und hat auch mit einer eigenen Firma bereits einen "Krypto-Euro" eingeführt. Mit diesen "Krypto-Euros" konnte zeitweise sogar eine Versicherung bei Speitelsbach abgeschlossen werden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatte da jedoch einen Einwand: "Herr Speitelsbach versprach Vertragskunden unter der Bezeichnung 'Ärzte mit Grenzen' im Krankheitsfall die Übernahme von Heilbehandlungskosten. Hiermit betreibt er das Versicherungsgeschäft, ohne die erforderliche Erlaubnis der BaFin", heißt es in einem Bescheid der BaFin an Speitelsbach im Dezember 2020.

Woher die Ideen kommen? Das weiß niemand so genau. Möglicherweise hat Speitelsbach sich ein wenig von Adolf Hitler abgeschaut. Diesen bezeichnete er in einem Wahlflyer zur Bürgermeisterwahl in Baiersbronn als seinen "Propheten". Er selbst sei laut dem Flyer "König von Christi Gnaden" und Eva Braun "der einzige Gott". Außerdem wollte er in Baiersbronn "Jäger und Förster entlassen, Wölfe für den Verzehr züchten und Wein anbauen". Die Einführung des Kommunismus stand dabei genau so auf dem Plan wie die Taufe von Flüchtlingen in Seenot. Apropos Dauerkandidaten - Friedhild Miller, die auch Landrätin des Kreises Freudenstadt werden wollte, hätte Speitelsbach vor "Land und Kreis" diplomatisch vertreten. So zumindest seine Vorstellung.

Hitlergruß und Kriminalpolizei

Bei der Kandidatenvorstellung in Weinsberg trieb es Speitelsbach auf die Spitze seiner Hitler-Verherrlichungen. Er zeigte während seiner Rede mehrfach den Hitlergruß - zwar mit der linken Hand, aber eindeutig als solchen zu erkennen. Er wurde schlussendlich des Saales verwiesen und, so berichten es andere Medien, von zwei Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes an die Polizei übergeben. Er selbst habe diesen Vorwurf Medienberichten zufolge zwar dementiert, ein Video der Rede ist jedoch unter anderem auf YouTube noch heute ansehbar.

Im Juli 2019 hatte die Kriminalpolizei bereits Ermittlungen gegen den inzwischen 34-Jährigen aufgenommen. Es lagen zwei Anzeigen wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen ihn vor. Die Rottweiler Staatsanwaltschaft hat das Verfahren jedoch rund drei Monate später wieder eingestellt. Es habe "ein hinreichender Tatverdacht" gefehlt.

Weiterhin viele Bewerbungen

Trotz der Ermittlungen der Kriminalpolizei und dem Ärger mit der BaFin lässt Speitelsbach sich nicht unterkriegen. Nachdem es seit Dezember 2021 ruhig um Speitelsbach geworden ist, gibt er nun wieder Vollgas. Für das letzte Drittel des Jahres 2022 hat er sich bereits jetzt in mindestens fünf weiteren Gemeinden - unter anderem Lauterbach, Sulz und Dobel - um den Rathaus-Sessel beworben - mit ebenso kuriosen Plänen und ähnlich geringer Erfolgsaussicht. Dauerkandidatin Fridi Miller hat er mit dann insgesamt 106 Wahlen längst überholt - sie hatte sich in Baden-Württemberg lediglich 64 mal auf den Posten des Schultes beworben.